Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßgeblichkeit der Prozeßkostenhilfe-Tabelle
Leitsatz (amtlich)
Es ist allein Aufgabe des Gesetzgebers, die Steigerung der allgemeinen Lebenshaltungskosten bei den Tabellensätzen der Anlage zu § 114 ZPO zu berücksichtigen.
Normenkette
ZPO §§ 114-115
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 21.08.1991; Aktenzeichen 6 Ca 1586/91) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. August 1991 – 6 Ca 1586/91 – wird bei einem Beschwerdewert von DM 500,– auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
Das von der Klägerin eingelegte Rechtsmittel der einfachen Beschwerde, über das der Vorsitzende des Beschwerdegerichts allein entscheiden kann (LAG Berlin vom 24.08.1988 – 9 Ta 10/88 – mit weiteren Nachweisen), ist statthaft, §§ 11 Abs. 1 Abs. 3, 78 ArbGG, 125 Abs. 2, 567 ZPO.
Hat allerdings, wie vorliegend, das Arbeitsgericht dem Beiordnungsantrag entsprochen, dann ist eine solche gerichtliche Entscheidung grundsätzlich unanfechtbar, §§ 11 Abs. 1 Abs. 3 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Etwas anderes muß freilich dann gelten, wenn, wie vorliegend, die Antragstellerin die uneingeschränkte Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beantragt, das Gericht jedoch die Zahlung von Monatsraten festgesetzt bat (ebenso Grunsky, NJW 1980, 2045; Egon Schneider, MDR 1981, 6; Lepke, DR 1981, 1934; LAG Hamm von 24.04.1981, DB 1981, 1940; LAG Berlin vom 14.12.1983 – 9 Ta 16/83 –; LAG Berlin vom 24.08.1988 – 9 Ta 10/88 –). Die uneingeschränkte Bewilligung von Prozeßkostenhilfe hat nämlich zur Folge, daß die gerichtlichen Kosten und Auslagen sowie im Falle der Beiordnung eines Rechtsanwaltes, dessen Gebühren und Auslagen von der Staatskasse getragen werden, § 122 ZPO, wahrend sich im Falle der Festsetzung von Monatsraten die betreffende Partei an den entstehenden Kosten und Auslagen letztlich in voller Hohe beteiligen muß, jedenfalls bis zu maximal 48 Monatsraten, wenn und soweit ihr Klagebegehren in Hauptverfahren keinen Erfolg hat.
Wenn aber die Antragstellerin die uneingeschränkte Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beantragt, das Gericht jedoch gleichzeitig mit der Prozeßkostenhilfebewilligung monatliche Ratenzahlung festgesetzt bat, ist die betreffende Antragstellerin sowohl in materieller als auch in formeller Hinsicht durch die angefochtene gerichtliche Entscheidung, beschwert. Aus diesem Grunde muß ihr, wenn sie sich gegen die Festsetzung von. Monatsraten dem Grund und der Höhe nach wendet, das Rechtsmittel der einfachen Beschwerde zustehen.
Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet; denn entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hat das Arbeitsgericht im Ergebnis bei der Beurteilung des maßgeblichen Einkommens der Beschwerdeführerin die gesetzlichen Vorschriften, § 115 ZPO, beachtet, was von der Beschwerdeführerin im Grunde auch nicht in Zweifel gezogen wird. Soweit sie die Auffassung vertritt, die maßgebliche Tabelle zu § 114 ZPO stamme aus dem Jahre 1980 und berücksichtige nicht die Steigerung der allgemeinen Lebenshaltungskosten, kann sie damit keinen Erfolg haben.
Nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Hs. 2 ZPO sind vom Einkommen weitere Beträge abzusetzen, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist. Unter besonderen Belastungen in Sinne dieser Norm sind jedoch nur spezielle Kosten zu verstehen, die die jeweilige Partei im Gegensatz zur Allgemeinheit treffen. Bei der Steigerung der Lebenshaltungskosten handelt es sich aber um eine allgemeine Belastung für jeder Bürger, die nicht ohne weiteres einkommensmindernd berücksichtigt werden kann.
Das Gericht verkennt nicht, daß die Tabellensätze der Anlage 1 zu § 114 ZPO wegen der allgemeinen Steigerung der Lebenshaltungskosten korrekturbedürftig erscheint. Immerhin hat das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung vom 26. April 1988 (NJW 1988, 2231) die Auffassung vertreten, daß die Anlage 1 zu § 114 ZPO derzeit mit den, Grundgesetz vereinbar ist. Eine entsprechende Änderung der Tabellensätze herbeizuführen, ist ausschließlich Sache des Gesetzgebers. Dieser hat jedoch im Rahmen der letzten Änderung der Vorschriften der ZPO keine Veranlassung gesehen, die Tabelle zu § 114 ZPO zu ändern. An diese Entscheidung des Gesetzgebers sind die Gerichte gebunden. Die Gesetzesqualität der Tabelle verbietet ihre bewußte Korrektur durch den Richter. Dies entspricht auch ganz überwiegender Auffassung in der zivilprozeßrechtlichen Rechtsprechung und Literatur (vgl. insbesondere OLG Hamm vom 05.10.1990, JurBüro 1991, S. 844 m.w.N.). Im übrigen ist die Frage der möglichen Berücksichtigung der durch die Steigerung der Lebenshaltungskosten bedingten erhöhten Aufwendungen auch bei anderen Vergütungsregelungen akut geworden, ohne daß diese Umstände von der Judikative berücksichtigt werden dürfen (vgl. dazu auch Mümmler, Anm. zu OLG Hamm JurBüro 1991, S. 844).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 3 und 97 Abs. 1 ZPO. Daß im arbeitsgerichtlichen Verfahren bei einem erfolglosen Rechtsmittel des Beschwerdeführers in einer Prozeßko...