Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit des Einzelbetriebsrates bei Fragen der Mitbestimmung
Leitsatz (redaktionell)
§ 9 Abs. 3 ASiG ist lex specialis gegenüber der Regelung in § 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG.
Normenkette
ArbGG § 100; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 7; ASiG § 9 Abs. 3; ArbStättVO § 3a
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 10.10.2019; Aktenzeichen 1 BV 12051/19) |
Tenor
1) Auf die Beschwerde der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 10.10.2019 - 1 BV 12051/19 - teilweise abgeändert. Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Gegenstand "Abschluss einer Betriebsvereinbarung Wärmeentlastung" wird Frau Richterin am Arbeitsgericht Dr. Sch., Arbeitsgericht Berlin, für den Fall der Verhinderung Herr Richter am Arbeitsgericht E., Arbeitsgericht Berlin, und für den Fall der Verhinderung der zwei Vorgenannten Herr Richter am Arbeitsgericht M., Arbeitsgericht Berlin, bestellt. Die Zahl der Beisitzer, die vom Arbeitgeber und vom Betriebsrat bestellt werden, wird auf zwei für jede Seite festgesetzt.
2) Im Übrigen werden die Beschwerde der Arbeitgeberin und die Anträge des zu 1) beteiligten Betriebsrats zurückgewiesen.
3) Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 100 Abs. 2 S. 4 ArbGG kein Rechtsmittel gegeben.
Gründe
I.
Der Antragsteller und Beteiligte zu 1), der bei der Beteiligten zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) für deren Berliner Betrieb "Kunde A." gebildete Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat), begehrt im Verfahren nach § 100 ArbGG eine Entscheidung über die Besetzung der Einigungsstelle, konkret die Entscheidung über die Person des Vorsitzenden und über die Zahl der Beisitzer einer Einigungsstelle Gesundheit mit zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg noch zwei eigenständigen Regelungsgegenständen.
Die Einigungsstelle soll eine Betriebsvereinbarung Wärmeentlastung aufstellen. Zwischen der Arbeitgeberin sowie zwei weiteren Unternehmen auf der einen und einem "Gesamtbetriebsrat" dieser Unternehmen auf der anderen Seite wurde eine "Gesamtbetriebsvereinbarung zur Regelung zur Wärmeentlastung und Luftqualität im Betrieb" abgeschlossen. Am 10.07.2019 schlossen die Beteiligten in dem Verfahren 55 BVGa 7659/19 vor dem Arbeitsgericht Berlin einen Vergleich, in dem befristet bis zum 31.10.2019 unter anderem Maßnahmen der Temperaturmessung vereinbart sind. Gespräche und E-Mail-Verkehr zu einer Umsetzung oder Anpassung der "Gesamtbetriebsvereinbarung zur Regelung zur Wärmeentlastung und Luftqualität' für den Berliner Betrieb "Kunde A." führten nicht zu einer Einigung.
Zweiter Regelungsgegenstand der Einigungsstelle soll die Bestellung/Beauftragung einer Fachkraft für Arbeitssicherheit und eines Betriebsarztes sein.
Die Beteiligten haben im August 2015 (durch Spruch einer Einigungsstelle) eine "Betriebsvereinbarung über den Einsatz der Fachkraft für Arbeitssicherheit und des Betriebsarztes sowie den Arbeitsschutzausschuss" und im September 2017 eine "Betriebsvereinbarung Laufzeit BAD" geschlossen (wegen der Einzelheiten vgl. die Betriebsvereinbarung Laufzeit BAD sowie die in Bezug genommene "Betriebsvereinbarung über den Einsatz der Fachkraft für Arbeitssicherheit und des Betriebsarztes sowie den Arbeitsschutzausschuss" Bl. 21 ff. und Bl. 28 ff. d. A.). Auf der Grundlage der ersteren wurde zunächst die B.A.D. G. und S. GmbH als überbetrieblicher Dienst von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit verpflichtet. In zweiterer ist u.a. geregelt:
"3. Die Betriebsparteien werden ab dem 02.01.2019 gemeinsam prüfen und beraten, ob bzw. inwieweit die Beauftragung des B.A.D. (...) über den 30.06.2019 hinaus fortgesetzt wird.
4. Die Betriebsvereinbarung (...) kann (...) mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden, frühestens jedoch mit Wirkung zum 30.06.2019. (...)
5. Nach Ablauf der Laufzeit gilt § 9 ASIG in vollem Umfang, insbesondere Abs. 3 erneut. Dem Betriebsrat wird im Rahmen der erneuten bzw. weiteren Beauftragung eines externen Dienstes ein Mitbestimmungsrecht zugestanden (...)"
Mit E-Mails vom 10.04. und 09.05.2019 teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin Beschlüsse mit, wonach die Arbeitgeberin unter Verweis auf das in der Betriebsvereinbarung Laufzeit BAD eingeräumte Mitbestimmungsrecht aufgefordert wird mitzuteilen, wie sie sich ab dem 01.07.2019 eine Nachfolgeregelung der Gesundheitssteuerung vorstelle, der Betriebsrat feststellte, dass die bisherige Arbeit der BAD nicht vollständig zufriedenstellend sei und er deshalb eine Verlängerung der Beauftragung ablehne. Am 04.09.2019 beschloss der Betriebsrat die Einleitung des vorliegenden Verfahrens. Eine Kündigung der Betriebsvereinbarung lag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 06.12.2019 nicht vor.
Das Arbeitsgericht Berlin hat für die beiden zuletzt noch verbliebenen Regelungsgegenstände eine Richterin am Arbeitsgericht Berlin, für den Fall der Verhinderung einen Richter am Arbeitsgericht Berlin und für den Fall ...