Entscheidungsstichwort (Thema)

Offensichtlich mutwillige Prozessführung durch Haupt- statt Hilfsantrag. Mutwilligkeit der Geltendmachung von Annahmeverzugsansprüchen im Wege des Hauptantrags

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es ist mutwillig iSd. § 114 ZPO, wenn Annahmeverzugsansprüche mit einem Haupt- statt mit einem Hilfsantrag neben einem Kündigungsschutzantrag geltend gemacht werden. Nur dann, wenn eine bemittelte Partei, die vernünftig abwägt und die möglichen Kostenfolgen berücksichtigt, begründeten Anlass gehabt hätte, neben einem Kündigungsschutzantrag Annahmeverzugsansprüche im Rahmen von Hauptanträgen geltend zu machen, ist diese Möglichkeit auch der unbemittelten Partei zu eröffnen. Dabei können sich insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Rechtsverfolgung sachliche Gründe ergeben.

2. Bei Fehlen auch nur ansatzweise nachvollziehbarer Gründe ist ein solches Vorgehen auch offensichtlich mutwillig iSd. § 11 a Abs. 2 ArbGG, sodass auch eine Beiordnung eines Anwalts nicht in Betracht kommt.

3. Eine Teilbewilligung von Prozesskostenhilfe hinsichtlich der Kosten, die bei der Erweiterung der Zahlungsklage um Hilfsanträge im Falle eines Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag entstanden wären, ist nicht möglich (vgl. dazu BAG 8. September 2011 - 3 AZB 46/10 - NZA 2011, 1382 = NJW 2011, 3260 = EzA § 114 ZPO 2002 Nr. 2, Rn. 21).

 

Normenkette

ArbGG § 11a; ZPO § 114

 

Verfahrensgang

ArbG Brandenburg (Entscheidung vom 01.02.2012; Aktenzeichen 3 Ca 46/11)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Brandenburg a.d.H. vom 1. Februar 2012 - 3 Ca 46/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung vom 26. Januar zum 28. Februar 2011 und über Entgeltansprüche.

Dem Kläger ist hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages und auch wegen geltend gemachter Annahmeverzugsansprüche für einen Zeitraum bis Mai 2011 durch das Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für weitere Zahlungsanträge in den Schriftsätzen vom 27. September, 5. Oktober und 15. November 2011 und für die geltend gemachten Abrechnungsansprüche hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 1. Februar 2012 abgelehnt, nachdem bekannt geworden war, dass der Kläger wieder eine Arbeit aufgenommen, er aber ungeachtet zahlreicher Aufforderungen seitens des Arbeitsgerichts keine Unterlagen über seine aktuellen Einkommensverhältnisse vorgelegt hatte.

Der Kläger hat gegen den ihm am 13. Februar 2012 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts am 7. März 2012 Beschwerde eingelegt und diese zunächst nicht begründet, auch nicht nach der durch ihn für die Erklärung erbetenen und gewährten Frist nebst Nachfristsetzung. Mit Beschluss vom 9. März 2012 hat das Arbeitsgericht der Beschwerde sodann nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht vorgelegt. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen mit der Weigerung der Vorlage einer aktuellen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse begründet und damit, dass der Kläger weder die im Rahmen eines neuen Arbeitsverhältnisses erzielten Bruttoeinnahmen in Abzug gebracht noch überhaupt angegeben habe. Auch hinsichtlich - zu diesem Zeitpunkt noch begehrter - Abrechnungen fehle es an der Erfolgsaussicht, da der Kläger lediglich eine Gesamtabrechnung über den Verzugszeitraum beanspruchen könne und dies auch erst bei Zahlung des Arbeitsentgeltes. Mit einem bei dem Arbeitsgericht am 12. März 2012 eingegangenen Schriftsatz begründet der Kläger seine Beschwerde sodann damit, er habe die Schreiben des Arbeitsgerichts nicht erhalten, auch nicht die Schreiben seines Rechtsanwalts. Sein Prozessbevollmächtigter habe deshalb am 16. Januar 2012 Auskunft aus dem Melderegister beantragt. Sofern sich aus den Vermerken des Zustellers ergeben sollte, der Briefkasten sei überfüllt gewesen, werde das bestritten. Von seinem Briefkasten sei durch Kinder oder andere Personen immer wieder sein Namenschild entfernt worden. Sein Prozessbevollmächtigter habe ihn erst am 7. März 2012 über das Telefon seiner Eltern erreicht. Seinen Prozessbevollmächtigten habe er seinerseits nicht erreichen können, da sein Handy gesperrt gewesen sei. Die dem Schriftsatz beigefügte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse lässt weiterhin keinen Schluss auf seine Einkommensverhältnisse im fraglichen Zeitraum zu. Nachdem der Kläger durch das Landesarbeitsgericht auf Bedenken hinsichtlich der angekündigten Hauptanträge hingewiesen worden ist, beruft er sich nun auf vertragliche Ausschlussfristen und die sich aus seiner Sicht daraus ergebende Notwendigkeit regelmäßiger Klageerweiterungen. Für die Monate ab Juni 2011 macht er in einem an das Arbeitsgericht Brandenburg a.d.H. gerichteten Schriftsatz vom 5. März 2012 nun unter Klagerücknahme im Übrigen nur noch reduzierte Bruttobeträge geltend, ohne dass sich aus dem Sch...

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