Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung des Zusatzurlaubs in Wechselschicht bei abweichender Regelung der Wochenarbeitszeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Einem Beschäftigten, der ständig Wechselschichtarbeit leistet, steht nach § 27 Abs. 2a TV-L Zusatzurlaub von einem Arbeitstag für je zwei zusammenhängende Monate Schichtarbeit zu; das gilt jedoch nur für den Regelfall der Verteilung der Arbeitszeit auf fünf Arbeitstage.
2. Werden im Rahmen der Wechselschichtarbeit pro Woche mehr als acht Stunden pro Tag gearbeitet, bedarf es einer Anpassung dieses Grundsatzes an die Gegebenheiten des jeweiligen Falles; auch wenn durch die Länge der arbeitstäglichen Arbeitszeit eine besondere Belastung entstehen kann, wird diese doch durch den Umstand zumindest teilweise ausgeglichen, dass durch diese Arbeitszeitverteilung auch nur eine geringere Anzahl von Arbeitsantritten erforderlich wird, so dass auch dies zu einer graduellen Entlastung der in dieser Art und Weise eingesetzten Beschäftigten führt, die eine Kürzung des Zusatzurlaubsanspruchs durchaus rechtfertigen kann.
Normenkette
TV-L § 27 Abs. 1, 2a
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 20.09.2012; Aktenzeichen 50 Ca 7952/12) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. September 2012 - 50 Ca 7952/12 - teilweise abgeändert
1. Die Klage wird auch im Übrigen abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger auch im Übrigen zu tragen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch über die Höhe des dem Kläger in Folge seines Einsatzes in Wechselschicht zustehenden Zusatzurlaubs.
Mit einem am 20. September 2012 verkündeten Urteil, auf dessen Tatbestand Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Berlin - 50 Ca 7952/12 - unter Abweisung der Klage im Übrigen festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger für je zwei zusammenhängende Monate Wechselschicht einen Arbeitstag Zusatzurlaub ausgehend von einer Arbeitszeit von 12,25 Stunden pro Arbeitstag, das heißt entsprechend der derzeitigen Schichtlänge zu gewähren. Es hat dies im Hinblick auf den der Klage stattgebenden Teil der Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass der unstreitig ständig Wechselschicht leistende Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Zusatzurlaub in dem tenorierten Umfang hätte; denn der Tarifvertrag enthalte keine Kürzungsregelung, nach der auch ein Arbeitnehmer in Wechselschicht weniger als einen vollen Arbeitstag Urlaub hätte. § 26 Abs. 1 S. 5 TV-L beziehe sich allein auf die Berechnung der als Erholungsurlaub im Sinne von Satz 1 der Regelung zustehenden Anzahl von Arbeitstagen. Aber auch wenn man diese auf die Berechnung des Zusatzurlaubs nach § 27 Abs. 1 TV-L anwenden wolle, sei jedenfalls eine Reduzierung auf weniger als einen vollen Arbeitstag für einen Vollzeitarbeitnehmer in Wechselschicht mit dem Zweck der Regelung nicht vereinbar. Sei die Arbeitszeit also in der Weise auf die Arbeitswoche verteilt, dass im Rahmen der Wechselschichtarbeit mehr als 8 Stunden pro Tag zu arbeiten seien, rechtfertige dies keine Reduzierung des Zusatzurlaubs auf weniger als einen Arbeitstag (für die Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 28 - 30 d. A. verwiesen).
Gegen diese ihm am 15. November 2012 zugestellte Entscheidung hat das beklagte Land mit einem am 14. Dezember 2012 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 15. Januar 2013 begründet.
Das beklagte Land hält die angefochtene Entscheidung für unzutreffend; denn das Arbeitsgericht habe bei seiner Entscheidung die Systematik des Tarifvertrages, insbesondere die Verweisung in § 27 Abs. 5 TV-L, verkannt, nach der "im Übrigen § 26 TV-L entsprechend" gelte. Auch sei es zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Anwendung des § 26 Abs. 1 S. 5 TV-L mit dem Zweck der Regelung des § 27 Abs. 2 TV-L unvereinbar sei; das Gegenteil sei der Fall, wie die Anwendung der Vorschrift auf unterschiedliche Fallkonstellationen zeige. Wolle man dabei von der Interpretation des Klägers ausgehen, komme es zu Ergebnissen, die mit dem Zweck der Regelung nicht mehr in Übereinstimmung gebracht werden könnten (Bl. 47 - 50 d. A.).
Das beklagte Land beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin - 50 Ca 7952/12 - vom 20. September 2012 wird teilweise abgeändert. Die Klage wird über den bereits abgewiesenen Teil hinaus in vollem Umfang abgewiesen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er schließt sich den nach seiner Auffassung zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung an, die er mit weiteren Ausführungen unterstützt. Nur die vom Kläger präferierte Auslegung des Tarifvertrages führe zu dem damit verfolgten Zweck, den Wechselschichtarbeitnehmern einen angemessenen Ausgleich für ihren dauerhaften Einsatz in dieser Weise zu gewährleisten.
Entscheidungsgründe
Die an sich statthafte, vom Arbeitsgericht zugelassene sowie form- und fristgerecht eing...