Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsbefugnis im Beschlußverfahren
Leitsatz (amtlich)
Zu den notwendigen Anforderungen an die Bestimmtheit eines Antrages nach § 23 Abs. 3 BetrVG im Erkenntnisverfahren.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 27.06.1995; Aktenzeichen 23 BV 3738/95) |
Tenor
Auf die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. Juni 1995 – 23 BV 3738/95 – wie folgt abgeändert:
Der Antrag des Betriebsrates wird als unzulässig zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Antragsteller und Beteiligter zu 1) ist der aus neun Mitgliedern bestehende, im Betrieb der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) gebildete Betriebsrat. Die Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2), die zum Medienkonzern … gehört, gibt die … Zeitung” heraus und beschäftigt etwa 570 Arbeitnehmer.
Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 7. Februar 1995 eingegangenen Antragsschrift begehrte der Betriebsrat zunächst die Aufhebung der Versetzungen der Arbeitnehmerinnen … und … die ohne Beteiligung des Antragsstellers erfolgten. Nachdem der Betriebsrat den bereits vollzogenen Versetzungen zugestimmt hatte, erklärten die Beteiligten übereinstimmend das vom Betriebsrat eingeleitete Beschlußverfahren in der Hauptsache für erledigt.
Im Anhörungstermin vor dem Arbeitsgericht am 18. April 1995 begehrte der Betriebsrat nunmehr die Unterlassung der Versetzung von Arbeitnehmern ohne seine Unterrichtung bzw. ohne Mitteilung Ober die Auswirkungen der geplanten Versetzung. In diesem Zusammenhang hat er behauptet, die Beteiligte zu 2) habe wiederholt schwerwiegend gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 99 BetrVG verstoßen. Trotz Abmahnung der Unterlassung der Versetzung der Arbeitnehmer … und … seien diese vom 25. Juli bis zum 26. August 1994 versetzt worden. Im Wege einer einstweiligen Verfügung habe das Arbeitsgericht Berlin in einer Entscheidung vom 11. August 1994 – 40 BV Ga 51/94 – der Antragsgegnerin aufgegeben, die fraglichen Versetzungen der Arbeitnehmerinnen aufzuheben. Im Zusammenhang mit der Betriebsübernahme des Verlagsbereiches des „…” sei er, der Betriebsrat, über Personalverschiebungen so unzureichend informiert worden, daß am 12. Juli 1994 elf gleichgelagerte Antrage gemäß § 101 BetrVG gegen rechtswidrig vollzogene Versetzungen beim Arbeitsgericht Berlin anhängig gemacht worden seien. Durch Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. November 1994 – 47 BV 297/94 – sei der Beteiligten zu 2) aufgegeben worden, die mit Wirkung vom 1. Juli 1994 vorgenommene Versetzung der Arbeitnehmerin … auf den Arbeitsplatz Sachbearbeiterin Manuskriptherstellung aufzuheben. Gleichwohl habe die Beteiligte zu 2) die Versetzung der Arbeitnehmer … und … ohne seine, des Betriebsrates, Beteiligung zum 1. Februar 1995 vorgenommen. Das dagegen von ihm eingeleitete Beschlußverfahren vor dem Arbeitsgericht Berlin sei am 7. Juni 1995 in der Hauptsache für erledigt erklärt worden.
Der Antragsteller und Beteiligte zu 1) hat beantragt,
der Antragsgegnerin aufzugeben, – unter Meidung eines Ordnungsgeldes im Einzelfall bis zu 20.000,– DM – es zu unterlassen, Arbeitnehmer zu versetzen, ohne den Betriebsrat hierüber vorher zu unterrichten und ihm Mitteilung Ober die Auswirkungen der geplanten Versetzung zu machen.
Die Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2) hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat zunächst die Auffassung vertreten, daß der vom Betriebsrat gestellte Antrag zu weit gefaßt und deshalb zu unbestimmt sei, da er auch Eilmaßnahmen im Sinne des § 100 BetrVG umfasse.
Überdies, so hat die Beteiligte zu 2) ausgeführt, sei das Begehren des Betriebsrats unbegründet, da sie nicht grob gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten verstoßen habe. Versetzungen gehörten bei ihrer Betriebsgröße gleichsam zum Tagesgeschäft. Im Laufe der Zeit sei eine Vielzahl derartiger Maßnahmen durchzuführen gewesen. Zuständig für die Abwicklung der Personalmaßnahmen sei die Personalabteilung. Jedoch sei nicht auszuschließen, daß Mitarbeiter anderer Abteilungen mit Vorgesetztenfunktionen sich nicht an die ihnen erteilten Weisungen gehalten hatten. Auch seien Arbeitsfehler der Personalabteilung nicht grundsätzlich auszuschließen. In dem der Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom 11. August 1994 zugrundeliegenden Sachverhalt zeige ihre Mitteilung von der beabsichtigten Maßnahme, die vor ihrer Durchführung gelegen habe, daß hier allenfalls von einer Verkennung der Rechtslage, nicht aber von ihrer Absicht ausgegangen werden könne, Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates zu verletzen. Der Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. Januar 1995 sei rechtsfehlerhaft.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im ersten Rechtszug im einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Durch am 27. Juni 1995 verkündeten Beschluß hat die Kammer 23 des Arbeitsgerichts Berlin dem Antragsbegehren entsprochen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Grü...