Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe bei Kostendeckung durch Rechtsschutzversicherung in Höhe der Beauftragung eines am Ort des zuständigen Gerichtes ansässigen Rechtsanwalts. Unbegründete Versagung der Beiordnung des außerhalb des Gerichtsbezirks des Arbeitsgerichts ansässigen Prozessbevollmächtigten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung schließt die Bedürftigkeit einer Partei nur aus, soweit die Kosten der Rechtsverfolgung von der Versicherung gedeckt sind. Hat die Rechtsschutzversicherung keine Deckungszusage erteilt, reicht die Deckungssumme nicht aus, oder wird ein Teil der Kosten durch eine Selbstbeteiligung oder aus sonstigen Gründen durch die Versicherung nicht gedeckt, ist bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

2. Durch die Beiordnung eines nicht im Gerichtsbezirk ansässigen Prozessbevollmächtigten entstehen keine weiteren Fahrtkosten i. S. d. § 121 Abs. 3 ZPO, wenn der Sitz des Prozessbevollmächtigten nicht weiter vom Gerichtsort entfernt ist als der am weitesten entfernte, noch im Gerichtsbezirk liegende Ort. Gleiches gilt bezogen auf das Abwesenheitsgeld, wenn die Fahrtzeit nicht länger ist als die längste Fahrtzeit von einem im Gerichtsbezirk liegenden Ort.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 3, § 121 Abs. 3, § 114 S. 1, § 121 Abs. 2; ArbGG § 11a Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Eberswalde (Entscheidung vom 24.03.2014; Aktenzeichen 2 Ca 1060/13)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 24. März 2014 - 2 Ca 1060/13 - abgeändert:

Der Klägerin wird zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung der Rechte in der I. Instanz mit Wirkung ab dem 20. März 2014 Rechtsanwalt M. B. beschränkt auf Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld beigeordnet.

Die Beiordnung erfolgt mit der Maßgabe, dass hinsichtlich der Fahrtkosten und des Abwesenheitsgeldes vorläufig kein eigener Beitrag zu leisten ist.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die frühere Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Klägerin) wendet sich gegen die Versagung der Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten beschränkt auf dessen Reisekosten und Abwesenheitsgeld.

In dem dem Prozesskostenhilfeverfahren zugrundeliegenden Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Eberswalde über Arbeitsentgeltansprüche der Klägerin nach § 11 MuSchG aufgrund eines Beschäftigungsverbots während ihrer Schwangerschaft beantragte die rechtsschutzversicherte Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 23. Dezember 2013 zeitgleich mit der Klageerhebung die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten beschränkt auf dessen Reisekosten und Abwesenheitsgeld und kündigte an, die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachzureichen. Mit Schreiben vom 5. November 2011 (Bl. 10 d. PKH-Hefts) hatte die Rechtsschutzversicherung der Klägerin Deckungszusage nach den seit dem 1. Oktober 2009 gültigen Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung der ÖRAG erteilt. § 5 Abs. 1 dieser Allgemeinen Bedingungen lautet - soweit hier von Bedeutung - auszugsweise wie folgt:

"§ 5 Leistungsumfang

(1) Der Versicherer erbringt und vermittelt Dienstleistungen zur Wahrnehmung rechtlicher Interessen und trägt

a) bei Eintritt des Rechtsschutzfalles im Inland die Vergütung eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwaltes bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung eines am Ort des zuständigen Gerichtes ansässigen Rechtsanwaltes.

...

Wohnt der Versicherungsnehmer mehr als 100 km Luftlinie vom zuständigen Gericht entfernt und erfolgt eine gerichtliche Wahrnehmung seiner Interessen, trägt der Versicherer bei den Leistungsarten gemäß § 2 a) bis g) weitere Kosten für einen im Landgerichtsbezirk des Versicherungsnehmers ansässigen Rechtsanwalt bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung eines Rechtsanwaltes, der lediglich den Verkehr mit dem Prozessbevollmächtigten führt,

..."

In der Güteverhandlung am 20. März 2014 übereichte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin deren Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 13. Januar 2014 nebst Anlagen. Das Arbeitsgericht nahm die Erklärung unter Verweis darauf, dass der Prozesskostenhilfeantrag ohnehin negativ beschieden werde, nicht entgegen. Im Übrigen erging zwischenzeitlich rechtskräftiges Versäumnisurteil gegen die Beklagte und frühere Arbeitgeberin der Klägerin.

Mit Beschluss vom 24. März 2014 (Bl. 5 f. d. PKH-Hefts) wies das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfeantrag mit der Begründung zurück, durch die Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung habe die Klägerin Vermögen erlangt, welches sie einsetzen müsse. Dass die Versicherung die Fahrkosten und das Abwesenheitsgeld des Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht übernehme, ändere daran nichts. Gegen diesen der Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten am 31. März 2014 zugestellten Beschluss richtet sich die am 8. April 2014 beim Arbeitsgericht Eberswalde eingegangene sof...

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