Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert für Zustimmungsersetzungsverfahren um Eingruppierung eines Arbeitnehmers nach Maßgabe des Einzelfalls
Leitsatz (amtlich)
Der Wert eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG, in dem es um die Eingruppierung eines Arbeitnehmers geht, bestimmt sich nicht nach der für ein Vierteljahr geschuldeten Entgeltdifferenz.
Normenkette
RVG §§ 23, 23 Abs. 3 S. 2; ZPO § 3; GKG § 42 Abs. 2 S. 2; BetrVG § 99 Abs. 1, 4
Verfahrensgang
ArbG Cottbus (Entscheidung vom 07.05.2014; Aktenzeichen 4 BV 3/14) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Cottbus vom 07.05.2014 - 4 BV 3/14 - teilweise geändert:
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung auf 1.250,00 EUR festgesetzt.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde auf Kosten des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerde hat nur zum Teil Erfolg.
1. Der Streit der Betriebsparteien über die Zustimmung des Betriebsrats zu einer personellen Einzelmaßnahme i.S.d. § 99 Abs. 1 BetrVG stellt eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit dar, die gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zu bewerten ist. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Umfang und die - auch wirtschaftliche - Bedeutung der Sache zu berücksichtigen.
2. Ist eine Ein- oder Umgruppierung Gegenstand des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG, wird der Wert des Verfahrens von einigen Landesarbeitsgerichten unter Berücksichtigung des § 42 Abs. 2 Satz 2 GKG bestimmt und - mit verschieden hohen Abschlägen - der dreijährige Unterschiedsbetrag zur begehrten Vergütung für maßgebend gehalten (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. Juli 2008 - 1 Ta 116/08 - juris; LAG Köln, Beschluss vom 19. März 2008 - 10 Ta 43/08 - AE 2009, 89; LAG Hamm, Beschluss vom 24. September 2007 - 10 Ta 523/07 - juris). Es sei die wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens für den Arbeitnehmer, um dessen Ein- bzw. Umgruppierung es gehe, zu berücksichtigen, zumal der Arbeitnehmer sich bei einem Individualstreit um seinen Vergütungsanspruch auf die gerichtliche Entscheidung im Zustimmungsersetzungsverfahren berufen könne.
3. Die Beschwerdekammer folgt dieser Auffassung weiterhin nicht (so bereits LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09.10.2009 - 17 Ta (Kost) 6073/09). Mit einer an § 42 Abs. 2 Satz 2 GKG orientierten Wertfestsetzung werden die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitnehmers in den Vordergrund gestellt, obwohl diese von dem Betriebsrat nicht verfolgt werden. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen soll gewährleisten, dass der betroffene Arbeitnehmer der zutreffenden Vergütungsgruppe zugeordnet wird. Dies dient vor allem der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und der Transparenz der betrieblichen Vergütungspraxis; dass der Arbeitnehmer seine individuellen Vergütungsansprüche ggf. auf den Ausgang des Zustimmungsersetzungsverfahrens stützen kann (vgl. hierzu BAG, Beschluss vom 3. Mai 1994 - 1 ABR 58/93 - AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung), ist Folge, aber nicht Gegenstand des zu bewertenden Verfahrens. Welcher Wert der Durchsetzung einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung beizumessen ist, hängt nicht ausschließlich von der im Einzelfall ggf. eintretenden Entgeltdifferenz ab. Der Gesichtspunkt der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit ist nicht mehr oder weniger gewichtig, nur weil der betroffene Arbeitnehmer bei der von dem Betriebsrat für richtig gehaltenen Ein- oder Umgruppierung eine höhere oder geringere Vergütungsdifferenz beanspruchen könnte. Im Übrigen ist es auch nicht ausgeschlossen, dass der Betriebsrat im Interesse der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit einer Ein- oder Umgruppierung widerspricht, weil der Arbeitnehmer seiner Auffassung nach einer tieferen Vergütungsgruppe zuzuordnen ist; der Wert des Zustimmungsersetzungsverfahrens kann sich dann erst recht nicht nach dem wirtschaftlichen Interesse des betroffenen Arbeitnehmers richten. Dies bedeutet nicht, dass die Höhe der Entgeltdifferenz für die Bestimmung des Verfahrenswertes ohne Belang ist; sie kann nur nicht alleiniger Anknüpfungspunkt für die Wertfestsetzung sein.
4. Es ist im vorliegenden Fall angemessen, das Verfahren mit ¼ des Hilfswerts des Verfahrens zu bemessen, während sich der mit der Beschwerde verfolgte weitere Wertansatz als unbegründet erweist. Das Verfahren betraf einen Zeitraum von lediglich sechs Monaten, während die anschließende Höhergruppierung des Arbeitnehmers nicht umstritten war. Dass das Verfahren über den konkreten Einzelfall hinaus Auswirkungen für sonstige Eingruppierungen hatte, ist nicht erkennbar; auch sonst liegen keine Umstände vor, die eine höhere Bewertung rechtfertigen könnte. Soweit der Beschwerdeführer auf eine "herausragende und exemplarische Bedeutung" der Angelegenheit hinweist, erschließt sich die Berechtigung dieser Annahme der Beschwerdekammer nicht. Der Vergleich...