Entscheidungsstichwort (Thema)
Freistellung der Seminarkosten für Schwerbehindertenvertretung. Zulässige DSGVO-Grundschulung aus aktuellem betrieblichen Anlass
Leitsatz (redaktionell)
Die Schwerbehindertenvertretung des öffentlichen Arbeitgebers hat Anspruch auf Kostenfreistellung für die Teilnahme am Seminar "Datenschutz und Gleichbehandlung", da es sich unter Beachtung des Gebots der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel um eine notwendige Wissensvermittlung handelt.
Normenkette
SGB IX § 179 Abs. 8; GKG § 2 Abs. 2; DSGVO
Verfahrensgang
ArbG Cottbus (Entscheidung vom 18.06.2020; Aktenzeichen 3 BV 15/20) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2.) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Cottbus vom 18. Juni 2020 - 3 BV 15/20 - wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten über die Freistellung von den Kosten der Seminarteilnahme (Seminargebühren und Hotelkosten), die durch die Teilnahme der Vertrauensperson der Schwerbehinderten an dem Seminar "Datenschutz und Gleichbehandlung: Als SBV Benachteiligungen wirksam verhindern" entstanden sind.
Die zu 2.) beteiligte Arbeitgeberin ist eine Dienststelle (Agentur für Arbeit) der Bundesagentur für Arbeit mit Sitz in Cottbus. Die Beteiligte zu 1.) ist die in der Dienststelle der Beteiligten zu 2.) gewählte Vertrauensperson der dort beschäftigten Schwerbehinderten. Sie hatte in der Vergangenheit an keinen Schulungsmaßnahmen zum Datenschutz oder zur Prävention vor Kündigungen teilgenommen. Die Beteiligte zu 3.) ist die in der Dienststelle gebildete Schwerbehindertenvertretung.
Die Beteiligte zu 1.) wandte sich an die Beteiligte zu 2.) und bemängelte, dass im E-Recruiting-System der Beteiligten zu 2.) die Schwerbehinderteneigenschaft der Bewerber für eine Vielzahl von Personen zu sehen seien und machte datenschutzrechtliche Bedenken sowie eine Beschränkung der Zugriffsrechte auf diese Daten geltend. Dies lehnte die Beteiligte zu 2.) ab.
Die Beteiligte fasste unter dem Eindruck dieses Konflikts den Beschluss, die Beteiligte zu 1.) in der Zeit vom 21. bis 24. Mai 2019 zu einem Seminar "Datenschutz und Gleichbehandlung: Als SBV Benachteiligungen wirksam verhindern" zu entsenden und teilte dies der Beteiligten zu 2.) mit Schreiben vom 5. Februar 2019 mit.
Dieses Seminar hatte ausweislich der zur Akte gereichten Ausschreibungsunterlagen des ifb (Bl. 21 - 24 d. A.) folgende Inhalte:
"Inhalt
Das AGG: Bedeutung für die Arbeit der SBV
• Ausgangssituation: Wie definiert das AGG den Behindertenbegriff
• Unmittelbare und mittelbare Benachteiligung abgrenzen
• Als SBV optimale Hilfe bei Beschwerden leisten
• Gleicher Lohn und Arbeitgeberhaftung: Die Pflichten des Arbeitgebers nach dem AGG
Die DSGVO: Handlungsfelder der SBV
• Der neue Begriff der Datenverarbeitung
• Warum sind Einwilligungserklärungen für die SBV wichtiger denn je?
• Die Informationsrechte der SBV nach dem Datenschutzrecht
• Umfassender Schutz: Löschung und Berichtigung von Daten
• Ganz schön teuer: Sanktionen bei Missachtung des Datenschutzes
AGG Und DSGVO: Achten Sie auf die Einhaltung in ihrem Betrieb
• Bewerbungs- und Einstellungsverfahren: Welche Fragen des Arbeitgebers sind zulässig?
• BEM-Gespräche und -Akten auf ordnungsgemäße Durchführung prüfen
• Mögliche Auswirkungen der Gesetze für bestehende betriebliche Vereinbarungen
• Was gibt es bei Beendigungen von Beschäftigtenverhältnissen zu beachten?
Gewissenhafter Umgang: Datenschutz im SBV-Amt
• So gelingt der richtige Austausch von Daten zwischen SBV und Arbeitgeber, Betriebsrat und Externen
• Einblicksrechte: Welche Daten dürfen auch Stellvertreter bzw. Bürokraft einsehen?
• Gestalten Sie die SBV-Organisationsabläufe und -Räume datenschutzkonform
Vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen SBV, Datenschutzbeauftragtem & Co."
Die Beteiligte zu 2.) lehnte mit ihrem Schreiben vom 26. März 2019 eine Kostenübernahme ab und schlug verschiedene andere Schulungsangebote vor. So schlug sie ein unentgeltliches Schulungsangebot des Integrationsamtes Cottbus am 9. Mai 2019 mit dem Titel "Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz" vor. Weiter schlug sie Schulungsangebote des Veranstalters "Kommunales Bildungswerk" mit den Titeln "Grundlagen des Datenschutzes und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (im Arbeitsverhältnis)" und Beschäftigtendatenschutz im Personalbereich vor. Weitere Vorschläge folgten mit E-Mail vom 10. April 2019 hinsichtlich eines Seminars Thema "Beschäftigtendatenschutz im Personalbereich" mit verschiedenen Terminen an verschiedenen Orten.
Die Beteiligte zu 3.) teilte der Beteiligten zu 2.) die Teilnahme der Beteiligten zu 1.) an einem weiteren Seminar mit, für das die Beteiligte zu 2.) ebenfalls die Kostenübernahme ablehnte. Dieses Seminar ist aber zwischen den Beteiligten nicht mehr streitbefangen.
Mit ihrem am 18. April 2019 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beteiligten zu 2.) am 26. April 2019 zugestellten Antragsschrift leitete die Beteiligte zu 1.) das vorliegende Beschlussverfahren ein, um die Freistellung von den Ko...