Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung eines höheren Gegenstandswerts für einen Kündigungsschutzantrag unter Berücksichtigung der Virtuellen Optionen
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei virtuellen Optionen handelt es sich um die Einräumung von Chancen. Ob es jemals zu einem Zufluss kommt, ist nach den Optionsbedingungen ungewiss. Zudem fehlt es ihnen an der Fungibilität. 2. Jedenfalls in der vorliegenden Konstellation haben die virtuellen Optionen kostenrechtlich keinen Einfluss auf den Gegenstandswert für den Kündigungsschutzantrag. Es besteht kein kostenrechtlich relevanter Bezug der individuellen Leistungen des Arbeitnehmers zu den mit den virtuellen Optionen verbundenen Chancen.
Normenkette
RVG § 33 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 01.11.2023; Aktenzeichen 20 Ca 8207/23) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägervertreter gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 1. November 2023 - 20 Ca 8207/23 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Klägervertreter machen mit der Beschwerde die Festsetzung eines höheren Gegenstandswerts für einen Kündigungsschutzantrag mit der Begründung geltend, die Kläger habe neben der Vergütung in Höhe von 9.583,33 Euro brutto Virtuelle Optionen erhalten.
Der Kläger hat sich mit der streitgegenständlichen Klage gegen eine ordentliche Kündigung vom 14. Juli 2023 zum 31. Oktober 2023 zur Wehr gesetzt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien begann im 13. Mai 2019. Ab Mai 2020 nahm der Kläger an einem "Virtuellen Optionsprogramm" teil. Dadurch sollte ein auf eine Beteiligung am Eigenkapital der Gesellschaft gerichtetes Optionsprogramm nachgebildet werden. Dem Kläger sind in diesem Zusammenhang 420 sogenannte "Virtuelle Optionen"übertragen worden, die im Wege eines Vestings über 48 Monate angespart werden mussten. Diese entsprachen zum Zeitpunkt der Vereinbarung einem Strike-Preis in Höhe von 34.209 Euro (je 81,45 Euro). Der Ansparzeitraum von 48 Monaten begann am 1. Mai 2020 und hätte am 30. April 2024 geendet. Der Kläger erhielt zuletzt eine Vergütung in Höhe von 9.583,33 Euro brutto.
In den Optionsbedingungen heißt es ua.:
"1 ...Die Virtuellen Optionen werden dem Optionsberechtigten als Anreiz für Engagement und Kommittment für die künftige Tätigkeit gewährt und explizit nicht als Vergütung für in der Vergangenheit liegende Tätigkeiten. Dies ist der Grund, warum der jeweilige Optionsberechtigte nicht sofort aus allen zugeteilten Virtuellen Optionen berechtigt ist, ...
...
2.4 Der Optionsberechtigte hat kein Entgelt für die Gewährung der Virtuellen Optionen zu leisten. Jedoch sollen die Virtuellen Optionen bei Ausgabe mit einem bestimmten Basispreis (...) versehen werden. Dieser Basispreis ist bei der Berechnung des jeweiligen Anspruchs nach Ziffer 7. In Abzug zu bringen...
...
3.2 Der Ansparzeitraum beträgt 48 Monate. Der Ansparzeitraum beginnt mit dem Zuteilungstag. Innerhalb des Ansparzeitraums werden die Virtuellen Optionen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen, vorbehaltlich nachfolgender Ziffer 4, unverfallbar.
Jeweils 1/48 der gewährten virtuellen Optionen wird mit dem Ablauf jeden Monats ab Beginn des Ansparzeitraums angespart. Mit Ablauf des Ansparzeitraums sind die Virtuellen Optionen vollständig angespart. Sollte es jedoch innerhalb der ersten 12 Monate nach dem Zuteilungstag zu einem Verfallsereignis nach Ziffer 4 kommen, so gelten alle Optionen als verfallen (das "Cliff").
3.3 Ein Ansparen nach Ziffer 3.2 findet nicht statt in Zeiträumen, in welchen das Dienst- und Arbeitsverhältnis zwischen dem Optionsberechtigten und der Gesellschaft bzw. die organschaftliche Stellung des jeweiligen Optionsberechtigten ohne Leistung eines Entgelts seitens der Gesellschaft suspendiert ist oder derBerater zur Erbringung der Beratungsleistung nicht in der Lage ist (...).
...
3.4 Falls ein Ausübungsereignis (wie nachstehend definiert) vor dem Ende des Ansparzeitraums eintritt, werden 100 % der Virtuellen Optionen, die nach diesem Abschnitt 3 noch nicht angespart sind, sofort angespart. Satz 1 gilt nur, soweit der Berechtigte zum Zeitpunkt des Ausübungsereignisses noch Geschäftsführer, Beiratsmitglied der Gesellschaft oder eines mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmens (im Sinne von Art. 15 AktG) ist oder der Berechtigte ein sonstiger Berater der Gesellschaft ist.
...
4 Verfallbestimmungen
Die Virtuellen Optionen können verfallen nach Maßgabe dieser Ziffer 4:
4.1 Virtuelle Optionen, die noch nicht gemäß Ziffer 3 unverfallbar geworden sind, verfallen ersatz- und entschädigungslos, wenn das Dienst- bzw. Beratungsverhältnis oder die organschaftliche Stellung des Optionsberechtigten vor Eintritt eines Ausübungsereignisses endet bzw. auf unbestimmte Zeit ausgesetzt wird. Der Grund für die Aussetzung ist hierfür gleichgültig (einschließlich wegen dauerhafter Berufsunfähigkeit oder Tod). Im Falle der Kündigung des Dienst- bzw. Arbeitsverhältnisses oder Beratungsverhältnisses ist insoweit der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung maßgeblich...
4.2 Virtuelle Optionen, die bereits gemäß Ziffer 3 ...