Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Kapitallebensversicherung als Schonvermögen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Frage, ob eine Kapitallebensversicherung unmittelbar, im Wege der Realisierung des Rückkaufwertes oder durch Beleihung als „Vermögen” i. S. v. § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzen ist, ist im Rahmen einer Einzelfallprüfung zu entscheiden.
2. Dabei ist zu prüfen, ob die Kapitallebensversicherung erkennbar gerade (nur) der Alterssicherung dient. Weiter ist zu prüfen, inwieweit Beleihungen oder sonstige Schaffungen von geldwerten Positionen aus solchen Lebensversicherungen erfolgen können. Schließlich ist die konkrete Vermögenssituation des Antragstellers (Alter, bereits vorhandene Alterssicherungen etc.) zu berücksichtigen.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 2; BSHG § 88 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 01.09.2006; Aktenzeichen 18 Ca 8055/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 13. November 2006 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 1. September 2006 – 18 Ca 8055/06 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für seine beim Arbeitsgericht am 21. April 2006 eingegangene Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten zu 1 und (Klageerweiterung) auf Weiterbeschäftigung bei der Beklagten zu 2.
In seiner Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat er angegeben, 3 Lebensversicherungen abgeschlossen zu haben (1984, 1991 und 1993), die jeweils das 65. Lebensjahr als Ablaufdatum tragen. Die 1984 abgeschlossene Lebensversicherung ist auf eine Versicherungssumme von 2.034,00 EUR angelegt und besitzt derzeit einen Rückkaufswert von 2.990,00 EUR, die 1991 abgeschlossene auf eine Summe von 729,00 EUR mit einem derzeitigen Rückkaufswert von 636,00 EUR, die 1993 abgeschlossene auf eine Summe von 14.912,00 EUR mit einem derzeitigen Rückkaufswert von 10.995,00 EUR.
Den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Arbeitsgericht Berlin mit Beschluss vom 1. September 2006 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe gemäß § 115 Abs. 3 ZPO sein Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar sei. Gemäß § 90 SGB XII zähle eine Lebensversicherung, insbesondere wenn bereits ein erhebliches Kapital angespart sei, zum verwertbaren Vermögen. Dem Kläger sei daher zuzumuten gewesen, die Lebensversicherung zu beleihen oder auf ihren Rückkaufwert zurückzugreifen, um die Prozesskosten zu finanzieren. Eine Verpflichtung der Allgemeinheit, dem Kläger mit Prozesskostenhilfe für die Begleichung der Kosten des Rechtsstreites beizustehen, bestehe nicht. Auf den Beschluss vom Bundesarbeitsgericht vom 5. Mai 2006 – 3 AZB 62/04 – wurde hingewiesen.
Gegen diesen am 12. Oktober 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers vom 13. November 2006, bei Gericht am gleichen Tage (Montag) eingegangen. Der Kläger und Beschwerdeführer wendet ein, dass er versucht habe, die Lebensversicherung zu beleihen, dass dies aber von der B. S. abgelehnt worden sei. Demzufolge könne nicht die Rede davon sein, dass er die Prozesskosten allein finanzieren könne.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 14. November 2006 der sofortigen Beschwerde des Klägers nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass selbst dann, wenn die Lebensversicherung des Klägers nicht beleihbar sein sollte, es nach den in dem zitierten Beschluss des Bundesarbeitsgerichts aufgestellten Grundsätzen ihm zumutbar gewesen sei, die Lebensversicherung zu verwerten. Anhaltspunkte für Umstände, die eine besondere Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII begründen könnten, seien nicht ersichtlich.
Entscheidungsgründe
II.
1.
Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und auch sonst form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig.
2.
Die sofortige Beschwerde hatte in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Hinweis auf die vorhandenen Lebensversicherungen abgelehnt.
2.1
Dabei ist im Grundsatz davon auszugehen, dass gemäß § 115 Abs. 2 ZPO die Partei, die Prozesskostenhilfe begehrt, ihr Vermögen einzusetzen hat, soweit es ihr zumutbar ist.
Zum Vermögen im Sinne des § 115 Abs. 2 ZPO zählen alle beweglichen und unbeweglichen Sachen sowie geldwerte Forderungen und Rechte. Auch eine Lebensversicherung zählt zum verwertbaren Vermögen. Insbesondere sind Lebensversicherungen nicht durch § 88 Abs. 2 BSHG vom Einsatz oder von der Verwertung ausgenommen worden. Auch gemäß § 90 Abs. 2 SGB XII muss (nur) Kapital, das der zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des § 10 a oder des Abschnittes XI des Einkommenssteuergesetzes dient, nicht eingesetzt werden, wenn seine Ansammlung staatlich gefördert wurde. Angesprochen ist damit im Wesentlichen die sogenannte „Riester-Rente”.
2.1.1
Die vom Kläger vorliegend angeführten Lebensversicherungen zählen ...