Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsgemäßheit des Zeugnisses nur mit Briefbogen. Keine Erfüllung des Zeugnisanspruchs bei fehlendem Briefkopf. Unterschriebenes Zeugnis auf Schreiben nur mit Firmenstempel unzureichend. Eindruck des Zeugnisses als Entwurf keine Anspruchserfüllung
Leitsatz (amtlich)
1. Wenn im Berufszweig der Schuldnerin üblicherweise im geschäftlichen Verkehr Firmenbögen/Briefköpfe verwandt werden und die Schuldnerin einen solchen besitzt und benutzt, ist ein Zeugnis nicht ordnungsgemäß ausgestellt, wenn es nur mit einer Unterschrift des Geschäftsführers versehen ist. Unter diesen Umständen wird ein Zeugnis auch nicht als ordnungsgemäß im vorbezeichneten Sinne ausgestellt angesehen, wenn es nur mit einem Firmenstempel und nicht mit dem Briefkopf der Schuldnerin versehen ist (vgl. BAG 3. März 1993 - 5 AZR 182/92, Rn. 13 bei juris).
2. Nicht ausreichend ist es zudem, wenn ein als Zeugnis bezeichnetes Schriftstück bei einem Dritten den Eindruck erwecken kann, der Arbeitgeber habe lediglich einen Zeugnisentwurf der Arbeitnehmerin unterzeichnet, ohne sich wirklich mit dem Inhalt der Erklärung zu identifizieren (vgl. BAG 3. März 1993 - 5 AZR 182/92, Rn. 14 bei juris). Gerade das war hier der Fall.
Normenkette
ZPO §§ 888, 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 09.10.2023; Aktenzeichen 42 Ca 9481/22) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Vollstreckungsschuldnerin gegen den Festsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 9. Oktober 2023 - 42 Ca 9481/22 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien haben über die Wirksamkeit einer Kündigung gestritten und im Kündigungsschutzprozess am 23. März 2023 einen Vergleich geschlossen. Darin haben sich die Parteien auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem 30. September 2022 geeinigt. Die Schuldnerin hat sich verpflichtet, der Gläubigerin unter dem Datum des 30. September 2022 ein Zeugnis zu erteilen. Die Gläubigerin soll danach berechtigt sein, einen Zeugnisentwurf zu übersenden, von dem die Schuldnerin nur aus wichtigem Grund abweichen dürfe. Die Beklagte hatte der Klägerin unter dem Datum des 15. Oktober 2022 bereits ein Zeugnis erstellt. Ein weiteres Zeugnis erstellte die Beklagte der Klägerin unter dem Datum des 15. Mai 2023 nach einem Entwurf der Klägerin. Darin heißt es ua: "i.A. des Arbeitsgerichts, Berlin 15.05.2023". In der letzten Zeile ist folgender Zusatz eingefügt: "(Zeugnis erstellt durch Rechtsanwältin A)". Das Schreiben ist nicht mit dem Briefkopf der Schuldnerin versehen.
Das Arbeitsgericht hat gegen die Schuldnerin mit Beschluss vom 9. Oktober 2023 ein Zwangsgeld festgesetzt und ersatzweise Zwangshaft angeordnet. Der Beschluss ist den Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin am 18. Oktober 2023 zugestellt worden. Die Schuldnerin hat gegen den Beschluss mit einem am 30. Oktober 2023 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass "nicht kommuniziert worden sei, warum das am 15. Oktober 2022 erstellte Arbeitszeugnis nicht qualifiziert und wohlwollend" sei. Es sei auch nicht kommuniziert worden, warum ein Zeugnis, erstellt von einer Rechtsanwältin qualifiziert sein soll."
Weiter heißt es in der Beschwerde, die durch den Geschäftsführer der Schuldnerin, einem "Facharzt für Urologie und Andrologie, zugleich Arzt für Medikamentöse Tumortherapie" eingereicht worden ist: "Dies ist nicht möglich, da die Rechtsanwältin nicht Arbeitgeberin der Frau B war. Es handelt sich somit nicht um ein Arbeitszeugnis. Es kann von mir, aus urheberrechtlichen Gründen nicht unterschrieben werden, da die Urheberschaft bei Frau RA'in A liegt und ich mich damit strafbar machen würde. Auch darf ein Zeugnis nicht rückdatiert werden, da es sich dabei um eine Urkundefälschung handelt."
Zudem weist der Geschäftsführer der Schuldnerin darauf hin, dass gegen die Prozessbevollmächtigte der Gläubigerin aufgrund ihrer Forderung bereits Strafanzeige erstattet worden sei. Außerdem werde er aus der Haft heraus den Vorgang der Presse kommunizieren. Der Richterin am Arbeitsgericht, welche den Zwangsgeldbeschluss erlassen hat, hat er angedroht, er werde sie für den Praxisausfall haftbar machen.
Ergänzend hat er auf zehn Punkte hingewiesen, die sich aus einer Anlage 2 zur Beschwerdeschrift ergeben. Bei der Anlage 2 handelt es sich um ein Schreiben an seine Prozessbevollmächtigten. Auf die Anlage 2 zur Beschwerdeschrift wird insoweit Bezug genommen. Darin wird ua. vertreten, dass die Gläubigerin nicht verlangen könne, dass ihr ein Zeugnis auf dem Briefkopf der Schuldnerin erstellt werde. Erwähnt wird dort auch ein weiteres als Zeugnis bezeichnetes und auf den 17. Juli 2023 datiertes Schriftstück, welches einem am 19. Juli 2023 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen und auf den 9. Mai 2022 datierten Schreiben der Schuldnerin als Anlage II/2 beigefügt war. Das Schriftstück ist nicht mit einem Briefkopf der Schuldnerin, sondern mit einem Firmenstempel versehe...