Entscheidungsstichwort (Thema)

Konkretisierbare Unterlassungsanträge sind hinreichend bestimmt. Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Unterlassungsanträge sind hinreichend bestimmt, wenn die verwendeten Formulierungen einer ausreichenden Konkretisierung zugänglich sind.

2. Die nicht ermöglichte Mitwirkung des Betriebsrates bei der Aufstellung der Dienstpläne durch den Arbeitgeber verhindert eine Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeiten und verletzt den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2; ZPO § 890 Abs. 1-2; BetrVG § 2 Abs. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 06.02.2019; Aktenzeichen 29 BV 6558/18)

 

Tenor

1) Auf die Beschwerde des zu 1) beteiligten Betriebsrats wird unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Berlin vom 06.02.2019 - 29 BV 6558/18 - der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin aufgegeben,

a) es zu unterlassen, bezüglich ihrer Beschäftigten - mit Ausnahme von leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG, Chefärzt*innen sowie Beschäftigten, die mittels Personalgestaltung bei einem anderen Unternehmen tätig sind - im Rahmen der erstmaligen Erstellung von Monatsdienstplänen oder ohne Dienstpläne Arbeitsleistungen anzuordnen oder mit ihnen zu vereinbaren oder Arbeitsleistungen durch Beschäftigte zu dulden, sofern nicht der Betriebsrat bezogen auf eine solche Anordnung, Vereinbarung oder Duldung von Arbeitsstunden, bezogen auf Beginn und Ende der für diese maßgeblichen täglichen Arbeitszeiten einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage zuvor zugestimmt hat oder seine fehlende Zustimmung durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist,

b) es zu unterlassen, die bei ihr Beschäftigten - mit Ausnahme von leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG, Chefärzt*innen sowie Beschäftigten, die mittels Personalgestellung bei einem anderen Unternehmen tätig sind - in einen Dienstplan einzusetzen, ohne dass zuvor mit dem Betriebsrat über den Einsatz eine Einigung erzielt oder durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist.

2) Der Arbeitgeberin wird für jeden Tag und für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen ihre Verpflichtungen aus a) und/oder b) ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000,00 EUR angedroht.

3) Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten um einen Unterlassungsanspruch im Hauptsacheverfahren bezüglich der Mitbestimmung bei der erstmaligen Erstellung von Dienstplänen. Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin ist ein landeseigenes Unternehmen, welches mehrere große Krankenhäuser im Land Berlin betreibt. Der zu 1) Beteiligte ist der bei diesem Unternehmen gebildete 71-köpfige Betriebsrat, der für die einzelnen Krankenhäuser sogenannte Bereichsausschüsse gebildet hat, die regelmäßig einmal pro Woche tagen.

Am 23.12.2009 wurde von den Betriebsparteien eine "Rahmenbetriebsvereinbarung Arbeitszeit" abgeschlossen, in der unter anderem die Erstellung von Dienstplänen und die Führung von Arbeitszeitkonten geregelt war. Diese Betriebsvereinbarung wurde von der Arbeitgeberin gekündigt. Es kam zu einer etwas geänderten Folgevereinbarung, die ohne Nachwirkung am 31.07.2016 endete. Die Verhandlungen zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat über eine neue Rahmenbetriebsvereinbarung Arbeitszeit scheiterten, in einem Einigungsstellenverfahren nahm die Arbeitgeberin die Anträge zurück. Eine Regelungsabrede zum Verfahren bei der Dienstplangestaltung existiert nicht, die Arbeitgeberin liegt überwiegend die Dienstpläne 4 Wochen vor Dienstplanbeginn dem Betriebsrat bzw. dem Bereichsausschuss zur Mitbestimmung vor.

Aufgrund eines entsprechenden Antrages des Betriebsrats erließ das Arbeitsgericht Berlin am 07.05.2014 - 29 BVGa 5614/14 - eine einstweilige Verfügung, mit der der Arbeitgeberin die Anordnung, Vereinbarung oder Duldung von Arbeitsstunden ohne Zustimmung des Betriebsrats oder der Einigungsstelle zu einem entsprechenden Dienstplan untersagt wurde.

Aus dem Beschluss des Arbeitsgerichts konnte der Betriebsrat nach der Auffassung der erkennenden Kammer wegen Ablaufs der Vollziehbarkeitsfrist nach § 929 ZPO in Form der Festsetzung von Ordnungsgeld nicht mehr vollstrecken (vgl. den Beschluss der erkennenden Kammer vom 24.05.2018 - 2 Ta 549/18).

Parallel zum Verfahren bei der erstmaligen Erstellung von Dienstplänen führte der Betriebsrat ein Unterlassungsverfahren hinsichtlich der Änderung von mitbestimmten Dienstplänen. Im Rahmen dessen kam es am 10.02.2016 zum Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin zum Verfahren 60 BV 12444/15, welches vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg im Verfahren 23 TaBV 508/16 mit Beschluss vom 22.07.2016 bestätigt wurde, wonach der Arbeitgeberin aufgegeben wurde, es zu unterlassen, in Abweichung von einem mitbestimmten Dienstplan Arbeitsleistungen gegenüber Beschäftigten anzuordnen oder mit ihnen zu vereinbaren oder Arbeitsleistungen durch Beschäftigte zu dulden, sofern ni...

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