Entscheidungsstichwort (Thema)

Art des Rechtsmittels bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im Beschlußverfahren. unrichtige Rechtsmittelbelehrung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gegen Entscheidungen des Arbeitsgerichts nach § 23 Abs. 3 Sätze 2 – 5 BetrVG findet nur die sofortige Beschwerde, § 793 ZPO, statt.

2. Auch im Beschlußverfahren nach § 23 Abs. 3 Sätze 2 bis 5 BetrVG setzt eine falsche Rechtsmittelbelehrung die maßgebliche Rechtsmittelfrist nicht in Lauf.

3. Zum Begriff der „betriebsüblichen Arbeitszeit” im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG.

 

Normenkette

ArbGG § 9 Abs. 5, § 78 Abs. 1, § 85 Abs. 1; ZPO §§ 891, 793, 577; BetrVG § 23 Abs. 3, § 87 Abs. 1 Nrn. 2-3

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 15.11.1988; Aktenzeichen 39 BV 5/88)

 

Tenor

Auf die befristete Beschwerde des Antragsgegners wird der am 15. November 1988 verkündete Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin – 39 BV 5/88 – wie folgt abgeändert:

Der Antrag des Betriebsrates wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Durch Beschluß des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 4. November 1986 – 8 TaBV 5/86 – erging zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens folgende rechtskräftige Entscheidung:

„Dem Antragsgegner wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 20.000,– DM für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, für die Beschäftigten des Pflegebereiches in der Betriebsstätte … Berlin-Steglitz ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrates Überstunden oder Mehrarbeit über die betriebsübliche und dienstplanmäßig festgelegte Zeit hinaus anzuordnen oder zu dulden, die notwendig werden, weil die dort anfallende Arbeit nicht mit den vorhandenen Arbeitskräften bewältigt werden kann, und zwar einschließlich etwaiger Eilfälle und unabhängig davon, ob es sich um eine volle zusätzliche Schicht oder nur um einige zusätzliche Stunden handelt.”

Für den 30. Juni und 4. Juli 1988 bat der Antragsgegner mit an den Betriebsrat, den Antragsteller, gerichtetem Schreiben vorsorglich um die Genehmigung von Überstunden bzw. Mehrarbeit für eine der beiden stellvertretenden leitenden Pflegekräfte, Herrn …, falls die leitende Pflegekraft, Frau … weiterhin arbeitsunfähig krank sei. In beiden Fällen verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung mit der Begründung, die Vertretung für Frau … sei im vergangenen Monat mehrfach durch andere Pflegekräfte aufgefangen worden. Gleichwohl arbeitete der stellvertretende Pflegeleiter … sowohl am 30. Juni als auch am 4. Juli 1988 jeweils in der Zeit von 7.00 bis 15.00 Uhr, obwohl er an sich dienstplanmäßig frei gehabt hätte.

Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 11. Juli 1988 eingegangenen Antragsschrift hat der Betriebsrat die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Antragsgegner verlangt, weil, so hat der Antragsteller ausgeführt, der Antragsgegner in zwei Fällen gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 4. November 1986 verstoßen habe.

Der Antragsteller hat beantragt,

den Antragsgegner zur Zahlung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 40.000,– DM, hilfsweise in einer Höhe, die in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu verurteilen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, daß dem Betriebsrat in der fraglichen Angelegenheit ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG nicht zustehe, da er, der Antragsgegner, zu den Tendenzbetrieben gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG gehöre, so daß die Vorschriften des § 87 Abs. 1 BetrVG keine Anwendung fänden. In diesem Sinne habe auch das Landesarbeitsgericht Berlin in einem Beschluß vom 16. Oktober 1987 – 13 TaBV 7/87 – zu seinen Gunsten entschieden, auch wenn an jenem Verfahren der Betriebsrat des vorliegenden Beschlußverfahrens nicht beteiligt gewesen sei. Obwohl der genannte Beschluß der 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin noch nicht rechtskräftig sei, da das Bundesarbeitsgericht über das Rechtsmittel voraussichtlich erst am 18. April 1989 entscheiden werde, sei jedoch die gerichtliche Grundlage für die Durchführung des vorliegenden Verfahrens überholt.

Auf jeden Fall habe er, der Antragsgegner, gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 4. November 1986 nicht verstoßen. Die Arbeiten, die Herr … am 30. Juni und 4. Juli 1988 erledigt habe, seien mit den vorhandenen Arbeitskräften auch ohne die Tätigkeit von Herrn … an den genannten Tagen zu erledigen gewesen, wären diese Arbeitskräfte anwesend gewesen. Zur fraglichen Zeit sei die Verwaltungsleiterin des Heimdialysezentrums in der Kantstraße, Frau …, im Urlaub gewesen, während die Pflegeleiterin Frau …, seit etwa Ende Mai 1988 erkrankt und die stellvertretende Pflegeleiterin, Frau … (Bl. 14 d.A.), urlaubsbedingt in der fraglichen Zeit abwesend gewesen sei. Bei den zu erledigenden Arbeiten habe es sich um Abschlußarbeiten für die Halbjahresinventur gehandelt.

Ungeachtet dessen habe der Betriebsrat seine Zustimmung rechtsmißbräuchlich, arglistig und unter Verstoß gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen dem Betriebsrat und Arbeitgeber verweigert. So habe...

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