Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässige Beschwerde des Betriebsrats wegen mangelnder, unwirksamer Unterschrift. Nachweis der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung bei Rüge
Leitsatz (redaktionell)
Auf eine Rüge hin ist zu prüfen, ob der Prozessbevollmächtigte, der die Beschwerde eingelegt und begründet hat, auch ordnungsgemäß bevollmächtigt ist. Dies ist nicht der Fall, wenn der Betriebsrat lediglich die Beauftragung für einen Rechtsanwalt für die erste, nicht aber nochmals für die zweite Instanz beschlossen hat.
Normenkette
ArbGG § 100; BetrVG § 96; ArbGG § 11; BetrVG § 97 Abs. 2, § 98
Verfahrensgang
ArbG Eberswalde (Entscheidung vom 28.06.2022; Aktenzeichen 4 BV 16/22) |
Tenor
1. Die Beschwerde des zu 1) beteiligten Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 28. Juni 2022 - 4 BV 16/22 - wird zurückgewiesen.
2. Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel der Beteiligten nicht gegeben, § 100 Abs. 2 S. 4 ArbGG.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Einsetzung einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand Ausgestaltung von Fort- und Weiterbildung im Betrieb nach § 100 ArbGG.
Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin ist ein Unternehmen, das Leistungen des bodengebundenen Rettungsdienstes erbringt, der Beteiligte zu 1. ist der bei ihr gebildete Betriebsrat.
Mit der beim Arbeitsgericht Eberswalde am 16.06.2022 eingegangenen Antragsschrift beantragte der Betriebsrat, eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand Ausgestaltung von Fort- und Weiterbildung im Betrieb einzusetzen; den Richter am Arbeitsgericht a. D. V. R. als Vorsitzenden zu bestellen und die Anzahl der Beisitzer (für jede Seite) auf drei festzusetzen. Als Anlage AS 3 Blatt 15f. d. A. wurde ein "Beschluss 052201 zur Einleitung eines Beschlussverfahrens und Beauftragung einer Rechtsanwaltskanzlei einsetzen der Einigungsstelle zur BV Fort- und Weiterbildung" eingereicht, in dem es heißt
"In seiner Sitzung vom 03.05.2022 hat der Betriebsrat in der Angelegenheit Einleitung und Vertretung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren in der 1. Instanz zum Gegenstand einsetzen der Einigungsstelle für die BV Fort- und Weiterbildung Beauftragung und Bevollmächtigung der Rechtsanwaltskanzlei P. / Dr. S. / M. Zimmerstraße 56, 10117 Berlin zu den Bedingungen des RVG beschlossen."
Das Arbeitsgericht Eberswalde hat die Anträge zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Einigungsstelle gem. § 100 ArbGG nur eingerichtet werden dürfe, wenn sie nicht offensichtlich unzuständig sei. Vorliegend sei eine Einigungsstelle offensichtlich unzuständig, da kein Mitbestimmungsrecht festgestellt werden könne, welches gem. § 76 BetrVG (hier Absatz 5) zum einseitigen Antragsrecht nach § 100 ArbGG einer Seite der Betriebspartner führen könne. Ein mögliches Mitbestimmungsrecht nach § 96 Abs. 1 a BetrVG komme nicht in Betracht, da zum dort normierten Mitbestimmungstatbestand weder vom Betriebsrat etwas vorgetragen noch in der Erörterung in der Sache im Anhörungstermin vor dem Arbeitsgericht etwas Substantielles zum Vorschein gekommen sei.
Ein Mitwirkungstatbestand nach § 97 Abs. 2 BetrVG scheide ebenfalls aus, da der Betriebsrat keinen Sachverhalt vorgetragen habe, wonach der Arbeitgeber Maßnahmen plane oder durchführe, die dazu führten, dass sich die Tätigkeiten der betroffenen Arbeitnehmer ändere und ihre beruflichen Kenntnisse und Tätigkeiten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr ausreichten.
Endlich bestehe auch kein Mitbestimmungsrecht nach § 98 BetrVG, da auf ausdrückliches Nachfragen des Vorsitzenden gar keine Maßnahme der betrieblichen Weiterbildung geplant sei.
Es komme daher auf die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats "zu dieser Frage" wegen der offensichtlichen Unbegründetheit des Antrages und der auf der Hand liegenden Unzuständigkeit der Einigungsstelle gar nicht mehr an.
Wegen der weiteren konkreten Begründung des Arbeitsgerichts und des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf den Beschluss des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 28.06.2022 Bl. 31 bis 35 d. A. verwiesen.
Gegen diesen ihm am 01.07.2022 zugestellten Beschluss richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 13.07.2022 eingegangene und zugleich begründete Beschwerde des Betriebsrats. Er setzt sich mit dem Beschluss des Arbeitsgerichts konkret auseinander und meint, dass zumindest ein Mitbestimmungsrecht nach § 98 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 BetrVG gegeben sei, da die Arbeitgeberin gesetzlich verpflichtet sei, für eine regelmäßige Fortbildung des einzusetzenden Personals zu sorgen und dementsprechend denklogisch Bildungsmaßnahmen durchgeführt würden. Dazu existiere ein Fortbildungsplan, der auch mitbestimmt sei (vgl. dazu den Beschluss des Betriebsrats vom 25.10.2021 Bl. 52 d. A. Anlage AS 2 zur Beschwerdeschrift). In diesem sei jedoch die Ausgestaltung nicht geregelt. Insofern bestehe ein Mitbestimmungsrecht.
Hinsichtlich der von der Arbeitgeberin gerügten formalen Voraussetzung für die Durchführung des vorliegenden Verfahrens, insbesondere auch...