Entscheidungsstichwort (Thema)
Ende der Schwerbehindertenvertretung bei Wegfall des Dienststellenteils. Kein Amt für gewählte Vertrauensperson nach Ende des Dienststellenteils aufgrund eines Verselbstständigungsbeschlusses. Keine Fortdauer der Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung
Leitsatz (amtlich)
Endet mit der Amtsperiode des Personalrats die auf der Grundlage eines Verselbständigungsbeschlusses gemäß § 7 Abs. 3 BPersVG fingierte Selbständigkeit eines Dienststellenteils oder einer Nebenstelle, endet auch die Amtszeit der für den Dienststellenteil oder die Nebenstelle gewählten Schwerbehindertenvertretung.
Dies folgt aus der Regelung in § 177 Abs. 7 Satz 3 SGB IX, wonach das Amt vorzeitig erlischt, wenn die Vertrauensperson ihre Wählbarkeit verliert.
Mit dem Ende der Wirkungen des Verselbständigungsbeschlusses und damit der fingierten Dienststelleneigenschaft gehört die gewählte Vertrauensperson nicht mehr der zuvor verselbständigten Dienstelle an, für die sie gewählt worden ist.
Normenkette
BPersVG § 7; SGB IX § 177 Abs. 7; BPersVG § 29 Abs. 3; BetrVG § 8 Abs. 1 S. 1, § 24 Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 05.01.2021; Aktenzeichen 3 BV 17/20) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 05. Januar 2021 - 3 BV 17/20 - wird als unbegründet zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass deren Antrag zu 1. als unbegründet, deren Antrag zu 2. als unzulässig abgewiesen wird.
II. Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligte zu 1. zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Fortdauer der Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung.
Der zu 2 beteiligte Arbeitgeber ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat. Er unterhält 23 Standorte, darunter den Hauptsitz in Köln. Bei dem Arbeitgeber ist die zu 3 beteiligte Schwerbehindertenvertretung mit Sitz ebenfalls in Köln gebildet (SBV Köln). Zu 1 beteiligt ist die Schwerbehindertenvertretung, die für den Standort in Strausberg gewählt worden ist (SBV Strausberg). Beteiligte zu 4 ist die für den Standort Strausberg gewählte Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen (Vertrauensperson).
Am Standort Strausberg war für die Amtsperiode bis Ende April 2020 ein Personalrat gebildet. Grundlage hierfür war ein Verselbständigungsbeschluss auf der Grundlage von § 6 Abs. 3 Bundespersonalvertretungsgesetz alte Fassung (BPersVG aF., jetzt § 7 BPersVG in der Fassung des zum 15. Juni 2021 in Kraft getretenen: "Gesetz zur Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes", BGBl. I, S. 1614). Danach gelten räumlich weit entfernt liegende Nebenstellen und Teile einer Dienststelle für die folgende Wahl und die Amtszeit der aus ihr hervorgehenden Personalvertretung als selbständige Dienststellen, wenn die Mehrheit ihrer wahlberechtigten Beschäftigten dies in geheimer Abstimmung beschließt.
Am 9. Oktober 2018 wurde am Standort Strausberg eine Schwerbehindertenvertretung und die Beteiligte zu 4 als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen gewählt. Zur Wahrnehmung der Aufgaben stellte der Arbeitgeber die Vertrauensperson von der beruflichen Tätigkeit im Umfang von 10 % der Arbeitszeit frei.
In der Personalversammlung am 14. November 2019 kam ein erneuter Beschluss über die personalvertretungsrechtliche Verselbständigung des Standorts Strausberg nicht mit der dafür gemäß § 6 Abs. 3 BPersVG aF. erforderlichen Mehrheit zu Stande. In der Folge nahmen die Beschäftigten des Standorts Strausberg an der Wahl des Personalrats bei dem Arbeitgeber teil. Seit dem 1. Mai 2020 besteht für den Standort Strausberg kein örtlicher Personalrat mehr und der Arbeitgeber beteiligt die SBV Strausberg nicht mehr.
Mit Schreiben vom 21. Juli 2020 teilte der Arbeitgeber der Vertrauensperson mit, dass der Standort Strausberg seine Dienststelleneigenschaft verloren habe, sodass die Funktion der örtlichen Schwerbehindertenvertretung erloschen sei. Der Standort werde durch die SBV Köln vertreten. Infolgedessen werde die Freistellung zum 1. August 2020 aufgehoben.
Mit Antragsschrift an das Arbeitsgericht, dort eingegangen am 23. September 2020, hat die SBV Strausberg ihren Fortbestand sowie die Fortgeltung der Freistellung geltend gemacht. Ein vorzeitiges Ende ihrer vierjährigen Amtszeit sei nicht eingetreten. Hierfür seien die im Gesetz abschließend geregelten Voraussetzungen nicht erfüllt. Es liege kein Fall der Auflösung, Eingliederung, Zusammenlegung oder Ausgründung der Dienststelle vor, wie sie zu einem vorzeitigen Ende der Amtszeit führen könnten. Die Dienststelleneigenschaft müsse nur im Wahlzeitpunkt gegeben sein. Die Schutzbedürftigkeit der vertretenen Personen habe nicht dadurch geendet, dass die Voraussetzungen für die Neuwahl des örtlichen Personalrats nicht mehr gegeben seien. Zu berücksichtigen sei, dass bei einem Erlöschen der SBV Strausberg die dortigen schwerbehinderten Beschäftigten es hin...