Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung gegen eine Versetzung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Streit, ob sich eine arbeitgeberseitige Weisung bezüglich des Arbeitsorts im Rahmen des Direktionsrechts bewegt, ist ein Rechtsverhältnis, das grundsätzlich einer gerichtlichen Klärung offen steht.
2. Bezüglich dieses Streites kommt auch eine Regelungsverfügung gem. § 940 ZPO jedenfalls dann in Betracht, wenn die Weisung des Arbeitgebers nicht lediglich "unbillig" ist, sondern aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist.
3. In einem solchen Fall ist die Frage der "erforderlichen Maßnahme" in einer Abwägung der beiderseitigen Interessen zu beantworten. An das Vorliegen des Merkmals "Abwendung wesentlicher Nachteile" sind keine gesteigerten Anforderungen zu stellen.
Normenkette
ZPO §§ 935, 940; GewO § 106
Verfahrensgang
ArbG Cottbus (Entscheidung vom 20.09.2016; Aktenzeichen 2 Ga 19/16) |
Tenor
Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 20. September 2016 - 2 Ga 19/16 - wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Verfügungsbeklagten aufgegeben wird, es bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache zu dulden, dass die Verfügungsklägerin ihre Arbeit in dem E center Frankfurt/Oder nicht aufnimmt.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens darüber, ob die Verfügungsklägerin (im folgenden Klägerin), eine Verkäuferin, ihre Arbeit in einer Filiale der Verfügungsbeklagten (im folgenden Beklagte), einer Einzelhandelskette, in Frankfurt/Oder leisten muss, nachdem sie dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die neue Inhaberin der Filiale der Beklagten in Cottbus, in der sie beschäftigt war, widersprochen hat.
Das Arbeitsgericht Cottbus hat mit Urteil vom 23.09.2016, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien Bezug genommen wird, der Beklagte untersagt, die Klägerin bis zur erstinstanzlichen Entscheidung des Hauptsacheverfahrens in der Filiale der Beklagten in Frankfurt/Oder zu beschäftigen und der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Weisung der Beklagten an die Klägerin, in Frankfurt/Oder zu arbeiten, sei offenkundig rechtswidrig, weil die Parteien im Arbeitsvertrag Cottbus als Arbeitsort vertraglich vereinbart hätten. In diesem Fall könne die Klägerin nicht auf den Ausgang der Hauptsache verwiesen werden. Zudem wäre es unbillig, der Klägerin in Anbetracht des Verhältnisses ihres monatlichen Nettoeinkommens zu den anfallenden Fahrtkosten zuzumuten, hinsichtlich der entstehenden Fahrtkosten in Vorleistung zu treten.
Gegen dieses der Beklagten am 26.09.2016 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 29.09.2016 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht am 11.10.2016 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Die Beklagte wendet sich in ihrer Berufungsbegründung gegen die Annahme des Arbeitsgerichtes, die Parteien hätten im Vertrag "Cottbus" als Arbeitsort vereinbart. Es fehle aber auch an einem entsprechenden Verfügungsgrund, da es der Klägerin unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zuzumuten sei, das Hauptsacheverfahren abzuwarten und bis dahin der arbeitgeberseitigen Weisung Folge zu leisten. Auf die Rücknahme einer arbeitgeberseitigen Weisung habe die Klägerin keinen Anspruch. Sofern sich die Weisung als rechtswidrig darstelle, habe die Klägerin ohnehin einen Anspruch auf Erstattung der Fahrkosten.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Cottbus vom 23.09.2016 - 2 Ga 19/16 - den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 09.09.2016 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 23.09.2016, Az. 2 Ga 19/16, wird zurückgewiesen.
Die Klägerin verteidigt unter Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zu den anfallenden Fahrtkosten und ihren persönlichen Gegebenheiten das arbeitsgerichtliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Vorbringen in dem mündlichen Verhandlungstermin Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Verfügungsbeklagten ist von ihr fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO, § 66 Abs. 1 S. 1 und 2 ArbGG).
Die Berufung der Verfügungsbeklagten ist daher zulässig.
2. Die Berufung der Verfügungsbeklagten ist indes unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht im Wege einer einstweiligen Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO eine vorläufige Regelung hinsichtlich der von der Beklagten erlassenen Weisung getroffen.
2.1 Nach § 62 Abs. 2 ArbGG, §§ 916 ff., 935, 940 ZPO kann im arbeitsgerichtlichen V...