Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 14.08.1996; Aktenzeichen 86 BV 12.819/96) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 4) gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. August 1996 – 86 BV 12.819/96 – wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer zwischen dem 26. und 28. Juni durchgeführten Delegiertenwahl im Wahlbezirk Regionalbereich Ladungsverkehr L. für die Aufsichtsratswahl bei der D. B. AG, der Beteiligten zu 5).
Nach der Umwandlung der Beteiligten zu 5) in eine Aktiengesellschaft war im Jahre 1995 ein Aufsichtsrat zu wählen. Nach dem Mitbestimmungsgesetz und der hierzu erlassenen 3. Wahlordnung waren bei paritätischer Besetzung des Aufsichtsrats auf Arbeitnehmerseite zwei Vertreter der Arbeiter, vier Vertreter der nichtleitenden Angestellten, ein Vertreter der leitenden Angestellten und drei Vertreter von Gewerkschaften zu wählen. Da bei der Beteiligten zu 5) über 358.000 Arbeitnehmer beschäftigt waren, wurde der Aufsichtsrat nicht direkt, sondern durch in den einzelnen Betreiben zu wählende Delegierte gewählt.
Der im Regionalbereich Ladungsverkehr L. gebildete Betriebswahlvorstand, der Beteiligte zu 12), wies in einer Ausschreibung für die Einreichung von Wahlvorschlägen darauf hin, daß aufgrund des in § 12 MitbestG vorgeschriebenen 1/10-Quorums nur Wahlvorschläge Berücksichtigung finden könnten, die mindestens 39 unterstützende Unterschriften (= 1/10 von 393 Arbeitnehmern) aufweisen würden. Als letzter Termin für die Einreichung der Wahlvorschläge wurde der 24. Mai 1995 bestimmt. Die Beteiligten zu 1) bis 4) reichten einen Wahlvorschlag ein, der jedoch lediglich 22 Unterschriften enthielt. Der Betriebswahlvorstand teilte daraufhin den Beteiligten zu 1) bis 4) mit einem Schreiben vom 24. Mai 1995 (Bl. 13 d.A.) mit, daß ihr Wahlvorschlag ungültig sei. Daraufhin versuchten die Beteiligten zu 1) bis 4) erfolglos im Wege der einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht des Betriebssitzes eine Zulassung des Wahlvorschlages zu erreichen. Bei der Delegiertenwahl in der Zeit vom 26. bis 28. Juni 1995 wurden die Beteiligten zu 6) bis 11) als Delegierte gewählt.
Vor Durchführung der Aufsichtsratswahl am 10. August 1995 haben die Beteiligten zu 1) bis 4) mit dem bei dem Arbeitsgericht Berlin am 11. Juli 1995 eingegangenen Antrag, den sie neben den Beteiligten zu 5) bis 12) auch gegen den Hauptwahlvorstand als Beteiligten zu 3) richteten, begehrt, die Delegiertenwahl für unwirksam zu erklären. Nachdem am 16. August 1995 im Bundesanzeiger die Wahlergebnisse für die Aufsichtsratswahl bekanntgegeben worden waren, wurde diese Wahl unter anderem auch von den Beteiligten zu 1) bis 4) mit dem am 21. August 1995 bei dem Arbeitsgericht Berlin zum Aktenzeichen 90 BV 25207/95 eingegangenen Antrag angefochten. Durch einen Beschluß vom 19. Dezember 1995 wies das Arbeitsgericht den Antrag zurück. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde durch einen Beschluß des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 1. November 1996 zum Aktenzeichen 2 TaBV 2/96 zurückgewiesen; die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen.
Die Beteiligten zu 1) bis 4) haben die Auffassung vertreten, daß ein Rechtsschutzbedürfnis unabhängig von der Anfechtungsmöglichkeit der Aufsichtsratswahl für die Anfechtung der Delegiertenwahl gegeben sei, da die Delegierten auch nach erfolgter Wahl im Amt blieben. Auch die von der Beteiligten zu 5) behauptete Auflösung des Betriebes im Jahre 1997 berühre das Rechtsschutzbedürfnis nicht, da die Verwirklichung vollkommen ungewiß sei. Die Delegiertenwahl sei unwirksam, da das in § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 MitbestG bzw. das in der entsprechenden Norm der 3. Wahlordnung vorgesehene 1/10-Quorum mit den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen zur Allgemeinheit und Gleichheit von Wahlen nicht zu vereinbaren sei, so daß diese Bestimmungen verfassungswidrig seien. Wegen der umfangreichen rechtlichen Begründung der Beteiligten zu 1) bis 4) wird auf die Antragsschrift vom 10. Juli 1995 (Bl. 1–7 d.A.) sowie auf ihren Schriftsatz vom 10. April 1996 (Bl. 34–67 d.A.) verwiesen.
Die Beteiligten zu 1) bis 4) haben beantragt,
die Wahl der Delegierten für die Aufsichtsratswahl der DB AG 1995 in der Gruppe der Arbeiter in dessen Wahlbetrieb D. B. AG (DB AG), Regionalbereich Ladungsverkehr, W. straße …, für unwirksam zu erklären.
Die Beteiligten zu 5) bis 8) haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 5) hat die Auffassung vertreten, der Antrag sei in Anbetracht der mit derselben Begründung erfolgten Aufsichtsratswahlanfechtung wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
Die Beteiligten zu 6) bis 8) haben unter Hinweis auf ein Gutachten von H. (Bl. 98–126 d.A.) die Auffassung vertreten, das Quorum sei verfassungsgemäß, da die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Personalvertretungs- und Betriebsverfassungsrecht, in denen ein 1/10-Quorum für verfassungswidrig erklärt worden ist, nicht auf Bestimmungen des Mitbestimmung...