Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente. Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nicht anspruchsbegründend für Berufsunfähigkeitsrente. Anforderungen an Gutachten nach AWMF-Leitlinie Nr. 051/029
Leitsatz (redaktionell)
1. Aus der Gewährung einer Erwerbsminderungsrente kann kein Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente abgeleitet werden; dies weder nach den Vertragsbedingungen noch aufgrund der Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 BVV-DA.
2. Ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente begründet keine Anscheinsvermutung für den Erhalt einer Berufsunfähigkeitsrente.
3. Durch vorzeitige Erschöpfung und fehlende Konzentration werden die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 BVV-DA nicht erfüllt.
Normenkette
BVV-DA §§ 15, 17; VVG § 172; ZPO § 97 Abs. 1, § 412
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 17.03.2021; Aktenzeichen 3 Ca 12502/18) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. März 2021 - 3 Ca 12502/18 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente.
Der am 17. September 1976 geborene Kläger war als Bankkaufmann mit der Tätigkeit eines Operations Services Specialist bei der GE C. Bank AG beschäftigt, zunächst in Vollzeit und zuletzt gemäß Vereinbarung vom 23. Februar 2015 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 29 Stunden. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Klägers bestand zu weiten Teilen in der Kontenklärung, d.h. der Klärung von Buchungen, offenen Posten und Überzahlungen. Hinsichtlich der konkreten Tätigkeit und dem jeweiligen zeitlichen Umfang wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 26. April 2019 Bezug genommen (s. Bl. 411 - 413 d.A.).
Der Kläger erklärte im Mai 2015 die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2015 und war anschließend bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses freigestellt.
Der Beklagte ist eine als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gegründete Pensionskasse des privaten Bankgewerbes. Zum 01. März 1998 meldete die damalige Arbeitgeberin den Kläger beim Beklagten im Tarif B an, zum 01. Januar 2002 erfolgte ein Wechsel in den Tarif DA. Zum 31. Dezember 2015 meldete die Arbeitgeberin den Kläger bei dem Beklagten ab. Seit dem 01. Januar 2016 wird die Versicherung als beitragsfrei geführt.
Mit der "Renteninformation 2015" teilte der Beklagte dem Kläger die Höhe seiner erreichten Gesamtrentenanwartschaft mit 402,32 EUR sowie der Berufsunfähigkeitsrente mit 864,82 EUR mit. In der Einleitung des Schreibens heißt es: "Die nachfolgend genannten monatlichen Werte beziehen sich auf ihre gesamte BVV-Versorgung bei einem unterstellten Renteneintritt im Alter 65".
Mit Schreiben vom 24. Juni 2016 erklärte der Kläger, er mache rückwirkend zum Februar 2016 aufgrund eingetretener Berufsunfähigkeit seinen Anspruch auf eine Berufsunfähigkeit geltend. In dem daraufhin vom Beklagten übersandten Fragebogen erklärte der Kläger, er leide an psychischen Beschwerden, die Erkrankung bestehe seit 19. Februar 2016.
Der Beklagte lehnte die Zahlung der begehrten Berufsunfähigkeitsrente nach Einholung eines Gutachtens mit Schreiben vom 27. Juni 2017 ab. Mit Bescheid vom 03. November 2017 wurde dem Kläger von der Deutschen Rentenversicherung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beginnend mit dem 01. September 2016 gewährt. Dies zunächst befristet und dann gemäß Bescheid vom 12. Juni 2019 bis 30. September 2043, dem Erreichen der Regelaltersgrenze.
Der Kläger befand sich ab 2016 mehrfach in stationärer Behandlung. Auf die ärztlichen Stellungnahmen, Entlassungsberichte und erstellte Gutachten im Einzelnen wird Bezug genommen.
Mit seiner am 11. Mai 2018 beim Landgericht Berlin eingegangenen, von diesem an das Arbeitsgericht verwiesenen Klage hat der Kläger den Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente weiterverfolgt. Zur Begründung hat der Kläger geltend gemacht, der Ausübung sämtlicher zuletzt ausgeübter Tätigkeiten stehe die Einschränkung "keine Konzentrationsfähigkeit / kein Durchhaltevermögen / keine Entscheidungsfähigkeit / Sinnloses Gedankenkreisen / Antriebshemmung / Unfähigkeit angefangene Arbeiten" (Ausführung endet) entgegen. Die Tätigkeiten könnten wegen "vorzeitiger Erschöpfung, rez. Depressiver Störung mit psychosomatischen Begleitsymptomen, psychosozialer Belastung" zu 100% nicht mehr ausgeübt werden. Er sei bereits seit Februar 2015 berufsunfähig gewesen, auch die Reduzierung der Arbeitszeit sei aus gesundheitlichen Gründen erfolgt. Entsprechend stehe ihm eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu, deren Höhe sich aus der Renteninformation 2015 mit monatlich 864,82 EUR ergebe.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,
1. an ihn 24.214,96 EUR zu zahlen zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Teilbetrag von 14.395,94 EUR ab dem 28.06.2017 und aus einem Teilbetrag von jeweils 864,82 EUR ab dem 4. Juli, 2. August, 2....