Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Erteilung einer Auskunft über die erfassten Arbeitszeiten. Bemessung des Streitwerts für einen Auskunftsantrag nach Art. 15 DSGVO
Leitsatz (redaktionell)
In dem Verfahren nach § 33 Abs. 3 RVG ist zwar das Verschlechterungsverbot anzuwenden, nach welchem die erstinstanzliche Entscheidung nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers abgeändert werden darf. Dieses steht hingegen einer Verrechnung von zu niedrig und zu hoch angesetzten Bewertungen einzelner Positionen nicht entgegen, da diese keine eigenen Streitgegenstände darstellen, sondern lediglich einzelne Verrechnungsposten. Die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts ist nicht schon dann gerechtfertigt, wenn die Parteien während ihrer Vergleichsverhandlungen über die gerichtlich anhängigen Gegenstände auch weitere Ansprüche erwähnen und diese eine Regelung in dem Vergleich erfahren.
Normenkette
DSGVO Art. 15; RVG § 33 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 07.11.2023; Aktenzeichen 20 Ca 8948/23) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 7. November 2023 - 20 Ca 8948/23 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und der Gegenstandswert für das Verfahren und den Vergleich auf 29.854,25 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägervertreter machen mit ihrer Beschwerde gegen den durch das Arbeitsgericht festgesetzten Gegenstandswert den Ansatz von 1/3 Bruttoeinkommen für einen Antrag auf Erteilung eines Nachweises nach § 1 Abs. 2 NachwG, den Ansatz von 5.000 Euro für einen Antrag, mit dem die Verurteilung der Beklagten zur Mitteilung der erfassten Arbeitszeit geltend gemacht worden ist, und einen Mehrwert für eine Regelung im Vergleich, nach der Urlaub abgegolten sein soll, sowie einen weiteren Mehrwert in Höhe von 250 Euro für die im Vergleich vereinbarte Verpflichtung zur Erstellung einer Arbeitsbescheinigung geltend.
Den Antrag auf Erteilung einer Auskunft über die erfassten Arbeitszeiten hat die Klägerin wie folgt formuliert:
"Weiter beantragen wir, die Beklagte zu verpflichten, entsprechend § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG in seiner europarechtskonformen Auslegung gem. Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 2022 (Az. 1 ABR 22/21) der Klägerin gegenüber die von ihr seit dem 1. Januar 2022 mithilfe eines objektiven, verlässlichen, zugänglichen und von der Beklagten eingeführten Systems erfassten Arbeitszeiten der Klägerin vorzulegen, um entsprechend dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs mit Datum vom 14. Mai 2019 (Az. C-​55/18) die Arbeitszeiten der Klägerin systematisch erfassen zu können."
Außerdem seien im Hinblick auf eine Regelung zum Zeugnis unter Nr. 4 des Vergleichs weitere 6.915,67 Euro anzusetzen. Die Klägerin hatte die Kündigungsschutzklage mit insgesamt neun Anträgen betriebenen, unter denen sich auch als Hilfsanträge formulierte Zeugnisanträge befanden.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge auf Fertigung eines Nachweises nach dem Nachweisgesetz, den auf die erfasste Arbeitszeit bezogenen Antrag und den Antrag nach § 15 DSGVO mit je 500 Euro berücksichtigt, den Kündigungsschutzantrag mit drei Bruttoeinkommen und den Weiterbeschäftigungsantrag mit einem Bruttoeinkommen. Eine Berücksichtigung der Einigung über das Zeugnis hat es abgelehnt, da über die zugehörigen Anträge aus der Klageschrift keine Entscheidung ergangen sei, ebenso die Regelung zum Urlaub, weil nur ein Tag streitig gewesen sei. Abgelehnt hat es auch die Berücksichtigung eines Mehrwerts für die Arbeitsbescheinigung.
II.
Die zulässige Beschwerde ist im Wesentlichen unbegründet.
1) Das Arbeitsgericht hat den Auskunftsantrag nach Art. 15 DSGVO zutreffend mit 500 Euro bewertet. Geht es um das reine Informationsinteresse, ist ein Betrag in Höhe von 500 Euro angemessen (vgl. LAG Berlin-​Brandenburg 18. März 2021 - 26 Ta (Kost) 6110/20; so jetzt auch I 10.4 Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit, Stand: 1. Februar 2024).
2) Entsprechendes gilt für den Antrag auf Erteilung einer Auskunft bezüglich der erfassten Arbeitszeiten. Auch insoweit geht es um einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch. Die zu der Bewertung eines Antrags nach Art. 15 DSGVO entwickelten Grundsätze (vgl. LAG Berlin-​Brandenburg 18. März 2021 - 26 Ta (Kost) 6110/20) gelten entsprechend.
3) Der Antrag nach § 1 Abs. 2 NachwG ist regelmäßig mit 10 vH eines Bruttoeinkommens zu bewerten (vgl. LAG München 26. Juli 2023 - 3 Ta 125/23, Rn. 12, mwN; I 7.2 Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit, Stand: 1. Februar 2024). Der geltend gemachte Nachweisanspruch hat hier keinen unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Leistungsanspruch, sodass es im Wesentlichen um das bloße Informationsinteresse der Klägerin an den vereinbarten Bedingungen des Arbeitsverhältnisses ging. 10 vH der Bruttovergütung entsprechen 691,57 Euro.
4) Die Zeugnisanträge waren mit einem Bruttoeinkommen zu berücksichtigen. Der Umstand, dass es sich um Hilfsanträge handelte, ist insoweit entgegen...