Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit des ehemaligen Prozessbevollmächtigten
Leitsatz (amtlich)
Bei der Bewertung des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit eines ehemaligen Prozessbevollmächtigten sind von dem neuen Prozessbevollmächtigten gestellte Anträge ohne Bedeutung.
Normenkette
RVG § 33
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 17.07.2015; Aktenzeichen 36 Ca 318/15) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 17.07.2015 - 36 Ca 318/15 - teilweise geändert:
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit der Beschwerdeführer wird auf 6.000,00 EUR festgesetzt.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen.
III. Die Gebühr Nr. 8614 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz wird auf die Hälfte ermäßigt.
Gründe
Die Beschwerde ist teilweise begründet.
1. Die mit den Anträge zu 1. und 2. aus der Klageschrift, mit der sich der Kläger gegen die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 22.12.2015 gewandt hat, sind gemäß § 42 Abs. 2 GKG insgesamt mit dem Vierteljahresverdienst des Klägers von 6.000,00 EUR zu bewerten, während sich der weitergehende Wertansatz der Beschwerdeführer als unberechtigt erweist.
Richtet sich eine Kündigungsschutzklage gegen eine außerordentliche sowie vorsorglich ordentliche Kündigung, liegt nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer nur eine zu bewertende Bestandsstreitigkeit vor (vgl. hierzu nur LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07.06.2010 - 17 Ta (Kost) 6055/10). Es handelt sich zwar um zwei rechtlich voneinander unterscheidbare Willenserklärungen, deren Wirksamkeit unterschiedlich zu beurteilen sein kann. Mit einer derartigen außerordentlichen, vorsorglich ordentlichen Kündigung will der Erklärende jedoch lediglich sicherstellen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund des gleichen Lebenssachverhaltes jedenfalls mit dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sein Ende findet. Diese Fallgestaltung unterscheidet sich hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nicht von einem Fall, in dem der Arbeitgeber lediglich eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt, sich jedoch im Prozess gemäß § 140 BGB auf eine Umdeutung dieser Kündigung in eine ordentliche Kündigung beruft. Die gegen eine nur hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung gerichtete Klage ist deshalb nicht gesondert zu bewerten, sofern sie mit der gegen die außerordentliche Kündigung gerichteten Klage verbunden wird; dies entspricht im Übrigen den Empfehlungen der Streitwertkommission für die Arbeitsgerichtsbarkeit vom 09.07.2014 (NZA 2014, 745) an denen sich die Beschwerdekammer im Interesse einer einheitlichen Wertfestsetzung orientiert.
2. Der Wertansatz verringert sich entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht durch den Antrag zu 4. aus der Klageerweiterungsschrift vom 28.01.2015, mit dem sich der Kläger gegen die weitere Kündigung seines Arbeitsverhältnisses vom 20.01.2015 gewandt hat. In dem vorliegenden Festsetzungsverfahren war ausschließlich der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit der ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers zu bestimmen (§ 33 RVG). Diese Tätigkeit endete mit der Niederlegung des Mandats am 21.01.2015 und damit vor der genannten Klageerweiterung. Die von der neuen Prozessbevollmächtigten des Klägers erhobenen Anträge sind für die hier in Rede stehende Wertfestsetzung ohne Belang; eine Anrechnung der Werte aufgrund einer so genannten "wirtschaftlichen Identität" ist nicht statthaft. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit der Beschwerdeführer wird nicht durch die Tätigkeit einer anderen Prozessbevollmächtigten berührt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Gebühr Nr. 8614 der Anlage 1 zum GKG wurde auf die Hälfte ermäßigt, weil die Beschwerde teilweise erfolgreich war.
4. Die Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen
Haufe-Index 10481346 |
AGS 2015, 462 |
RVGreport 2015, 474 |