Entscheidungsstichwort (Thema)

Abhilfeentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch im Verfahren der nachträglichen Klagezulassung gem. § 5 KSchG hat das Arbeitsgericht gem. §§ 5 IV S. 2 KSchG, 78 S. 1 ArbGG, 572 Abs. I S. 1, 1. HS ZPO auf die sofortige Beschwerde grundsätzlich zunächst eine Abhilfeentscheidung zu treffen.

2. In besonderen Fällen kann das Beschwerdegericht, insbesondere zur Beschleunigung des Verfahrens, ohne vorherige Abhilfeentscheidung durch das Arbeitsgericht über die Beschwerde entscheiden.

3. Zur nachträglichen Klagezulassung bei Versäumung der Frist gem. § 17 TzBfG

 

Normenkette

ArbGG § 78 Abs. 1; ZPO § 572 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Neuruppin (Beschluss vom 18.01.2007; Aktenzeichen 3 Ca 1533/06)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers vom 26.01.2007 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 18.01.2007 – 3 Ca 1533/06 – wird auf seine Kosten bei einem Streitwert von 6 240,99 EUR in der Beschwerdeinstanz zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger begehrt die nachträgliche Zulassung seiner Entfristungsklage.

Er war seit 1992 bei der Beklagten als Ausbilder mit einem Bruttomonatsverdienst von zuletzt 2 080,33 EUR auf der Basis von jeweils für ein Ausbildungsjahr befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt. Der letzte Arbeitsvertrag vom 01.09.2005 war für die Zeit vom 01.09.2005 bis zum 31.08.2006 befristet.

Unstreitig sollte die Stelle erst zum 01.10.2006 erneut besetzt werden. Der Kläger ging davon aus, dass er, wie in den Vorjahren, erneut einen befristeten Vertrag erhalten werde und erfuhr am 29.09.2006, dass er nicht wieder eingestellt werde.

Mit seiner beim Arbeitsgericht Neuruppin am 09.10.2006 eingegangenen Entfristungsklage begehrte der Kläger zugleich die nachträgliche Klagezulassung. Er behauptete, durch die Beklagte arglistig getäuscht worden zu sein im Hinblick auf die Neubegründung des Arbeitsvertrages und dadurch an einer rechtzeitigen Klageerhebung gehindert worden zu sein. Der Ausbildungsleiter bei der Beklagten habe ihm eine Wiedereinstellung zum 01.10.2006 zugesagt.

Mit Beschluss vom 18.01.2007, dem Kläger am 12.02.2007 zugestellt, hat das Arbeitsgericht den Antrag auf nachträgliche Zulassung der verspätet erhobenen Entfristungsklage zurückgewiesen. Wegen des weiteren Tatbestandes sowie der Entscheidungsgründe wird auf den Inhalt des arbeitsgerichtlichen Beschlusses Bezug genommen.

Mit der beim Landesarbeitsgericht am 26.01.2007 eingegangenen Beschwerdeschrift rügt der Kläger die angefochtene Entscheidung aus Rechtsgründen, begehrt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und beantragt wie bisher die nachträgliche Zulassung der verspätet erhobenen Entfristungsklage. Die Beklagte verweist auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung.

Das Arbeitsgericht hat unter Hinweis auf mehrere Entscheidungen der Arbeitsgerichtsbarkeit eine Nichtabhilfeentscheidung nach Vorlage der Akten auf Veranlassung des Landesarbeitsgerichts abgelehnt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete sofortige Beschwerde ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

1.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist auch im Verfahren der nachträglichen Klagezulassung gemäß § 17 Satz 2 TzBfG i. V. mit § 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG zunächst durch das Arbeitsgericht eine Abhilfeentscheidung zu treffen, §§ 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG, 78 Satz 1 ArbGG, 572 Abs. 1 Satz 1 1. Halbs. ZPO.

Davon abgesehen, dass sich diese Verfahrensfolge ohne Weiteres und unmittelbar aus dem geltenden Gesetz ergibt, entspricht die hier vertretene Auffassung der überwiegenden Meinung in der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur (vgl. nur LAG Berlin, Beschluss vom 15.02.2006 – 13 Ta 170/06 –, LAGE § 623 BGB 2002 Nr. 5; LAG Berlin, Beschluss vom 04.11.2004 – 6 Ta 1733/04, LAGE § 5 KSchG Nr. 109; LAG Köln, Beschluss vom 10.03.2006 – 3 Ta 47/06 –, LAGE § 111 ArbGG 1979 Nr. 4; LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.08.2002 – 15 Ta 12/02 –, LAGReport 2003, S. 150 ff.; KR-Friedrich, § 5 Rdnr. 151a; Stahlhacke/Preis/Vossen, 9. Aufl. 2005, Rdnr. 866; HK-Kündigungsschutzgesetz/Gallner § 5 Rdnr. 75). Soweit das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 07.08.2003 – 11 Ta 205/03) und das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 17.08.2004 – 11 Ta 101/04) unter Hinweis auf den Charakter der nachträglichen Klagezulassungsentscheidung als Zwischenentscheidung anderer Auffassung sind, folgt dem das Beschwerdegericht nicht.

Das zweistufige Verfahren über die nachträgliche Klagezulassung (so das BAG in den Beschlüssen vom 20.08.2002 – 2 AZB 16/02 und vom 15.09.2005 – 3 AZB 48/05) trägt der Absicht des Gesetzgebers zu § 5 Abs. 4 KSchG insofern Rechnung, als mit dem Zivilprozess-Reform-Gesetz die Straffung und Vereinfachung des bisherigen Rechtsmittelzuges zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung bewirkt werden sollte. Dieser deutlich erkennbare Zweck mag, wie das BAG entschieden hat, zum Ausschluss ...

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