Entscheidungsstichwort (Thema)

Wertfestsetzung bei Erledigung eines arbeitsgerichtlichen Rechtsstreits durch Vergleich. Sachnähere Wertfestsetzung nach § 33 RVG für die Berechnung von Rechtsanwaltsgebühren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Erledigt sich ein arbeitsgerichtlicher Rechtsstreit durch gerichtlichen Vergleich, richtet sich die Wertfestsetzung nach § 33 RVG (ständ. Rspr. der Kostenkammern des LAG Berlin-Brandenburg, zB 10. Juli 2017 - 17 Ta (Kost) 6030/17, Rn. 5; so ua auch Hessisches LAG - 1 Ta 483/10; LAG Rheinland-Pfalz 4. Juni 2012 - 1 Ta 104/12, Rn. 7; LAG Sachsen-Anhalt 15. März 2004 - 11 Ta 35/04, Rn. 11; LAG Schleswig-Holstein 15. Dezember 2011 - 6 Ta 198/11, Rn. 18; LAG Hamburg 26. Januar 2016 - 6 Ta 29/15, Rn. 8; Schwab/Maatje NZA 2011,769 ff., 771; aA heute zB noch LAG Düsseldorf 19. März 2018 - 4 Ta 466/17, Rn. 4; LAG Baden-Württemberg 13. Januar 2016 - 5 Ta 93/15, Rn. 9, allerdings unter Anwendung des § 33 RVG für die Verhandlung von nicht rechtshängigen Gegenständen, über die kein Vergleich zustande gekommen ist unter Aufgabe seiner früheren Rspr., zB 25. Juli 2011 - 5 Ta 77/11).

2. Sind Gerichtsgebühren nicht (mehr) zu erheben, fehlt ein Anlass für diese Wertfestsetzung. Dem Interesse des Rechtsanwalts, seine Gebühren berechnen zu können, wird durch die sachnähere Wertfestsetzung nach § 33 RVG ausreichend Rechnung getragen, bei der es allein um die anwaltliche Vergütung geht.

 

Normenkette

RVG § 33; GKG §§ 63, 68

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 30.03.2019; Aktenzeichen 44 Ca 12877/18)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 30. März 2019 - 44 Ca 12877/18 - wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich mit der Beschwerde gegen die Festsetzung eines Betrags für eine im Vergleich geregelte Freistellung. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde am 5. Juni 2019 nicht abgeholfen und die Nichtabhilfe hinsichtlich des Vergleichsmehrwerts damit begründet, dass die Klägerin keinen Freistellungsanspruch hatte und die Beklagte die Klägerin nicht hätte grundlos freistellen können.

II.

Die am 3. Mai 2019 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangene Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 30. März 2019, zugestellt am 27. März 2019, der das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 5. Juni 2019 nicht abgeholfen hat, ist bereits unzulässig.

1) Die Klägerin hat die für die Beschwerde maßgebliche Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG von zwei Wochen nicht gewahrt.

a) Erledigt sich ein arbeitsgerichtlicher Rechtsstreit durch gerichtlichen Vergleich, richtet sich die Wertfestsetzung nach § 33 RVG (ständ. Rspr. der Kostenkammern des LAG Berlin-Brandenburg, zB 10. Juli 2017 - 17 Ta (Kost) 6030/17, Rn. 5; so ua auch Hessisches LAG - 1 Ta 483/10; LAG Rheinland-Pfalz 4. Juni 2012 - 1 Ta 104/12, Rn. 7; LAG Sachsen-Anhalt 15. März 2004 - 11 Ta 35/04, Rn. 11; LAG Schleswig-Holstein 15. Dezember 2011 - 6 Ta 198/11, Rn. 18; LAG Hamburg 26. Januar 2016 - 6 Ta 29/15, Rn. 8; Schwab/Maatje NZA 2011,769 ff., 771; aA heute zB noch LAG Düsseldorf 19. März 2018 - 4 Ta 466/17, Rn. 4; LAG Baden-Württemberg 13. Januar 2016 - 5 Ta 93/15, Rn. 9, allerdings unter Anwendung des § 33 RVG für die Verhandlung von nicht rechtshängigen Gegenständen, über die kein Vergleich zustande gekommen ist unter Aufgabe seiner früheren Rspr., zB 25. Juli 2011 - 5 Ta 77/11).

b) Die Beschwerdekammer folgt weiterhin der Auffassung, dass nach Abschluss eines Vergleichs § 33 RVG Anwendung findet. Die Streitwertfestsetzung nach § 63 GKG dient vor allem dem Zweck, die Höhe der Gerichtsgebühren zu bestimmen. Sind Gerichtsgebühren nicht (mehr) zu erheben, fehlt ein Anlass für diese Wertfestsetzung. Dem Interesse des Rechtsanwalts, seine Gebühren berechnen zu können, wird durch die sachnähere Wertfestsetzung nach § 33 RVG ausreichend Rechnung getragen, bei der es allein um die anwaltliche Vergütung geht. Dass eine Streitwertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG für die anwaltliche Vergütung nach § 32 Abs. 1 RVG bindend sein kann, ändert nichts daran, dass das Streitwertfestsetzungsverfahren "für die Gerichtsgebühren" erfolgt und bei einem Wegfall der Gerichtsgebühren ohne Gegenstand ist (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 10. Juli 2017 - 17 Ta (Kost) 6030/17, Rn. 5; eingehend LAG Schleswig-Holstein 15.12.2011 - 6 Ta 198/11).

2) Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert demgemäß zutreffend nach § 33 RVG festgesetzt und den Beschluss mit einer ebenfalls zutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehen. Nach § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird. Das war hier nicht der Fall.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 33 Abs. 9 RVG. Eine Gebühr ist angefallen.

IV.

Die Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 13298861

FA 2019, 317

EzA-SD 2020, 16

AGS 2020, 519

ArbR 2019, 452

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