Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwingende Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats bei geplanter Betriebsänderung mit Auswirkung auf mindestens zwei Konzernunternehmen. Offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle
Leitsatz (amtlich)
Sind zwei Konzernunternehmen von einer geplanten Betriebsänderung betroffen, ist zwingend der Konzernbetriebsrat zuständig.
Solange eine Betriebsänderung noch nicht konkret im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen geplant ist, ist ein Antrag auf Errichtung einer Einigungsstelle zur Verhandlung eines Sozialplans noch nicht begründet. Die Einigungsstelle ist noch offensichtlich unzuständig.
Normenkette
ArbGG §§ 91, 100; BetrVG § 58
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 23.07.2018; Aktenzeichen 23 BV 9383/18) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. Juli 2018 - 23 BV 9383/18 - abgeändert und die Anträge des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Errichtung einer Einigungsstelle nach § 100 BetrVG.
Die Beteiligte zu 2) ist ein bundesweit tätiges Dienstleistungsunternehmen. Sie ist herrschendes Unternehmen des Konzerns D. P. DHL. Ein unternehmerischer Schwerpunkt ist die Zustellung von Briefsendungen und Paketen. Zum Zwecke der Zustellung sind bei der Beteiligten zu 2) insgesamt 47 Niederlassungen BREF sowie eine Niederlassung Paket Berlin eingerichtet. Die Niederlassungen Brief und die Niederlassung Paket Berlin gelten aufgrund tarifvertraglicher Regelung als Betriebe, in denen jeweils ein Betriebsrat gebildet ist.
Der Beteiligte zu 1) ist der Betriebsrat der Niederlassung Berlin. Bei der D. P. AG bestehen zudem ein Gesamtbetriebsrat sowie ein Konzernbetriebsrat. Zur D. P. DHL Group gehört auch die DHL D. GmbH, die bundesweit 46 regionale Tochtergesellschaften (DHL Regionalgesellschaften) hat. Die DHL Regionalgesellschaften sind - räumlich korrespondierend mit 45 Niederlassungen BRIEF sowie der Niederlassung Paket Berlin der Beteiligten zu 2) - ebenfalls in der Paketzustellung tätig.
Auch die DHL Regionalgesellschaften verfügen jeweils über einen eigenen Betrieb, für den ein Betriebsrat gebildet ist. Eine dieser DHL Niederlassungen ist die DHL D. Berlin GmbH, die hinsichtlich ihres Tätigkeitsbereichs mit der Niederlassung Paket Berlin der Beteiligten zu 2) räumlich korrespondiert.
Die Beteiligte zu 2) als oberste Konzerngesellschaft beabsichtigt diese noch selbständig geführten 45 Betriebe der Niederlassung Brief und den Betrieb der Niederlassung Paket Berlin sämtlich mit den regional korrespondierenden 46 Betrieben der DHL-Regionalgesellschaften jeweils zu einem gemeinsamen Betrieb der beteiligten Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 BetrVG zusammenzuführen. Die Planungen umfassen mithin 47 Konzernunternehmen, das heißt die Beteiligte zu 2) einerseits und die 46 DHL-Regionalgesellschaften andererseits.
Die von der Beteiligten zu 2) geplante Maßnahme betrifft jeweils zwei Betriebe und zwei Unternehmen in einer Region, nämlich jeweils die Beteiligte zu 2) sowie die räumlich korrespondierende DHL Regionalgesellschaft. Es sollen die derzeit noch selbständig geführten Betriebe der Niederlassung Paket Berlin der Beteiligten zu 2) einerseits und der derzeit noch selbständig geführte Betrieb der DHL D. Berlin GmbH andererseits zu einem gemeinsamen Betrieb der beiden beteiligten Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 BetrVG zusammengeführt werden.
Hinsichtlich der geplanten Strukturen wird auf die Präsentation vom 25. Januar 2018 (Bl. 104ff. der Akte) verwiesen.
Die Beteiligte zu 2) führte Verhandlungen mit dem Konzernbetriebsrat über einen Interessenausgleich wegen der unternehmensübergreifenden Betriebsänderungen. Das Arbeitsgericht Bonn hat mit Beschluss vom 11. Juli 2018 eine entsprechende Einigungsstelle zur Verhandlung eines Interessenausgleichs wegen der bundesweiten Bildung von 46 gemeinsamen Betrieben errichtet.
Mit Schreiben vom 7. Juni 2018 forderte der antragstellende Betriebsrat die Arbeitgeberin auf, Verhandlungen zum Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans im Zusammenhang mit der Errichtung eines gemeinsamen Betriebes zwischen der Niederlassung Paket Berlin der Arbeitgeberin und der D. Berlin GmbH mit dem Betriebsrat aufzunehmen. Mit Schreiben vom 11. Juni 2018 teilte die Arbeitgeberin mit, dass sie bei der beabsichtigten unternehmensübergreifenden Errichtung gemeinsamer Betriebe zwischen der Niederlassung BRIEF bzw. der Niederlassung Paket der D. P. AG und den Betrieben der DHL D. Regionalgesellschaften eine Zuständigkeit im Zusammenhang mit den Interessenausgleichsverhandlungen beim Konzernbetriebsrat sehe. Dies bekräftigte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 25. Juni 2018, in dem sie ausführte, dass sie nach wie vor die Zuständigkeit zu der beabsichtigten Maßnahme beim Konzernbetriebsrat und nicht beim örtlichen Betriebsrat sehe, so dass nach Ansicht der Arbeitgeberin kein Raum für die Anrufung einer Einigungsstelle bestehe.
Der Beteiligte zu 1) hat erst...