Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Regelung über die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen in § 5 Abs. 1a TVG ist mit Art. 9 Abs. 3 GG vereinbar.
2. Die Allgemeinverbindlicherklärung vom 04.05.2016 betreffend den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 03.05.2013 in den Fassungen der Änderungstarifverträge vom 03.12.2013, vom 10.12.2014 und vom 24.11.2015 ist wirksam.
Normenkette
ArbGG § 98; VTV; TVG § 5 Abs. 1a
Nachgehend
Tenor
I. Es wird unter Zurückweisung der Anträge der Beteiligten zu 1) und zu 7) festgestellt, dass die Allgemeinverbindlicherklärung vom 4. Mai 2016 (Bundesanzeiger AT 9. Mai 2016 B4) des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 3. Mai 2013 in der Fassung der Änderungstarifverträge vom 3. Dezember 2013, vom 10. Dezember 2014 und vom 24. November 2015 wirksam ist.
II. Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligten zu 1) und zu 7) zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Allgemeinverbindlicherklärung (im Folgenden: AVE) vom 4. Mai 2016 (BAnz. AT 9. Mai 2016 B 4) des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (im Folgenden: VTV) vom 3. Mai 2013 in den Fassungen der Änderungstarifverträge vom 3. Dezember 2013, vom 10. Dezember 2014 und vom 24. November 2015.
Der VTV wurde auf Arbeitgeberseite von den Beteiligten zu 3) und 4), dem Zentralverband des Deutschen B. e. V. (ZDB) und dem Hauptverband der Deutschen B. (HDB), jeweils mit der Beteiligten zu 5), der Industriegewerkschaft B. - A. - U. (IG BAU), abgeschlossen. Der VTV regelt die Durchführung des in weiteren Tarifverträgen festgelegten Urlaubskassenverfahrens, der zusätzlichen Altersversorgung und der Berufsbildung im Baugewerbe.
Der Beteiligte zu 6) ist die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse des B. (ULAK), eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit Rechtsfähigkeit aufgrund staatlicher Verleihung. Er ist seit dem 1. Januar 2010 (§ 3 Abs. 3 VTV vom 18. Dezember 2009) die gemeinsame Einzugsstelle für die im Urlaubskassen- und Berufsbildungsverfahren zu zahlenden tariflich festgelegten Beiträge. Darüber hinaus zieht er bei Arbeitgebern mit Sitz in den alten Bundesländern die Beiträge der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes AG (ZVK) sowie die Beiträge der regionalen Kassen in Bayern und Berlin ein.
Mit Schreiben vom 4. Dezember 2015 beantragte der Beteiligte zu 3), zugleich namens und in Vollmacht der Beteiligten zu 4) und der Beteiligten zu 5), beim Beteiligten zu 2), dem Bundesministerium für A. und S. (BMAS), den VTV in der Fassung vom 24. November 2015 ab dem 1. Januar 2016 mit Einschränkungen zum betrieblichen Geltungsbereich (sogenannte große Einschränkungsklausel) für allgemeinverbindlich zu erklären.
Die Bekanntmachung des Antrages vom 11. Dezember 2015 wurde am 29. Dezember 2015 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Der Antrag wurde an die obersten Arbeitsbehörden der Länder zur Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme eines der zuständigen Ministerien ist innerhalb der Frist nicht erfolgt. Anderweitige Stellungnahmen sind eingegangen. Mit Bekanntmachung vom 4. März 2016 wurde der Termin zur Verhandlung über den Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung des VTV bekannt gemacht. Der Termin zur Verhandlung vor dem Tarifausschuss wurde auf den 7. April 2016 bestimmt. Die Bekanntmachung wurde im Bundesanzeiger am 15. März 2016 veröffentlicht.
Der Tarifausschuss tagte am 7. April 2016 und befürwortete die beantragte AVE mit folgenden Maßgaben:
1. Einschränkung der Allgemeinverbindlicherklärung auf Antrag
Die Allgemeinverbindlicherklärung wird gemäß den Maßgaben in der Bekanntmachung über die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages für das Baugewerbe vom 6. Juli 2015 (BAnz AT 14. Juli 2015 B1) eingeschränkt.
2. Weitere Einschränkungen der Allgemeinverbindlicherklärung
Soweit Bestimmungen des Tarifvertrages auf Bestimmungen anderer Tarifverträge verweisen, erfasst die Allgemeinverbindlicherklärung die verweisenden Bestimmungen nur, wenn und soweit die in Bezug genommenen tariflichen Regelungen ihrerseits für allgemeinverbindlich erklärt sind.
3. Die Allgemeinverbindlicherklärung ergeht mit den Hinweisen
a. § 23 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren schließt nicht die Möglichkeit aus, gegebenenfalls gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in einem anderen Staat Klage zu erheben.
b. Bei der Anwendung des § 29 Abs. 1 und 2 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren sind die zwingenden Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Aktiengesetzes zu beachten.
Der Beteiligte zu 2) prüfte mit Vermerk vom 27. April 2016 da...