Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 26.05.1988; Aktenzeichen 4 BV 20/87) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 26. Mai 1988 – 4 BV 20/87 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Antragsgegnerin betreibt in Berlin elf in Hertie-Kaufhäusern untergebrachte Verkaufsstellen sowie ein Ladengeschäft. Am 06.06.1986 wurde zwischen der Antragsgegnerin und dem Antragsteller eine Betriebsvereinbarung über das Datenkassensystem KAI abgeschlossen. Diese Betriebsvereinbarung wurde vom Antragsteller mit Schreiben vom 15.01.1987 zum 30.04.1987 gekündigt. Mitschreiben vom 26.01.1987 schlug der Antragsteller eine neue Betriebsvereinbarung vor. Die Datenkassen wurden seit Ende März 1987 bei der Antragsgegnerin eingeführt.
Am 26.02. und 10.04.1987 fanden Verhandlungen über den Abschluß einer neuen Betriebsvereinbarung statt, in deren Rahmen die Antragsgegnerin einen eigenen Entwurf einer neuen Betriebsvereinbarung vorlegte. Da es zu weiteren Gesprächsterminen nicht kam, beschloß der Antragsteller am 19.08.1987 die Verhandlungen für gescheitert zu erklären und die Einigungsstelle anzurufen. Mit Schreiben vom 21.08.1987 wurde dies der Antragsgegnerin mitgeteilt.
In dem vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller die Einsetzung einer Einigungsstelle über das Datenkassensystem begehrt. Von der Darstellung des weiteren Vorbringens der Beteiligten in erster Instanz wird in entsprechender Anwendung des § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Mit Beschluß vom 26.05.1988 hat das Arbeitsgericht den Richter am Arbeitsgericht Horst Marowski zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle über das Daten- und Kassensystem bei der Antragsgegnerin eingesetzt, ferner hat das Arbeitsgericht die Zahl der Beisitzer auf drei Personen für jede Seite festgesetzt. Hinsichtlich der Begründung des Beschlusses wird auf dessen Inhalt Bezug genommen (Bl. 38–41 d. A.).
Gegen diesen ihr am 23.06.1988 zugestellten Beschluß hat die Antragsgegnerin am 06.07.1988 Beschwerde eingelegt, die sie zugleich begründet hat.
Die Antragsgegnerin vertritt die Auffassung, bei der Bestimmung des Vorsitzenden seien die subjektiven Neigungen und Wünsche der Beteiligten zu berücksichtigen, die Person müsse das Vertrauen beider Seiten genießen. Ein Abweichen von der Regelbesetzung mit zwei Beisitzern je Seite sei nicht erforderlich, zumal die Einigungsstelle selbst sich der Hilfe von Sachverständigen bedienen könne. Außerdem bestehe auf ihrer Seite Verhandlungsbereitschaft, so daß die Verhandlungen nicht gescheitert seien.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 26.05.1988 – 4 BV 20/87 – abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, daß die Ausschöpfung sämtlicher Verhandlungsmöglichkeiten nicht Zulässigkeitsvoraussetzung für die Einsetzung einer Einigungsstelle sei. Im übrigen handele es sich vorliegend um einen komplizierten Regelungsgegenstand, so daß eine Besetzung mit drei Beisitzern je Seite sachgerecht sei. Nachvollziehbare Bedenken gegen die Person des eingesetzten Vorsitzenden habe die Antragsgegnerin nicht vorgetragen.
Entscheidungsgründe
II.
Die nach § 98 Abs. 2 Satz 1 ArbGG statthafte Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 98 Abs. 2 Satz 2 und 3 ArbGG in Verbindung mit § 87 Abs. 2 ArbGG. Die Beschwerde ist nicht begründet.
Dem Antrag des Antragstellers fehlt nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 BetrVG darf eine Einigungsstelle nur zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Betriebsparteien gebildet werden. Die Vorschrift steht in einem engen Zusammenhang zu der Bestimmung des § 74 Abs. 1 BetrVG, in der die Grundsätze für die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat festgelegt sind. Nach § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist über strittige Fragen mit dem ernsten willen zur Einigung zu verhandeln. Daraus folgt, daß die Einigungsstelle erst dann angerufen werden kann, wenn eine Einigungsmöglichkeit im Verhandlungswege nicht mehr gegeben ist (LAG Baden-Württemberg NZA 1985, Seite 163, 164; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, Betriebsverfassungsgesetz, 15. Aufl. § 76 Rn. 24). Die Notwendigkeit vorheriger Verhandlungen gilt aber nur, wenn nicht bereits eine Seite hat erkennen lassen, daß sie Verhandlungen nicht mehr führen will oder aber, wenn sie diese verzögert. Es genügt, wenn derjenige, der eine betriebsverfassungsrechtliche Regelung erreichen will, den Versuch unternimmt, eine Verhandlung mit der anderen Betriebspartei zu erreichen.
Am 26.02. und 10.04.1987 haben zwischen den Betriebsparteien Verhandlungen stattgefunden, beide Seiten haben ihre Vorstellungen der jeweils anderen Seite auch unterbreitet. Weitere Gesprächstermine haben nicht stattgefunden. Wenn der Betriebsrat dann mit Beschluß vom 19.08.1988, also mehr als ein Jahr nachdem die letzte Verhandlung stattgefunden hat, die Verhandlungen für gescheitert erklärt, kann nicht gesagt werden, d...