Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung. beendetes Arbeitsverhältnis. PKH

 

Leitsatz (amtlich)

Auch im beendeten Arbeitsverhältnis kann einer Klage auf Entfernung einer Abmahnung nicht von vornherein die Erfolgsaussicht abgesprochen werden. Eine Ausschlussklausel, die auf das Entstehen eines Anspruchs abstellt, ist intransparent und unwirksam.

 

Normenkette

BGB § 307; GewO § 108; BGB § 241; ZPO § 114

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 08.06.2011; Aktenzeichen 38 Ca 1106/11)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 17. Juni 2011 wird der Beschluss des Arbeitsgerichtes Berlin vom 8. Juni 2011 – 38 Ca 1106/11 – teilweise abgeändert. Dem Kläger wird auch Prozesskostenhilfe

  • • für die Klage auf Entfernung der Abmahnung vom 27.12.2010 aus der bei der Beklagten geführten Personalakte
  • • für die beabsichtigte Vergütungsklage für die Monate November und Dezember 2010 in Höhe von 1.753,64 EUR brutto abzüglich für diesen Zeitraum erhaltener 826,94 EUR netto
  • • für die Vergütungsabrechnungen für die Monate September 2010 bis Februar 2011

mit der Maßgabe bewilligt, dass hinsichtlich der Prozesskosten vorläufig kein eigener Beitrag zu leisten ist.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

3. Gegen diesen Beschluss ist für die Parteien kein Rechtsmittel gegeben.

 

Tatbestand

I.

1.

Der Kläger ist 26 Jahre alt, ledig und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 10.9.2010 (Bl. 4-7 d.A.) stand der Kläger auf unbestimmte Zeit seit diesem Tage in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten. Unter der Überschrift „Aufgaben” war vereinbart:

(1) Das Aufgabengebiet des Mitarbeiters umfasst insbesondere:

  • das Ausliefern von Zeitungen, Zeitschriften sowie anderen Transportgütern.

(2) Der Arbeitnehmer wird mit allen einschlägigen Arbeiten nach näherer Anweisung der Arbeitgeber beschäftigt. Er ist verpflichtet, auch andere zumutbare Tätigkeiten zu verrichten.

Eine bestimmte Arbeitszeit wurde nicht vereinbart. Insoweit war unter der Überschrift „Arbeitszeit” im Arbeitsvertrag lediglich vereinbart:

(1) Vereinbart ist eine Sechs-Tage- Arbeitswoche.

(2) Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie die Pausenregelung richten sich nach den Erfordernissen der Aufgabenstellung.

Unter der Überschrift „Vergütung” war vereinbart:

(1) Der Arbeitnehmer erhält eine Brutto-Monatsvergütung in Höhe von 480,00 EUR.

(2) Die Vergütung ist jeweils ab dem 15. des darauf folgenden Monats fällig und wird dem Arbeitnehmer auf das Konto … überwiesen.

Weiter war in dem Arbeitsvertrag eine Probezeit von sechs Monaten sowie innerhalb der Probezeit eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum Monatsende geregelt sowie unter der Überschrift „Ausschlussfrist für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis” vereinbart:

Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten seit dem Entstehen gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden.

Unter der Überschrift „Änderungen und Ergänzungen” vereinbarten die Parteien:

Mündliche Nebenabsprachen sind nicht getroffen. Änderungen und Ergänzungen sowie die ganze oder teilweise Aufhebung dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

2.

Mit am 21.1.2011 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangener Klage vom 20.1.2011 begehrt der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit einer dem Kläger am 5.1.2011 zugegangenen außerordentlichen, fristlosen Kündigung der Beklagten vom 3.1.2011 (Bl. 8 d.A.). Zugleich beantragte der Kläger Prozesskostenhilfe für das Verfahren I. Instanz sowie die Beiordnung von Rechtsanwalt K. F.. Mit am 17.2.2011 eingegangenem Schriftsatz vom 15.2.2011 übersandte der Kläger die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Im Gütetermin am 8.3.2011 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe in vollem Umfang unter Beiordnung der Rechtsanwälte F. und M. ab Antragstellung mit der Maßgabe bewilligt, dass hinsichtlich der Prozesskosten kein eigener Beitrag zu leisten sei.

Der Gütetermin endete mit der Anberaumung eines Kammertermins am 19.5.2011 sowie Auflagen an die Parteien. Dabei wies das Arbeitsgericht darauf hin, dass nach seiner Ansicht das Arbeitsverhältnis jedenfalls innerhalb der Probezeit fristgemäß zum 28.2.2011 geendet habe und Gründe für eine fristlose Kündigung derzeit nicht gesehen würden.

Mit am 4.3.2011 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tage führte die Beklagte eine dem Kläger unter dem 27.12.2010 erteilte Abmahnung wegen Unpünktlichkeit in das Verfahren ein. Mit am 8.4.2011 eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tage erhob die anwaltlich vertretene Beklagte Widerklage und begehrte die Verurteilung des Klägers, einen Fahrzeugschlüssel mit Fernbedienung für ein durch das amtliche Kennzeichen bestimmte Fahrzeug herauszugeben.

Im Kammertermin am 19.5.2011 schlossen die Parteien einen widerruflichen Vergleich, der von der Beklagten innerhalb der Widerrufsfrist am 1.6.2011 widerru...

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