Entscheidungsstichwort (Thema)

Maximaler Gegenstandswert des dreifachen Jahresbetrags bei wiederkehrenden Leistungen. Dreifachen Jahresbetrag überschießender Klagebetrag für Gegenstandswert unerheblich. Kein Vergleichsmehrwert bei wiederkehrenden Leistungen. Erfordernis der Bildung eines Gesamtgegenstandswerts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG ist bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Rückständige Beträge sind nicht hinzuzurechnen, § 42 Abs. 3 Satz 1,1. Hs. GKG. Ein über den 36fachen Betrag hinausgehender Leistungsantrag ist nicht berücksichtigungsfähig. Die Begrenzung auf den 36fachen Differenzbetrag ist sogar dann maßgeblich, wenn es ausschließlich um rückständige Beträge geht (vgl. BAG 10. Dezember 2002 - 3 AZR 197/02 (A), Rn. 5; LAG Berlin-Brandenburg 13. Januar 2021 - 26 Ta (Kost) 6001/21, zu III 3 der Gründe; TZA/Ziemann 1 A 598).

2. Angesichts der gesetzlichen Regelung, die bei wiederkehrenden Leistungen eine strikte Begrenzung auf den 36fachen Betrag vorsieht, scheidet der Ansatz eines darüberhinausgehenden Vergleichsmehrwerts aus. Auch ein in die Zukunft reichender Feststellungsantrag hätte nicht zu einem höheren Gegenstandswert geführt (vgl. BAG 10. Dezember 2002 - 3 AZR 197/02 (A), Rn. 5).

3. Im Übrigen wären die hinsichtlich der Forderungen gegen die beiden Beklagten zu berücksichtigenden Beträge für die Berechnung der Gebühren des Klägervertreters mangels wirtschaftlicher Identität zusammenzurechnen gewesen. Das Arbeitsgericht hat bisher einen Gesamtgegenstandswert nicht gebildet (vgl. zum Erfordernis der Bildung eines Gesamtgegenstandswerts auch Ziemann, jurisPR-ArbR 20/2021 Anm. 7, mwN).

 

Normenkette

GKG § 42 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1, § 68 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 08.11.2021; Aktenzeichen 4 Ca 10120/17)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 8. November 2021 - 4 Ca 10120/17 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin hat mit ihrer Klage eine Berufsunfähigkeitsrente beansprucht und in diesem Zusammenhang zunächst gegen den Beklagte zu 1) die Zahlung von 5.261,04 Euro für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2016 und mit einer Klageerweiterung für die Zeit von Januar 2017 bis Oktober 2020 weitere 6.105,58 Euro (monatlich 132,73 Euro) geltend gemacht, gegen den Beklagten zu 2) - ebenfalls für die Zeit von Januar 2017 bis Oktober 2020 - 14.076 Euro (monatlich 306 Euro).

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 27. April 2021 das Zustandekommen eines Vergleichs festgestellt, in dem sich die Parteien darauf geeinigt haben, dass der Beklagte zu 1) für die Zeit ab Januar 2016 132,73 Euro monatlich und der Beklagte zu 2) ab Januar 2016 306 Euro monatlich an die Klägerin zahlt.

Mit Beschluss vom 8. November 2021 hat das Arbeitsgericht für den Antrag zu 1) aus der Klageschrift "in der Fassung der Klageerweiterung vom 28. September 2020" 6.105,58 Euro und für den Antrag zu 2) aus der Klageerweiterung 14.076 Euro in Ansatz gebracht und das damit begründet, dass nach § 42 Abs. 1 GKG bei wiederkehrenden Leistungen der dreifache Jahresbetrag anzusetzen sei und die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge nicht hinzuzurechnen seien. Der Ansatz eines Vergleichsmehrwerts scheide aus, da der Verfahrenswert bereits einen Zeitraum von mehr als drei Jahren betreffe.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben gegen den Beschluss mit einem bei dem Arbeitsgericht am 29. November 2021 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 10. Januar 2022 unter Bezugnahme auf frühere Stellungnahmen damit begründet, dass ein Vergleichsmehrwert angefallen sei, da der Vergleich auch Zukunftsansprüche regele. Das rechtfertige es, neben dem für Zahlungsanträge in Ansatz gebrachten Betrag einen Vergleichsmehrwert in Höhe von 3,5 Jahresbeträgen zu berücksichtigen, da § 9 ZPO einschlägig sei. Würde ein Vergleichsmehrwert nicht berücksichtigt, müssten die Parteien immer wieder neue Klagen einreichen, damit ein entsprechender Gegenstandswert erreicht werde, was weder im Sinne der Gerichtsbarkeit noch des Gesetzgebers liegen könne.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 11. Januar 2022 nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht ist zwar bei der Berechnung des Gegenstandswerts für das Verfahren von zu hohen Werten ausgegangen, den Ansatz eines Vergleichsmehrwerts hat es aber mit zutreffender Begründung abgelehnt.

1) Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG ist bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Rückständige Beträge sind nicht hinzuzurechnen, § 42 Abs. 3 Satz 1, 1. Hs. GKG. Ein über den 36fachen Betrag hinausgehender Leistungsantrag...

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