Entscheidungsstichwort (Thema)
OT-Mitgliedschaft. kurzfristige Beendigung der ordentlichen Mitgliedschaft im AG-Verband. Jahressonderzahlung
Leitsatz (redaktionell)
Eine einzelvertraglich vereinbarte dynamische Bezugnahme auf einen bestimmten Tarifvertrag stellt jedenfalls dann, wenn eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag nicht in einer, für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise, wesentliche Bedingung der Vereinbarung geworden ist, eine konstitutive Verweisungsklausel dar, die durch einen Verbandsaustritt des Arbeitgebers oder einen auf sonstige Weise zustande gekommenen Wegfall der Tarifgebundenheit nicht berührt wird (sog. „unbedingte zeitdynamische Verweisung”). Dies gilt jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht für Vereinbarungen, die vor dem 01.01.2002, vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, vereinbart worden sind.
Normenkette
TVG § 3 I, § 4 I
Verfahrensgang
ArbG Potsdam (Urteil vom 26.06.2007; Aktenzeichen 3 Ca 291/07) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 26. Juni 2007 – 3 Ca 291/07 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung anteiliger tariflicher Jahressonderzuwendung in Anspruch.
Er ist Mitglied der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und war vom 8. Oktober 1963 bis zum 31. Oktober 2006 – zuletzt nach näherer Maßgabe des Arbeitsvertrages vom 1. Juli 1991 (Bl. 5 f. d.A.) – als OP-Pfleger gegen ein Bruttomonatsentgelt von 2.772,06 EUR bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen tätig. Diese war bis zum 13. August 2006 ordentliches Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Brandenburg (KAV), der wiederum Mitglied der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) ist. Am 4. August 2006 fasste das Präsidium des KAV in einer außerordentlichen Sitzung einen Beschluss zu den Modalitäten der Begründung von OT-Mitgliedschaften bis Ende August 2006 (Bl. 148 d.A.). Auf einen entsprechenden Antrag der Beklagten erfolgte noch im August 2006 nach Beendigung der ordentlichen Mitgliedschaft die Begründung der OT-Mitgliedschaft der Beklagten im KAV, auf deren Satzung (Bl. 139 bis 147 Rs. d.A.) Bezug genommen wird.
Unter dem 1. August 2006 hatten die VKA und die Gewerkschaft ver.di sogenannte „Eckpunkte für krankenhausspezifische Regelungen” fixiert (Bl. 7 bis 12 d.A.). Frühestens im Dezember 2006, spätestens jedoch am 28. März 2007, unterzeichneten sie den rückwirkend zum 1. August 2006 in Kraft tretenden Änderungstarifvertrag Nr. 1 vom 1. August 2006 zu dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) – Besonderer Teil Krankenhäuser – (BT-K) – vom 13. September 2005 (in der Fassung vom 24.11.2005), der unter anderem Regelungen über die Gewährung einer Jahressonderzahlung enthielt (Bl. 86 bis 98, insbesondere Bl. 93 d.A.).
Mit Schreiben vom 12. September 2006 verlangte der Kläger die Zahlung der anteiligen Jahressonderzuwendung für das Jahr 2006 von der Beklagten, die dies mit Schreiben vom 24. Oktober 2006 ablehnte.
Mit seiner am 6. Februar 2007 beim Arbeitsgericht Potsdam eingegangenen Klage verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter. Er hält die Beklagte für verpflichtet, an ihn für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Oktober 2006 (Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses) gemäß § 20 TVöD in Verbindung mit § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 eine anteilige Jahressonderzuwendung in Höhe von 10/12 von 75 % seines Bruttomonatsentgelts für den Monat Oktober 2006 zu zahlen. Zudem sei der Anspruch auch aus den von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Eckpunkten begründet, die eine vorvertragliche Vereinbarung darstellten, die die Tarifvertragsparteien zum Abschluss einer entsprechenden Hauptvereinbarung verpflichtet hätte. Im Übrigen sei die Beklagte nach der Satzung der KAV auch als sogenanntes OT-Mitglied nicht von der tarifpolitischen Willensbildung ausgeschlossen, da sie die gleichen Rechte wie andere Mitglieder hätte. Letztlich fehle es auch an einem nach der Satzung erforderlichen wichtigen Grund, der die Beklagte an dem Erwerb der Vollmitgliedschaft gehindert hätte.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.732,54 EUR brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem gesetzlichen Zinssatz seit dem 16.11.2006 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Diese Entscheidung sei notwendige Folge ihrer seit August 2006 bestehenden OT-Mitgliedschaft. Der frühestens im Dezember 2006 erfolgte Tarifabschluss habe auf das bereits beendete Arbeitsverhältnis keine Auswirkung mehr haben können.
Mit einem 26. Juni 2007 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht Potsdam – 3 Ca 291/07 – die Klage abgewiesen. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass es an einer ausreichenden rechtlichen Grundlage dafür fehle. Auf den Änderungsarbeitsvertrag der Parteien, der in § 2 eine Bezugnahme auf die Tarifverträge ...