Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 15.11.1993; Aktenzeichen 40 Ca 26261/93)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 06. Dezember 1993, beim Arbeitsgericht Berlin eingegangen am selben Tage, gegen den einen Prozeßbevollmächtigten am 25. November 1993 zugestelltes Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin von 15. November 1993 – 40 Ca 26261/93 – wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger bei eines) Wert des Beschwerdegegenstandes von 4.450,– DM zu tragen.

 

Tatbestand

I.

1.

Die nach den §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG statthafte sofortige Beschwerde des Klägers ist form- und fristgerecht beim Arbeitsgericht Berlin eingereicht sowie ordnungsgemäß begründet worden, §§ 569 Abs. 1, 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO, 78 Abs. 1 Satz 1 ArbGG.

2.

Wie die Kammer bereits mehrfach dargelegt hat (vgl. LAG Berlin vom 13.01.1992, NZA 1992, 386 = ZTR 1992, 170 = LAGE Nr. 5 zu § 48 ArbGG 1979; LAG Berlin vom 26.04.1993, NZA 1993, 958 = NJ 1993, 574), kann über eine sofortige Beschwerde nach § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG das Landesarbeitsgericht ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter entscheiden (ebenso LAG Köln vom 03.09.1991, BB 1991, 2452; vom 28.02.1992, NZA 1992, 764; LAG Mönchen vom 05.10.1992, BB 1993, 1740; Schaub, BB 1993, 1668; Gift/Baur, Das Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen (1993), S. 150 Rn. 276; BAG vom 10.12.1992, BB 1993, 368 = ZTR 1993, 211 = NZA 1993, 619). Von dieser Rechtsprechung abzuweichen, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird, besteht keine Veranlassung.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet. Das Arbeitsgericht hat im vorliegenden Rechtsstreit zutreffend den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen verneint und die Zuständigkeit der ordentlichen Zivilgerichtsbarkeit bejaht.

1.

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist in den §§ 2 bis 5 ArbGG zwingend festgelegt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich unter anderem zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus einem Arbeitsverhältnis. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Alle bürgerlichrechtlichen Streitigkeiten, die durch das Arbeitsverhältnis bestimmt werden, werden prozessual im Rahmen des Arbeitsgerichtsverfahrens erfaßt, wahrend solche, die durch ein anders geartetes Vertragsverhältnis, insbesondere einen freien Dienstvertrag, bestimmt werden, vor die ordentliche Zivilgerichte gehören. Abgrenzungskriterium ist dabei, ob es sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern handelt. Dabei erfordert es die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung und die Respektierung der Nachbargerichtsbarkeit, daß die zunächst angerufenen Gerichte für Arbeitssachen vorab in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht prüfen, ob wirklich ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Weder genügt eine dahingehende Rechtsansicht der klagenden Partei noch auch ein entsprechender Tatsachenvortrag, wenn er, wie vorliegend, von der Gegenseite bestritten wird. Der Kläger muß vielmehr notfalls beweisen, daß er im Rahmen arbeitsvertraglicher Beziehungen bei den Beklagten tätig gewesen ist. Anderenfalls könnte sich eine Partei gegen den Willen der anderen eine ihr nicht zukommende sachliche Zuständigkeit (Rechtsweg) verschaffen. Die wirklich bestehende Zuständigkeit der Arbeitsgerichte stellt sich als eine Voraussetzung für ein Sachurteil dar (vgl. nur BAG vom 15.07.1961, AP Nr. 1 zu § 92 a HGB). Ergibt sich aber, und zwar unter Umständen aufgrund einer Beweisaufnahme (BAG vom 28.10.1993 – 2 AZB 12/93 –), daß das behauptete Vertragsverhältnis jedenfalls kein Arbeitsverhältnis ist, dann sind die Gerichte für Arbeitssachen nicht zuständig und demzufolge gehindert, in der Sache selbst zu entscheiden, was vorliegend der Fall ist.

2.

a)

Wie das Bundesverfassungsgericht wiederholt hervorgehoben hat (vgl. nur BVerfGE 8, 274 [328]; 12, 341 [347]), gilt auch beim Arbeitsvertrag in seinen Kernbereich der verfassungsrechtlich geschützte Grundsatz der Vertragsfreiheit (dazu Rüthers, OB 1982, 1869 ff). Obwohl die individuelle Vertragsfreiheit, insbesondere bei der Gestaltung des Vertragsinhaltes und in Fragen der Beendigung, wesentlichen Schranken unterliegt, kennt das geltende Arbeitsrecht in der Regel keinen Abschlußzwang und keinen staatlich diktierten Arbeitsvertrag (vgl. LAG Berlin vom 14.11.1988, LAGE Nr. 6 zu § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff). Beides wäre mit den Grundprinzipien einer freiheitlichen Ordnung des Arbeits- und Wirtschaftslebens und den grundrechtlichen Gewährleistungen des Grundgesetzes unvereinbar. Dieses Prinzip Rechnung tragend, meint auch des Bundesarbeitsgericht (AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit), daß über die Zuordnung einer Vertragsgestaltung zur Gruppe der Arbeitnehmer oder der freien Mitarbeitern zunächst der Wille der Parteien entscheide. Ein solcher Wille könne sich aus den ausdrücklichen Erklärungen beider Vertragsparteien, aber auch aus der...

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