Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterschrift
Leitsatz (amtlich)
1. Der großgeschriebene Anfangsbuchstabe des aus 5 Buchstaben bestehenden Namens eines Rechtsanwalts kann auch bei großzügiger Betrachtung, die aufgrund eines maschinenschriftlichen Zusatzes seines Vor- und Familiennamens und seiner unzweifelhaften Urheberschaft geboten ist, nicht als Unterschrift im Rechtssinne angesehen werden, sondern stellt ein bloßes, den Anforderungen des § 130 Nr. 6 ZPO nicht genügendes Handzeichen dar.
2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist kommt keinesfalls in Betracht, wenn der Rechtsanwalt das ihm zwecks Zustellung des angefochtenen Urteils übersandte Empfangsbekenntnis ordnungsgemäß unterzeichnet hatte, wodurch die einmonatige Berufungsfrist überhaupt erst in Lauf gesetzt worden war.
Normenkette
ZPO § 85 Abs. 2, § 130 Nr. 6, §§ 212a, 233, 518 Abs. 4, § 519b Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 12.07.2001; Aktenzeichen 82 Ca 8861/01) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 12. Juli 2001 – 82 Ca 8861/01 – wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Gründe
1. Die Berufung der Beklagten war gemäß § 519b Abs. 1 ZPO, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht ordnungsgemäß eingelegt worden ist.
1.1 Die am 27. August 2001 bei Gericht per Telefax eingegangene Berufungsschrift der Beklagten ist von deren Prozessbevollmächtigten nicht unterzeichnet worden, wie es aber … gemäß §§ 130 Nr. 6, 518 Abs. 4 ZPO erforderlich gewesen wäre.
Zwar findet sich am Ende der Berufungsschrift ein Schriftzug. Dieser lässt sich jedoch allenfalls als schwungvoll geschriebenes R deuten und kann auch aufgrund seiner Kürze nicht mehr als verschliffene Wiedergabe des aus fünf Buchstaben bestehenden Namens der Prozessbevollmächtigten angesehen werden. Der Schriftzug stellt deshalb ein bloßes Namenskürzel dar, ohne die charakteristischen Merkmale einer Unterschrift mit vollem Namen aufzuweisen. Dieser müsste zumindest für jemanden, dem er bekannt ist, aus dem Schriftzug herausgelesen werden können (BAG, Urteil vom 28.03.1977 – 3 AZR 652/76 – AP ZPO § 518 Nr. 38 zu I 1 der Gründe; BGH, Urteil vom 27.10.1987 – IV ZR 268/86 – NJW 1988, 713 zu II 1a der Gründe), was vorliegend auch bei größtem Bemühen nicht möglich war.
Dass der Schriftzug auf die maschinenschriftliche Angabe von Vor- und Familiennamen der Prozessbevollmächtigten nebst deren Berufsbezeichnung gesetzt, änderte nichts.
Zwar kann eine solche Verbindung bei großzügiger Betrachtung die Annahme einer Unterschriftsleistung erleichtern (BGH, Urteil vom 10.07.1997 – IX ZR 24/97 – NJW 1997, 3380 zu II 2b und c der Gründe). Sie vermag jedoch nicht von den Mindestanforderungen an eine Unterschrift zu befreien (BAG, Urteil vom 27.03.1996 – 5 AZR 576/94 – AP ZPO § 518 Nr. 67 zu I 2 der Gründe; BGH, Beschluss vom 28.09.1998 – II ZB 19/98 – NJW 1999, 60 zu II 1 der Gründe).
Gleiches gilt, wenn wie vorliegend die Autorenschaft gesichert ist, was zwar ebenfalls die Anlegung eines großzügigen Maßstabs gebietet (BAG, Beschluss vom 30.08.2000 – 5 AZB 17/00 – AP ZPO § 130 Nr. 17 zu II 1 der Gründe), es jedoch nicht rechtfertigt, ein bloßes Namenskürzel als Unterschrift zu behandeln.
Schließlich ist auch der Wille des Unterzeichners, seinen Schriftzug als Unterschrift im Rechtsverkehr zu verwenden, nur insoweit von Bedeutung, wie er darin seinen Ausdruck gefunden hat (BGH, Urteil vom 22.10.1993 – V ZR 112/92 – NJW 1994, 55), was vorliegend gerade nicht der Fall war.
1.2 Der Mangel einer ordnungsgemäßen Unterschrift ist nicht dadurch behoben worden, dass der Beglaubigungsvermerk unter der am 28. August 2001 im Original bei Gericht eingegangenen, zuvor dagegen nicht schon per Fax übermittelten Abschrift der Berufungsschrift einen Schriftzug aufwies, der aufgrund seiner zahlreichen Auf- und Abstriche bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs noch als Unterschrift anzusehen ist, weshalb diese Abschrift auch auf entsprechende Verfügung des Vorsitzenden zur Akte genommen worden ist.
Zu dieser Zeit war indessen die einmonatige Berufungsfrist des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG ab Zustellung des angefochtenen Urteils gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB, § 222 Abs. 1 ZPO bereits abgelaufen. Dieses war der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ausweislich des von ihr gemäß § 212a ZPO erteilten Empfangsbekenntnisses, das einen ihrem Beglaubigungsvermerk vergleichbaren Schriftzug aufwies, am 27. Juli 2001 zugestellt worden.
1.3 Der Beklagten konnte auf ihren fristgemäß gestellten Antrag keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Sie war nicht ohne das ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnende Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten gehindert gewesen, die Berufungsfrist einzuhalten, bei der es sich gemäß § 516 Hs. 2 ZPO um eine Notfrist handelt. Die anwaltliche Erklärung der Prozessbevollmächtigten, seit mehr als einem Jahrzehnt auf die Art und Weise wie auf der Berufungsschrift zu ratifizieren, war bereits durch...