Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeugnis. Leistungsort. Kostenentscheidung bei Zeugnisklage ohne vorherigen Abholversuch
Leitsatz (amtlich)
Ein Zeugnis ist am Ende des Arbeitsverhältnisses im Betrieb abzuholen, sofern nicht ausnahmsweise besondere Umstände dieses unzumutbar machen. Wer ohne Abholversuch ein Zeugnis einklagt, hat deshalb in aller Regel die Kosten zu tragen.
Normenkette
GewO § 109; BGB § 269; ZPO § 91a Abs. 1; BGB § 269 Abs. 1, § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 20.11.2012; Aktenzeichen 57 Ca 12524/12) |
Tenor
1. Die (sofortige) Beschwerde des Klägers gegen die Kostenentscheidung des Arbeitsgerichts Berlin im Urteil vom 20.11.2012 - 57 Ca 12524/12 - bezüglich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils (Zeugniserteilung) wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über verschiedene Ansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis. Ein Teil des Rechtsstreits wurde erstinstanzlich übereinstimmend für erledigt erklärt. In dem instanzbeendenden Urteil wurden dem Kläger die Kosten für diesen Teil des Rechtsstreits auferlegt.
Der Kläger und Beschwerdeführer ist 39 Jahre alt und war vom 23. Mai 2011 bis 31. Juli 2012 bei der Beklagten und Beschwerdegegnerin als kaufmännischer Leiter mit einem Bruttomonatseinkommen von 5.667,-- EUR beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Eigenkündigung des Beschwerdeführers vom 27. Juni 2012.
Per E-Mail vom 11. Juli 2012 und erneut mit E-Mail vom 16. Juli 2012 hatte der Beschwerdeführer der Assistentin des Vorstands und der Geschäftsführung der Beschwerdegegnerin einen Zeugnisentwurf übersandt. Der Beschwerdeführer führte dabei aus:
"anbei der Entwurf für mein Arbeitszeugnis. Wenn Sie noch von sich aus die eine oder andere Formulierung hineinbringen möchten, würde mich das sehr freuen.
Bitte geben Sie mir auch kurz Bescheid, wenn das Zeugnis von Herrn Sch[...] unterschrieben ist bzw. falls es Probleme geben sollte."
Nach einer Zwischenmeldung der Assistentin des Vorstandes per E-Mail am 16. Juli 2012 mit dem Text:
"Danke, schicke es sobald wie möglich retour"
wandte sich der Beschwerdeführer am 25. Juli erneut an die Assistentin des Vorstands und führte in einer E-Mail aus:
"Gibt es bezüglich meines Arbeitszeugnisses schon einen Fortschritt?"
worauf die Assistentin des Vorstands dem Beschwerdeführer mitteilte:
Herr Sch[...] möchte das Zeugnis erst am Stichtag unterschreiben, akzeptiert es aber so."
Nach Ende des Arbeitsverhältnisses wandte sich der Beschwerdeführer am 7. August 2012 erneut an die Assistentin des Vorstands und führte aus:
"Bitte senden Sie mir mein mit Ihnen abgestimmtes Arbeitszeugnis bis zum 10.08.2012 zu."
Die Assistentin des Vorstands teilte dem Beschwerdeführer darauf mit einer E-Mail vom 17. August 2012, die das Betreff trug: "Ihr Arbeitszeugnis ist unterschrieben!" mit:
"Ihr AZ ist unterschrieben, Erstens.
Zweitens wäre es gut, wenn Sie bei der Gelegenheit noch einmal herkämen - MS befürwortet das - und wichtige Daten aus Ihrem account in K2 oder K einstellen."
Zwischenzeitlich hatte der Beschwerdeführer bereits am 15. August 2012 Klage vor dem Arbeitsgericht mit dem Antrag erhoben, die Beklagte zu verurteilen, der klagenden Partei ein Zeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie Verhalten und Leistung während des Arbeitsverhältnisses erstrecke. Der Beschwerdegegnerin wurde die Klage am 21. August 2012 zugestellt. In der Klagebegründung führte der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers aus, dass dem Kläger nicht bekannt sei, warum die Beschwerdegegnerin ein Zeugnis bis zum heutigen Tag nicht erstellt habe. Die bis zum 10. August 2012 gesetzte Frist sei fruchtlos verstrichen.
Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Berlin am 13. September 2012 übergab die Prozessbevollmächtigte der Beschwerdegegnerin dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ein Zeugnis für den Beschwerdeführer. Im Kammertermin am 20. November 2012 erklärten beide Seiten den Rechtsstreit bezüglich des Zeugnisses in der Hauptsache für erledigt. Darauf wurden dem Beschwerdeführer für diesen erledigten Teil die Kosten auferlegt. Zur Begründung führte das Arbeitsgericht aus, dass es sich bei der Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses um eine Holschuld handele. Zwar sei streitig, ob der Beschwerdeführer von der Beschwerdegegnerin auf die Notwendigkeit der Abholung hingewiesen worden sei, doch sei das unerheblich, da der Kläger keinen Abholversuch unternommen habe. Eine Rechtspflicht der Beschwerdegegnerin, dem Beschwerdeführer das Zeugnis nachzuschicken, bestehe nicht.
Gegen diese am 20. Dezember 2012 zugestellte Kostenentscheidung legte der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers am 3. Januar 2013 (sofortige) Beschwerde ein. Zur Begründung führte er aus, dass der Charakter einer Holschuld angezweifelt werde und eine solche jedenfalls erst mit einem entsprechenden Hinweis des Arbeitgebers entstehen könne. Der Kläger habe mehrfach ohne jegliche Reaktion der Beschwerdegegnerin versucht, sein Zeu...