Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert bei Arbeitsverhältnissen ohne allgemeinen Kündigungsschutz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Streitwertfestsetzung nach § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG ist auch Dauer des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen.

2. Der Wert einer Bestandsstreitigkeit beträgt regelmäßig ein Monatsverdienst, wenn das Arbeitsverhältnis noch keine sechs Monate bestanden hat.

3. Der Wert eines Antrags auf vorläufige Weiterbeschäftigung beträgt ein Drittel des Werts der Bestandsstreitigkeit, höchstens ein Monatsverdienst.

4. Ein Auflösungsantrag nach den §§ 9, 10 KSchG führt nicht zu einer Streitwerterhöhung.

 

Normenkette

ArbGG § 12 Abs. 7 S. 1; KSchG

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 16.01.2001; Aktenzeichen 38 Ca 28262/99)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Januar 2001 – 38 Ca 28262/99 – teilweise geändert und der Vergleichswert auf 67.333,33 DM festgesetzt.

Im übrigen wird die Beschwerde auf Kosten der Beschwerdeführer bei einem Beschwerdewert von 487,20 DM zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger war seit dem 01. Mai 1999 bei der Beklagten tätig, wobei sein monatliches Bruttoeinkommen nach der letzten Mitteilung seiner Prozessbevollmächtigten 12.000,00 DM betrug. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 17. August 1999 zum 31. Oktober 1999. Der Kläger reichte daraufhin unter dem 03. September 1999 Klage bei dem Arbeitsgericht Berlin (54 Ca 25105/99) mit dem Antrag ein, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht zum 31. Oktober 1999 beendet wird. Er begehrte ferner die Verurteilung der Beklagten, ihn über den 31. Oktober 1999 hinaus zu beschäftigen und verlangte die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis erneut mit Schreiben vom 22. September 1999 aus wichtigem Grund. Der Kläger erhob hiergegen durch seine Prozessbevollmächtigten Klage vor dem Arbeitsgericht Berlin (38 Ca 28262/99) mit dem Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 30. September 1999 nicht beendet wird; er begehrte ferner erneut die Verurteilung der Beklagten zur vorläufigen Weiterbeschäftigung. Die Rechtsstreite wurden durch gerichtlich protokollierten Vergleich vom 06. April 2000 beigelegt.

Das Arbeitsgericht setzte in dem Verfahren – 38 Ca 28262/99 – durch Beschluss vom 16. Januar 2001 den Wert des Streitgegenstandes zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung für die Prozess- und die Verhandlungsgebühr auf 51.333,33 DM und für die Vergleichsgebühr auf 64.166,66 DM fest.

Gegen diesen ihnen am 01. Februar 2001 zugestellten Beschluss richtet sich die am 02. Februar 2001 eingegangene Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers, mit der sie eine Erhöhung des Vergleichswerts um insgesamt 48.000,00 DM erreichen wollen. Sie sind der Auffassung, die Erledigung des Verfahrens – 54 Ca 25105/99 – müsse mit dem vierfachen Wert einer Bruttomonatsvergütung bewertet werden.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Ihr Gegenstand übersteigt 100,00 DM (§ 10 Abs. 3 S. 1 BRAGO) und sie ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses eingelegt worden (§ 10 Abs. 3 S. 3 BRAGO).

2. Die Beschwerde ist jedoch nur zum Teil begründet. Der Wert des Vergleichs vom 06. April 2000 erhöht sich – soweit dies für das Beschwerdeverfahren maßgeblich ist – um den Wert des Rechtsstreits 54 Ca 25105/99. Dieser beträgt im Gegensatz zu der Auffassung der Beschwerdeführer lediglich 16.000,00 DM, was einen Vergleichswert von insgesamt 67.333,33 DM ergibt. Die weitergehende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet.

a) Die Bestandsstreitigkeit in dem Rechtsstreit – 54 Ca 25105/99 – ist mit dem Wert eines Bruttomonatsverdienstes in Höhe von 12.000,00 DM zu bewerten, weil das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Kündigung vom 17. August 1999 noch nicht sechs Monate bestanden hatte.

Es ist allerdings in der Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob bei der Wertfestsetzung nach § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG die Dauer des Arbeitsverhältnisses berücksichtigt werden kann. So wird die Auffassung vertreten, es sei regelmäßig der Wert des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend, wenn sich nicht die mit der Klage begehrte Feststellung auf einen kürzeren Zeitraum bezieht. Es komme allein auf das durch den Klageantrag zum Ausdruck kommende Interesse des Klägers an, den zukünftigen Bestand des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen. Welchen Bestandsschutz der Kläger im Hinblick auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses genieße, sei demgegenüber unbeachtlich (vgl. hierzu nur Hessisches LAG, LAGE Nr. 116 zu § 12 ArbGG 1979 Streitwert; GK-ArbGG/Wenzel, Stand September 2000, § 12 Rdnr. 135 mit vielfältigen Nachweisen zur Rechtssprechung der Landesarbeitsgerichte). Nach der gegenteiligen Auffassung handelt es sich bei dem in § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG genannten Streitwert lediglich um einen Rahmenstreitwert, der auch ...

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