Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Arbeitnehmer und freie Mitarbeiter
Leitsatz (redaktionell)
Die nicht programmgestaltende, aber rundfunk- und fernsehtypische Mitarbeit (hier: eines Cutters) im Sendebetrieb lässt sich in der Regel nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses durchführen. Hierfür spricht, dass die betreffenden Mitarbeiter weitestgehend organisatorisch eingegliedert sind und typischerweise Weisungen zum Inhalt erhielten und den Ort zugewiesen bekämen.
Normenkette
BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 10.12.2014; Aktenzeichen 60 Ca 7588/14) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Dezember 2014 - 60 Ca 7588/14 - in der Ziffer I. 2. teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger mit einer Teilzeitquote von 43,5 % eines Vollzeitmitarbeiters in einem Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen der bei der Beklagten geltenden Tarifverträge als Cutter zu beschäftigen.
Im Übrigen werden die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10.12.2014 - 60 Ca 7588/14 - zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 15 % und die Beklagte zu 85 %.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten - soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung - um die rechtliche Einordnung des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses als Arbeitsverhältnis oder freies Mitarbeiterverhältnis.
Der Kläger ist seit August 2000 als Cutter bei der Beklagten, einer Rundfunkanstalt des öffentlichen Rechts, in allen Bereichen des Schnitts, überwiegend jedoch für die Regionalsendungen "Brandenburg aktuell" und "zibb" beschäftigt. Er ist als Schwerbehinderter mit einem GdB von 60% anerkannt. Ein schriftlicher Vertrag über das Anstellungsverhältnis existiert nicht. Die Beklagte führte den Kläger als freien Mitarbeiter und erbrachte an ihn Leistungen nach dem bei ihr geltenden Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen. Seine Tätigkeiten erbrachte der Kläger in den Räumlichkeiten an den dort installierten Schnittsystemen. Er wurde pro geleisteter Schicht vergütet und erhielt pro Schicht mit jeweils acht Stunden Dauer eine als Honorar bezeichnete Vergütung nach dem Tarifvertrag über Mindestbedingungen für die Beschäftigung freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des rbb sowie nach dem Honorartarifvertrag Produktion/Technik und Betrieb zuletzt zwischen 214,- Euro (Honorarposition 1 a) und 242,- Euro (Honorarposition 1b). Von der Vergütung führt die Beklagte für den Kläger Steuern und Sozialversicherungsbeiträge ab.
Seit Beginn der Tätigkeit wurde der Kläger in unterschiedlichem Umfang eingesetzt; die Einsatztage für jeweils eine Schicht stellen sich im Zeitraum von 2000 bis 2013 (Anlage 6, Bl. 311 d. A.) wie folgt dar:
Jahr |
Einsatztage |
2000 |
26 |
2001 |
68 |
2002 |
85 |
2003 |
99 |
2004 |
85 |
2005 |
94 |
2006 |
94 |
2007 |
97 |
2008 |
97 |
2009 |
99 |
2010 |
77 |
2011 |
98 |
2012 |
116 |
2013 |
119 |
Die Schichten werden in Frühdienst (06:30 bis 15:00 Uhr) und Spätdienst (15:00 bis 23:30 Uhr unterteilt und hierüber entsprechende Tagesdienstpläne (Beispiele: Anlage 1, Bl. 274 - 277 d. A.) aufgestellt, aus denen sich ergibt, von wann bis wann welcher Cutter in welchem Raum bzw. an welchem Schnittplatz arbeitet. Die Einteilung erfolgt in der Weise, dass die jeweiligen Cutter für den Folgemonat angegeben, wann sie arbeiten können. Die Beklagte erstellt sodann die Dienstpläne für ihre Arbeitnehmer und teilt die restlichen Schichten nach Absprache den freien Mitarbeitern zu.
Mit seiner am 01. November 2013 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und der Beklagten am 11. November 2013 zugestellten Klage vom 31. Oktober 2013 machte der Kläger das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses und - neben Zahlungsansprüchen - die Beschäftigung an mindestens 120 Arbeitstagen im Jahr geltend.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, er sei tatsächlich Arbeitnehmer. Er sei nicht programmgestaltend tätig und habe keinerlei Einfluss auf die Auswahl der Themen der von ihm bearbeiteten Beiträge gehabt. Nach Abgabe seines Terminplans bekomme er die Dienste zugewiesen und habe seine Arbeitsleistung zu den von der Beklagten vorgegebenen Zeiten erbracht. Die Dienstpläne habe der/die jeweils zuständige Personaldisponent/in einseitig vorgegeben Im Rahmen seiner Einsätze habe er den Beitrag zusammen mit dem jeweiligen Autor erarbeitet, der die inhaltlichen Ziele und die Struktur des Beitrags vorgegeben habe. Die Vorgaben hinsichtlich der Bilderfolge sowie für die Länge der einzelnen Passagen eines Beitrags seien von Autor zu Autor unterschiedlich, aber zum Teil sehr konkret gewesen. Nach dem Schnitt erfolge die redaktionelle Abnahme. Er habe nicht nur Anweisung, sondern auch inhaltliche Vorgaben der bei der Beklagten beschäftigten Redakteure und Autoren erhalten und befolgen müssen. Er sei örtlich und zeitlich eingebunden sowie fachlich weisungsgebunden gewesen.
Der Kläger hat erstinstanzlich - soweit...