Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 15.05.1996; Aktenzeichen 2 Ca 3693/96) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 10. Juli 1996, beim Arbeitsgericht Berlin eingegangen am 11. Juli 1996, wird der ihren Prozeßbevollmächtigten am 28. Juni 1996 zugestellte Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 15. Mai 1996 – 2 Ca 3693/96 – aufgehoben und das Verfahren zur anderweitigen Entscheidung auch Ober die Kosten des Beschwerdeverfahrens an die Kammer 2 des Arbeitsgerichts zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
1. Die nach den §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG statthafte sofortige Beschwerde der Beklagten ist form- und fristgerecht beim Arbeitsgericht Berlin eingereicht worden, §§ 569 Abs. 1, 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO, 78 Abs. 1 Satz 1 ArbGG.
2. Sie war nicht deshalb unzulässig, weil die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel nicht begründet und sich mit der angefochtenen Entscheidung nicht auseinandergesetzt hat. Anders als etwa beim Rechtsmittel der Berufung, §§ 518, 519 ZPO, hat der Gesetzgeber die Begründung der sofortigen Beschwerde nicht als Zulässigkeitsvoraussetzung vorgesehen. Mithin kann, wie vorliegend, eine ohne Begründung eingereichte sofortige Beschwerde nicht aus diesem Grunde als unzulässig, § 574 ZPO, verworfen werden, wie das erkennende Gericht bereits in einer Entscheidung vom 18. August 1986 – 9 Ta 9/86 – im einzelnen dargelegt hat (ebenso BAG NJW 1991, 1252; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 54. Aufl. 1996, § 569 Rdn. 6). Hat der Beschwerdeführer das Rechtsmittel nicht begründet, obwohl dies immer zweckmäßig erscheint, kann das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung nur allgemein auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen.
3. Wie die Kammer bereits mehrfach entschieden hat, so erstmalig in einem Beschluß vom 13. Januar 1992 (ZTR 1992, 170), kann über eine sofortige Beschwerde nach § 17 a Abs. 3 Satz 3 GVG das Landesarbeitsgericht ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter befinden. Von dieser ständigen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts abzuweichen, besteht keine Veranlassung, zumal auch das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung vom 10. Dezember 1992 (NZA 1993, 619) ebenfalls diese Auffassung vertritt, die auch im arbeitsrechtlichen Schrifttum Zustimmung gefunden hat (vgl. nur Schaub, Arbeitsrechtliche Formularsammlung und Arbeitsgerichtsverfahren, 6. Aufl. 1994, S. 595 Fußnote 18; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 2. Aufl. 1995, § 78 Rdn. 13; siehe auch Grunsky, ArbGG, 7. Aufl. 1995, § 78 Rdn. 4).
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel erweist sich als begründet, wenngleich hinsichtlich der Eröffnung des Rechtsweges vor den Gerichten für Arbeitssachen eine abschließende Beurteilung durch das Beschwerdegericht nicht möglich erscheint.
1. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist in den §§ 2 bis 5 ArbGG zwingend festgelegt. Nach 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich unter anderem zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus einem Arbeitsverhältnis. Ob diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind, wird das Erstgericht noch festzustellen haben.
2. Bei der Prüfung der Frage, ob die Gerichte für Arbeitssachen sachlich zuständig sind, muß zunächst von dem als richtig unterstellten Sachvorbringen der klagenden Partei ausgegangen werden. Bestreitet die beklagte Partei, wie vorliegend, das Vorbringen des Klägers, so ist zu unterscheiden, ob die die Zuständigkeit begründenden Tatsachen mit denen, die den Klageanspruch begründen, identisch sind. Sind die Tatsachen, die den Klageanspruch und den Rechtsweg begründen, identisch, ist allein vom Vorbringen des Klägers auszugehen (LAG Berlin vom 18. Dezember 1989, ZUM 1990, 202 mit weiteren Nachweisen; LAG Köln vom 17. Februar 1995, NZA-RR 1996, 126). Davon kann jedoch vorliegend keine Rede sein. Ergibt sich nämlich aus dem Klagevorbringen, daß für einen Zahlungsanspruch – sei es im Arbeitsverhältnis oder in einem freien Mitarbeiterverhältnis – nicht nur eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte, sondern auch eine solche der ordentlichen Gerichte in Betracht kommt, dürfen die Arbeitsgerichte ihre sachliche Zuständigkeit nicht nur aufgrund einer einseitigen Schlüssigkeitsprüfung annehmen, sondern müssen gegebenenfalls über die Frage des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses Beweis erheben (siehe BAG vom 28. Oktober 1993 – 2 AZB 12/93 –).
3. Wie das Bundesverfassungsgericht wiederholt hervorgehoben hat (vgl. nur BVerfGE 8, 274 (328) 12, 348), gilt auch beim Arbeitsvertrag in seinem Kernbereich der verfassungsrechtlich geschützte Grundsatz der Vertragsfreiheit. Obwohl die individuelle Vertragsfreiheit, insbesondere bei der Gestaltung des Vertragsinhaltes, wesentlichen Schranken unterliegt, kennt das geltende Arbeitsrecht in der Regel keinen Abschlußzwang und keinen staatlich diktierten Arbeitsvertrag (LAG Berlin LAGE Nr. 6 zu § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff). Beides wäre mit den Grundprinzipien einer freiheitlichen Ordnung des Arbeits- und Wirtschaftslebens un...