Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorläufige Vollstreckbarkeit. Tenorierung. Anforderungen an die Tenorierung der vorläufigen Vollstreckbarkeit vermögensrechtlicher Beschlüsse im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren
Leitsatz (amtlich)
Die vorläufige Vollstreckbarkeit von vermögensrechtlichen Beschlüssen im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren besteht kraft Gesetzes.
Eine entsprechende Tenorierung bedarf es nicht.
Normenkette
ArbGG § 85 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 19.06.2012; Aktenzeichen 8 BV 2751/12) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den die Erinnerung der Arbeitgeberin gegen die Erteilung einer Vollstreckungsklausel zurückweisenden Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 19. Juni 2012 - 8 BV 2751/12 - wird zurückgewiesen.
2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000,-- EUR festgesetzt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Mit Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. Mai 2012 - 8 BV 2751/12 - wurde die Arbeitgeberin verpflichtet, zur Gewährung der Teilnahme der Vorsitzenden des in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrates an insgesamt vier verschiedenen Bildungsveranstaltungen in der Zeit vom 23. Juli 2012 bis 14. Dezember 2012 konkret genannte Beträge an den Seminarträger zu zahlen. Mit Beschluss vom 26. Juni 2012 wurde dieser Beschluss im Tenor nach § 319 ZPO dahin ergänzt, dass im Übrigen die Anträge zurückgewiesen würden. Der Beschluss vom 22. Mai 2012 wurde der Arbeitgeberin zu Händen ihres Verfahrensbevollmächtigten am 8. Juni 2012 zugestellt.
Auf einen entsprechenden Antrag ihres Verfahrensbevollmächtigten wurde dem Betriebsrat zu dessen Händen am 14. Juni 2012 unter anderem eine vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses vom 22. Mai 2012 erteilt. Die Entscheidung wurde am 13. Juni 2012 mit der Vollstreckungsklausel versehen.
Am 18. Juni 2012 legte die Arbeitgeberin unter anderem Erinnerung gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel ein, welche vom Arbeitsgericht mit Beschluss vom 19. Juni 2012 zurückgewiesen wurde. Nach Zustellung dieses Beschlusses am 25. Juni 2012 erhob die Arbeitgeberin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten am 9. Juli 2012 eine sofortige Beschwerde.
Zur Begründung führte die Arbeitgeberin aus, dass der Titel weder rechtskräftig noch vorläufig vollstreckbar sei. Denn die vorläufige Vollstreckbarkeit sei nicht ausdrücklich vom Gericht ausgesprochen worden, was jedoch erforderlich sei. Denn anders als im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren seien nicht alle Beschlüsse im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren vorläufig vollstreckbar, sondern nur diejenigen, die eine vermögensrechtliche Angelegenheit betreffen würden. Ob es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit handele, könne nicht dem Vollstreckungsorgan überlassen werden. Eine solche Tenorierung sei nicht nur in Zweifelsfällen, sondern generell Voraussetzung eines der Vollstreckung zugänglichen Titels. Ohne Tenorierung der vorläufigen Vollstreckbarkeit entstehe die Vollstreckbarkeit erst mit Rechtskraft der Entscheidung.
Jedenfalls mache der Berichtigungsbeschluss vom 26. Juni 2012 die nur für den Beschluss vom 22. Mai 2012 erteilte Vollstreckungsklausel unwirksam. Da die vollstreckbare Ausfertigung nicht den vollständigen Tenor enthalte, bestehe auch insoweit keine Vollstreckungsreife des Titels.
Mit Beschluss vom 10. Juli 2012 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen, da es sich bei der Ansicht der Arbeitgeberin in einer eindeutig vermögensrechtlichen Angelegenheit lediglich um eine unnötige Förmelei handele.
II. 1. Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte, mithin zulässige sofortige Beschwerde (§§ 85 Abs. 1 Satz 3, 78 Satz 1 ArbGG, 567 ff., 793 ZPO) hat keinen Erfolg.
2. Die Beschwerden sind nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die erteilte Vollstreckungsklausel für wirksam angesehen.
3. Nach § 85 Abs. 1 Satz 2 ArbGG sind Beschlüsse in vermögensrechtlichen Angelegenheiten auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren vorläufig vollstreckbar. Dass es sich bei dem Gegenstand des Beschlusses vom 22. Mai 2012 um einen vermögensrechtlichen handelt, ist offensichtlich. Denn die Arbeitgeberin wird verpflichtet, bestimmte Zahlungen an einen Seminarveranstalter zu zahlen.
Dass der Beschluss am 26. Juni 2012 dahin berichtigt worden ist, dass neben den tenorierten Teilen andere Teile vom Gericht zurückgewiesen worden waren, ändert daran nichts. Denn der Berichtigungsbeschluss änderte weder an den tenorierten Teilen der Entscheidung noch an den für die Vollstreckung maßgeblichen Schuldnern und Gläubigern etwas. Deshalb ist die erteilte Vollstreckungsklausel nach wie vor wirksam (in diesem Sinne auch BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - V ZB 84/10).
4. Einer ausdrücklichen Tenorierung bedarf die vorläufige Vollstreckbarkeit angesichts ihrer gesetzlichen Anordnung nicht, selbst wenn aus dem Tenor nicht immer ersichtlich ist, ob die eine Verpflichtung aussprechende Entscheidung in einer vermögensrechtlichen Streitigke...