Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung. Arbeitsverhältnis. Beendigung. Unbegründete Klage auf Entfernung einer Abmahnung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei unsubstantiierten Darlegungen zum Rechtsschutzbedürfnis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin kann auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Rechte und Pflichten begründen; die Abwägung der beiderseitigen Interessen führt jedoch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig zu dem Ergebnis, dass dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte nicht mehr zusteht.

2. Etwas anderes kann dann gelten, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Abmahnung dem Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden kann; dafür ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig.

 

Normenkette

BGB § 314 Abs. 2, §§ 242, 1004, 611 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 11.07.2012; Aktenzeichen 4 Ca 693/12)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 11.07.2012 - AZ: 4 Ca 693/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren noch über einen Anspruch des Klägers auf Entfernung einer Abmahnung aus seiner Personalakte.

Der Kläger war seit 2010 bei der Beklagten als Abteilungsleiter beschäftigt. Mit Schreiben vom 12.03.2012 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung, hinsichtlich deren Inhalts auf Bl. 13 d.A. Bezug genommen wird, und kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 13.03.2012 ordentlich zum 15.04.2012.

Der Kläger hat beantragt,

  • 1.

    festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 13.03.2012 nicht mit dem 15.04.2012 sein Ende finden wird, sondern darüber hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;

  • 2.

    die Beklagte weiter zu verurteilen, die Abmahnung vom 12.03.2012 aus der Personalakte zu entfernen und an den dortigen Vorwürfen nicht festzuhalten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 11.07.2012 (Bl. 49-51 d.A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 11.07.2012 insgesamt abgewiesen und in den Entscheidungsgründen u.a. ausgeführt, bezüglich der begehrten Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte habe der Kläger kein rechtlich geschütztes Interesse mehr, da das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 13.03.2012 zum 15.04.2012 geendet habe.

Gegen das ihm am 23.07.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.08.2012 Berufung eingelegt und diese am Montag, dem 24.09.2012 begründet.

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts bestehe seinerseits nach wie vor ein rechtlich geschütztes Interesse daran, dass das Abmahnungsschreiben aus seiner Personalakte entfernt werde. Nach der Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes durch das Gesetz zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften vom 14.08.2009 bestehe ein besonderes Rechtsschutzinteresse für das Löschen personenbezogener Daten. Dies gelte, wie sich aus der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 18.07.2011 - 10 Ta 1325/11 - ergebe, auch bezüglich unberechtigter Abmahnungen. Auch habe das BAG in seiner Entscheidung vom 16.11.2010 - 9 AZR 573/09 - auf die besonderen Rücksichtnahmepflichten im Hinblick auf die Ausstrahlungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hingewiesen und klargestellt, dass insoweit keine unrichtigen Daten, auch über den bereits entlassenen Arbeitnehmer, aufbewahrt werden dürften.

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf dessen Berufungsbegründungsschrift vom 21.09.2012 (Bl. 70 f. d.A.) sowie auf den Schriftsatz des Klägers vom 05.11.2012 (Bl. 94 f. d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 12.03.2012 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigte das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 26.10.2012 (Bl. 86-88 d.A.), auf die Bezug genommen wird.

 

Entscheidungsgründe

I. Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1. Die Klage ist zulässig. Ihr fehlt insbesondere - trotz zwischenzeitlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses - nicht das für jede Klage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (BAG v. 14.09.1994 - 5 AZR 632/93 - AP Nr. 13 zu § 611 BGB Abmahnung).

2. Die Klage ist jedoch infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht begründet.

Es ist zwar anerkannt, dass die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers auch noch nach Beendigung des...

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