Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtswidrige Aufhebung eines bestandskräftigen Wertfestsetzungsbeschlusses bei Versäumung der Beschwerdefrist
Leitsatz (amtlich)
Die bestandskräftige Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 33 RVG kann nicht auf die nach Ablauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist eingelegte Beschwerde geändert werden, auch wenn eine Streitwertfestsetzung nach § 63 GKG hätte erfolgen müssen.
Normenkette
GKG § 63; RVG §§ 23, 33 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Cottbus (Entscheidung vom 09.03.2017; Aktenzeichen 2 Ca 1237/15) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Cottbus vom 09.03.2017 - 2 Ca 1237/15 - teilweise geändert:
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Cottbus vom 16.06.2016 - 2 Ca 1237/15 - wird als unzulässig verworfen.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers als unzulässig verworfen.
III. Die Gebühr Nr. 8614 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ist nicht zu erheben.
Gründe
I.
Das Arbeitsgericht hat in dem Ausgangsverfahren durch Urteil vom 04.05.2016 den zuletzt gestellten Anträgen des Klägers entsprochen und einen Urteilsstreitwert von 60.852,00 EUR festgesetzt. Die Beschwerdeführer haben mit Schriftsatz vom 13.05.2016 beantragt, "den Streitwert auf 178.112,27 EUR festzusetzen." Das Arbeitsgericht hat daraufhin mit Schreiben vom 27.05.2016 darauf hingewiesen, dass eine Streitwertfestsetzung zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung beantragt worden sei. Da sich der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit infolge einer geänderten Antragstellung im Termin der mündlichen Verhandlung nicht nach dem durch Urteil vom 04.05.2016 festgesetzten Streitwert richte, sei dieser ggf. durch Beschluss gesondert festzusetzen. Es sei beabsichtigt, den Gegenstandswert auf insgesamt 238.964,27 EUR festzusetzen. Die Beschwerdeführer baten daraufhin mit Schriftsatz vom 31.05.2016, "den Streitwert des Verfahrens durch Beschluss gemäß Streitwertabsichtserklärung vom 27.05.2016 festzusetzen."
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 16.06.2016 den "Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit und das Verfahren im Allgemeinen in Höhe eines Betrages von 238.964,27 EUR festgesetzt" und zur Begründung auf das gerichtliche Schreiben vom 27.05.2017 verwiesen. Es hat den Beschluss mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, wonach eine Beschwerde zulässig sei, "wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG)." Der Beschluss wurde dem Kläger am 21.06.2016 zugestellt.
Mit seiner am 15.12.2016 bei dem Arbeitsgericht eingelegten Beschwerde hat der Kläger sich gegen den Beschluss vom 16.06.2016 gewandt. Es liege eine Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren vor, so dass die sechsmonatige Beschwerdefrist (§ 68 Abs. 1, § 66 Abs. 3 GKG) gewahrt sei; der Streitwert betrage lediglich 128.939,60 EUR.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 09.03.2017 der Beschwerde des Klägers abgeholfen und den Beschluss vom 16.06.2016 aufgehoben sowie den "Gegenstandswert für das Verfahren im Allgemeinen gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG in Höhe eines Betrages von 60.852,00 EUR festgesetzt." Es hat den Beschluss mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, wonach eine Beschwerde bei einem Beschwerdewert von 200,00 EUR zulässig sei; die Beschwerde müsse innerhalb von einem Monat ab Zustellung der Entscheidung eingelegt werden.
Gegen diesen ihnen am 16.03.2017 zugestellten Beschluss richtet sich die am 13.04.2017 eingelegte Beschwerde der Beschwerdeführer. Sie halten die Beschwerde des Klägers für unzulässig, weil die Beschwerdefrist nicht gewahrt worden sei; auch habe das Arbeitsgericht zu Unrecht den zunächst festgesetzten Wert herabgesetzt.
Der Kläger hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Das Arbeitsgericht habe den Streitwert des gerichtlichen Verfahrens und nicht den Gegenstandswert festsetzen müssen. Eine Festsetzung des Gegenstandswerts ohne Festsetzungsantrag sei wirkungslos.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig, soweit sie sich gegen die Aufhebung des Beschlusses vom 16.06.2016 richtet. Sie wurde formgerecht eingelegt, § 569 Abs. 2 ZPO. Es ist ferner von der Einhaltung der Beschwerdefrist auszugehen. Dabei kann offenbleiben, ob für die Beschwerde im Grunde eine zweiwöchige Beschwerdefrist nach § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG galt, weil das Arbeitsgericht mit der angefochtenen Entscheidung eine Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren aufgehoben hat, oder ob eine einmonatige Beschwerdefrist nach § 68 Abs. 1 Satz 3, 2. Alt. GKG - wie im vorliegenden Fall geschehen - einzuhalten war. Denn im ersten Fall hätte das Arbeitsgericht den angefochtenen Beschluss mit einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung versehen, mit der Folge, dass gemäß § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG eine einjährige Beschwerdefrist, gerechnet ab Zustellung des Beschlusses, gilt; diese Frist haben die Beschwerdeführer ebenfalls gewahrt. Der nach § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG bzw. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG maßgebliche Beschwerdewert ...