Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahme einer Kostenaufhebung bei fehlender Kostenregelung im Vergleich. Keine Kostenfreiheit für Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende im arbeitsgerichtlichen Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Die Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen sind nicht gemäß § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X von den Gerichtskosten befreit.
Normenkette
SGB X § 64 Abs. 3; GKG § 2 Abs. 4; SGB X § 115 Abs. 1; GKG § 66 Abs. 8
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 02.03.2021; Aktenzeichen 46 AR 99007/21) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 02.03.2021 - 46 AR 99007/21 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Kläger ist Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II. Er machte gegen die Beklagte vor dem Arbeitsgericht einen nach § 115 Abs. 1 SGB X übergegangenen Anspruch geltend. Der Rechtsstreit endete durch gerichtlichen Vergleich vom 20.09.2020 ohne Kostenregelung.
Mit Kostenrechnung vom 20.10.2020 wurde zu Lasten des Klägers Zustellkosten von 7,00 EUR in Ansatz gebracht. Der Kläger hat gegen den Kostenansatz Erinnerung eingelegt und sich dabei auf eine Kostenbefreiung nach § 64 Abs. 3 SGB X berufen. Das Arbeitsgericht hat die Erinnerung durch Beschluss vom 02.03.2021 zurückgewiesen, weil die genannte Kostenbefreiung für ein Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen nicht gelte; es hat die Beschwerde gegen diese Entscheidung zugelassen.
Mit der am 22.04.2021 eingegangenen Beschwerde wendet sich der Kläger gegen den Beschluss vom 02.03.2021 mit der Begründung, als Grundsicherungsträger für Arbeitssuchende sei er von Gerichtskosten befreit.
II.
Die nach § 66 Abs. 2 Satz 2 GKG statthafte Beschwerde ist unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat die Erinnerung des Klägers gegen den streitbefangenen Kostenansatz zu Recht zurückgewiesen.
1. Nachdem die Parteien eine Kostenregelung in dem gerichtlichen Vergleich nicht getroffen haben, gelten die Kosten als gegeneinander aufgehoben mit der Folge, dass die Gerichtskosten von jeder Partei zur Hälfte zu tragen sind (§ 46 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG - i.V.m. § 98, § 92 Abs. 1 Satz 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Auf den Kläger entfallen daher 7,00 EUR der insgesamt entstandenen Zustellkosten von 14,00 EUR.
2. Dem Kostenansatz steht § 64 Abs. 2 Satz 2 SGB X nicht entgegen. Diese bundesrechtlich geregelte persönliche Kostenfreiheit findet nach § 2 Abs. 4 Satz 1 GKG vor den Gerichten für Arbeitssachen keine Anwendung. Im Übrigen wurde das vorliegende Verfahren nach den Vorschriften des ArbGG und nicht nach der ZPO bzw. den weiteren kostenbefreiten Verfahren geführt. Dass die ZPO in dem Urteilsverfahren vor dem Arbeitsgericht sowie in Mahnverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen entsprechend gelten, soweit das ArbGG nichts anderes bestimmt (§ 46 Abs. 2, § 46a Abs. 1 ArbGG), rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Das ArbGG enthält eine eigenständige Verfahrensregelung, die in vielfacher Hinsicht von den Vorschriften der ZPO abweicht; eine im Übrigen entsprechende Anwendung der ZPO führt gerade nicht zu einem Verfahren nach der ZPO.
3. Die Entscheidung ergeht gemäß § 66 Abs. 8 GKG gerichtsgebührenfrei; sie ist nach § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
Fundstellen
Haufe-Index 14668691 |
FA 2021, 281 |
JurBüro 2021, 483 |
AGS 2022, 132 |