Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenvorschussanspruch Volljähriger. Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Verpflichtung zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses besteht aber auch gegenüber volljährigen Kindern, wenn die Situation des bedürftigen volljährigen Kindes derjenigen eines unterhaltsberechtigten Ehegatten vergleichbar ist (Anschluss an BGH 23.03.2005 – XII ZB 13/05 – NJW 2005, 1722 = BGHReport 2005, 910, zu II 2 b der Gründe).
2. Bei Bestandsstreitigkeiten handelt es sich wegen der Bedeutung des Arbeitsverhältnisses für die Würde des Arbeitnehmers und seine Persönlichkeitsentfaltung (§ 242 BGB iVm. Art. 1 und 2 GG) um persönliche Angelegenheiten iSd entsprechend anzuwendenden § 1360a Abs. 4 BGB, die über den Streit im Rahmen eines bloßen schuldrechtlichen Austauschverhältnisses hinausweisen.
3. Kommt in Betracht, dass die Partei einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss hat, muss sie darlegen, dass der Vorschusspflichtige den Vorschuss nicht aufbringen kann oder warum es ihr nicht zuzumuten ist, den Vorschuss geltend zu machen (vgl. BGH 10. Juli 2008 – VII ZB 25/08 – NJW-RR 2008, 1531, zu II 3 b der Gründe).
4. Auf den Prozesskostenhilfevorschuss kann nur verwiesen werden, soweit der Anspruch alsbald realisierbar ist und soweit seine Durchsetzung zumutbar und nicht mit Rechtseinbußen verbunden ist. Keinem Hilfsbedürftigen ist zuzumuten, vor Beginn seines Rechtsstreits einen weiteren, unsicheren Prozess um den Prozesskostenvorschuss zu führen (vgl. BAG 5. April 2006 – 3 AZB 61/04 – AP Nr. 3 zu § 115 ZPO = NZA 2006, 694 = EzA § 115 ZPO 2002 Nr. 1, zu IV 3 der Gründe).
5. Bei der Berechnung des Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen sind auch Einmalzahlungen zu berücksichtigen. Diese sind auf das Jahr umzulegen. Maßgeblich ist das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen. Auch bei der Berechnung der Unterhaltsansprüche kommt es auf das gesamte Jahreseinkommen des Unterhaltspflichtigen an (vgl. BGH 30.07.2008 – XII ZR 126/06 – NJW 2008, 3635, zu II 3 a der Gründe; 25.06.2003 – XII ZR 63/00 – NJW-RR 2004, 217, zu 2 b der Gründe).
Normenkette
ZPO §§ 115, 127; BGB § 1360a Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 03.04.2009; Aktenzeichen 39 Ca 4671/09) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 3. April 2009 – 39 Ca 4671/09 – dahingehend abgeändert, dass die Bewilligung der Prozesskostenhilfe unter Zurückweisung des Antrags im Übrigen mit der Maßgabe erfolgt, dass der Kläger monatliche Raten in Höhe von 30 Euro, ab September 2009 in Höhe von 45 Euro zu leisten hat.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller (Kläger) wandte sich mit seiner Klage gegen die Wirksamkeit der Kündigung seines Ausbildungsverhältnisses. Am 27. März 2009 schlossen die Parteien in der Güteverhandlung einen Beendigungsvergleich, nachdem der Kläger zu seinem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse überreicht hatte. Daraus geht hervor, dass er über ein Einkommen in Höhe von 325,50 Euro netto (Krankengeld) verfügt und im Haushalt der Eltern lebt.
Am 3. April 2009 hat das Arbeitsgericht dem Kläger daraufhin Prozesskostenhilfe ohne Raten bewilligt. Hiergegen hat die Bezirksrevisorin am 14. April 2009 sofortige Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, der Kläger sei verpflichtet, sein Vermögen in Form des gegen seine Eltern bestehenden Anspruchs auf einen Prozesskostenvorschuss einzusetzen. Dieser Anspruch stehe auch volljährigen Kindern entsprechend § 1360a Abs. 4 BGB zu, solange die Kinder noch keine eigene Lebensstellung erreicht hätten. Bei Bestandsstreitigkeiten handele es sich um persönliche Angelegenheiten iSd. Vorschrift. Der Kläger habe in seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gerade auch angegeben, durch seine Eltern versorgt zu werden.
Mit Beschluss vom 20. April 2009 hat das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen, da die Eltern des Klägers zur Aufbringung der Prozesskosten nicht heranzuziehen seien.
Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger vor, er lebe im Haushalt seiner Mutter. Von seinem Vater erhalte er keine Unterhaltsleistungen, die Verfolgung des Anspruchs auf Prozesskostenvorschuss sei aussichtslos. Seine Mutter sei weder leistungsfähig noch entspreche ein Prozesskostenvorschuss der Billigkeit. Ihr verbleibe nach Abzug der monatlichen Fixausgaben lediglich ein Betrag in Höhe von 500 Euro im Monat. Der angemessene Selbstbehalt gegenüber volljährigen Kindern betrage aber 1.100 Euro. Der Stellungnahme fügt er eine Erklärung seiner Mutter über deren persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse bei. Bei Zugrundelegung der sich aus den Vergütungsabrechnungen ergebenden Beträge verfügt diese über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.765,46 Euro. Hinzu kommen Kindergeldzahlungen in Höhe von 164 Euro. Insgesamt ergibt sich ein Nettoeinkommen in H...