Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 11a ArbGG ohne gesonderten Antrag. Voraussetzungen. Voraussetzungen der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
1. Über eine Beiordnung nach § 11 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG ist zu entscheiden, wenn die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt worden ist, aber nur die Voraussetzungen für eine Beiordnung vorliegen.
2. Besondere Gründe im Sinne von § 11 a Abs. 2 ArbGG, aus denen ausnahmsweise eine Beiordnung unterbleiben kann, liegen nur vor, wenn die Partei aufgrund ihrer persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten unter Berücksichtigung der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten des Verfahrens in der Lage ist, den Prozess auch ohne Beiordnung eines Anwalts sachgerecht zu führen, oder wenn auf den ersten Blick ohne nähere Prüfung erkennbar ist, dass die Rechtsverfolgung erfolglos sein muss (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 11. Juni 2007 - 15 Ta 1077/07 - LAGE § 114 ZPO 2002 Nr. 7, zu II der Gründe). Nur in besonders klar liegenden Fällen aussichtsloser Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung kann der Beiordnungsantrag zurückgewiesen werden (vgl. LAG Hamm 7. Februar 2011 - 14 Ta 510/10, Rn. 22).
3. Diese Ausnahmen sind regelmäßig nicht erfüllt, wenn sich die Rechtsfolgen nicht aus dem Gesetz, sondern erst aus den durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätze ergeben, hier aus der zu den Anforderungen an die Wirksamkeit der Kündigung eines nicht unter den Schutzbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallenden Arbeitsverhältnisses.
Normenkette
ArbGG § 11a; ZPO §§ 114-115
Verfahrensgang
ArbG Brandenburg (Entscheidung vom 30.09.2011; Aktenzeichen 2 Ca 786/11) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 30. September 2011 - 2 Ca 786/11 - wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien stritten über die Wirksamkeit einer Kündigung im Kleinbetrieb. Die Beschwerdeführerin berief sich auf die Treuwidrigkeit und auf einen Verstoß gegen das AGG, da es ihrem Arbeitgeber nur darum gegangen sei, sie gegen eine jüngere Mitarbeiterin auszutauschen. Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten der Klage mit Beschluss vom 30. September 2011 abgelehnt. Dieser Beschluss ist der Beschwerdeführerin am 10. Oktober 2011 zugestellt worden. Die Beschwerdeführerin hat gegen ihn mit einem beim Arbeitsgericht am 10. November 2011 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet. Mit Beschluss vom 22. Dezember 2011 half das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung über die Beschwerde vor. Mit Schriftsatz vom 30. Januar 2012 beschränkte die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf eine Beiordnung nach § 11 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG. Die Gegenseite war anwaltlich vertreten. Zugleich legte sie einen Bescheid der Bundesagentur für Arbeit zur Darstellung ihrer Einkommensverhältnisse vor. Auf den weiteren Hinweis des Gerichts, ihren Angaben zu den Vermögensverhältnissen sei ein Bausparguthaben in Höhe von 11.000 Euro zu entnehmen, ging die Beschwerdeführerin nicht ein. Insbesondere erläuterte sie ungeachtet des Hinweises des Gerichts ihren eigenen Zusatz "Nur noch Auszahlung" weder innerhalb der gesetzten Frist noch nach weiterem Zuwarten nicht.
II. 1) Die nach § 11a Abs. 3 ArbGG iVm. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 78 Satz 1 ArbGG iVm. §§ 127 Abs. 2 Satz 3, 569 ZPO).
2) Die sofortige Beschwerde ist aber unbegründet.
a) Zu befinden war noch über den Antrag auf Beiordnung einer Prozessbevollmächtigten nach § 11 a Abs. 1 ArbGG. Insoweit ist eine Entscheidung durch das Arbeitsgericht nicht erfolgt.
aa) Es ist umstritten, ob in einem unbegründeten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe als Minus ein Beiordnungsantrag enthalten ist. Die ganz überwiegende Ansicht in Literatur und Rechtsprechung bejaht das wohl mit Recht (so zB. ArbGG/Wolmerath § 11 a Rn. 2 mwN.; Schwab/Weth/Vollstädt § 11 a Rn. 19; GK-ArbGG/Bader § 11 Rn. 179; LAG Köln 5. Juni 2009 - 4 Ta 135/09 - AGS 2009, 553, Rn. 1; LAG Sachsen-Anhalt 6. März 2009 - 2 Ta 6/09, Rn. 27; LAG Berlin-Brandenburg 11. Juni 2007 - 15 Ta 1077/07 - LAGE § 114 ZPO 2002 Nr. 7, Rn. 8; LAG Hamm 30. Januar 2006 - 4 Ta 36/05, Rn. 13; LAG Bremen 26. Februar 1986 - 4 Ta 65/85 - LAGE § 11a ArbGG 1979 Nr. 3; LAG Düsseldorf 29. Oktober 1986 - 14 Ta 245/86 - LAGE § 11 a ArbGG 1979 Nr. 4; LAG Sachsen-Anhalt 11. Juni 1997 - 2 Ta 42/97 - LAGE § 11 a ArbGG 1979 Nr. 6, Rn. 6; aA. GMPM-G/Germelmann § 11a Rn. 1). Wegen der "Ähnlichkeit" der Wirkungen von Prozesskostenhilfe und Beiordnung nach § 11 a ArbGG und der teilweisen Übereinstimmung in den Voraussetzungen sowie der Tatsache, dass die Beiordnung letztlich ebenso wie die Prozesskostenhilfe als Teil der Sozialhilfe angesehen...