Entscheidungsstichwort (Thema)
Mindestlohnanspruch einer Reinigungskraft bei “Zwölftelung„ des “13.„ Gehalts sowie Nacht- und Feiertagszuschlägen
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 1 Abs. 1 MiLoG hat jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns. Leistungen wie Weihnachtsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld können dann als Bestandteil des Mindestlohns gewertet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer den Betrag jeweils zu dem für den Mindestlohn maßgeblichen Fälligkeitsdatum tatsächlich und unwiderruflich ausbezahlt erhält.
2. Schon die Bezeichnung als “13. Gehalt„ stellt klar, dass mit dieser Zahlung nichts anderes als eine weitere Vergütung der erbrachten Arbeitsleistung bezweckt wird. Das verdeutlichen auch Anspruchsvoraussetzungen, die an nichts anderem als den Bestand des Arbeitsverhältnisses und die Vergütungspflicht der Arbeitgeberin anknüpfen.
3. Ein monatlich ausgezahlter “gezwölfteter„ Betrag eines “13. Gehalts„ ist auf den Mindestlohnanspruch anrechenbar.
4. Mit der Einführung des Mindestlohns und der damit verbundenen Erhöhung des Grundlohns auf 8,50 Euro pro Stunde ist dieser Stundensatz der Berechnung eines angemessenen Zuschlags im Sinne des § 6 Abs. 5 ArbZG zugrunde zu legen.
5. Sollen nach der arbeitsvertraglichen Regelung Sonn- und Feiertagszuschläge auf Basis des “vereinbarten Stundenlohnes„ berechnet werden, bieten diese klaren vertraglichen Regelungen keinen Ansatzpunkt dafür, die Zuschläge auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohnes von 8,50 Euro zu berechnen. Da keine gesetzliche Verpflichtung zur Zahlung dieser Zuschläge besteht, ist die Arbeitgeberin bei ihrer vertraglichen Regelung insoweit auch nicht an § 1 MiLoG als Berechnungsfaktor gebunden.
Normenkette
MiLoG §§ 1, 3, 1 Abs. 1; ArbZG § 6 Abs. 5; BGB § 611a
Verfahrensgang
ArbG Brandenburg (Entscheidung vom 19.08.2015; Aktenzeichen 3 Ca 345/15) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 19. August 2015 - 3 Ca 345/15 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert
1) Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 247,02 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 23,37 € brutto seit dem 11. Februar 2015, aus 21,77 € brutto seit dem 11. März 2015, aus 22,57 € brutto seit dem 11. April 2015, aus 22,72 € brutto seit dem 11. Mai 2015, aus 23,27 € brutto seit dem 11. Juni 2015, aus 22,47 € brutto seit dem 11. Juli 2015, aus 22,02 € brutto seit dem 11. August 2015, aus 22,42 € brutto seit dem 11. September 2015, aus 21,72 € brutto seit dem 11. Oktober 2015, aus 22,47 € brutto seit dem 11. Oktober 2015, und aus 22,22 € brutto seit dem 11. Dezember 2015 zu zahlen.
2) Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 79 % und die Beklagte 21 % zu tragen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin gegen die Beklagte für die Monate Januar bis November 2015 Anspruch auf Zahlung von Differenzgehalt gemäß § 1 MiLoG hat sowie auf Zahlung von Zuschlägen berechnet auf Basis des Mindestlohnes hat.
Die Klägerin ist seit dem 16. Juni 2003 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Reinigungskraft mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von zuletzt 30 Stunden beschäftigt, auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 18.06.2003 (Bl. 10 - 13 d.A.) in der Fassung des Änderungsvertrages vom 07.03.2011 (Bl. 14 d.A.).
Unter § 3 - Lohn; Gehalt - ist im Arbeitsvertrag u.a. geregelt:
"a) Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält einen Monatslohn/ein Monatsgehalt von 666,99 €. Der Lohn/das Gehalt wird jeweils am 10. des Monats für den Vormonat per Banküberweisung gezahlt. (...)
b) Mehrarbeit/Überstunden sind nur in dringenden Fällen anzuordnen. Die über die regelmäßige monatliche betriebsübliche Arbeitszeit hinaus angeordnete und geleistete Arbeit wird mit dem vereinbarten Stundensatz zuzüglich des nachstehenden Zuschlags berechnet. Grundsätzlich sind Mehrarbeit/Überstunden als Freizeit abzugelten. Der Überstundenzuschlag bleibt davon unberührt und wird in Geld abgegolten. Kann der Freizeitausgleich nicht im Laufe des Kalenderjahrs gewährt werden, sind Mehrstunden/Überstunden unter Anrechnung eines bereits gezahlten Zuschlages entsprechend in Geld abzugelten.
Überstundenzuschlag: 25 %
Der Überstundenzuschlag wird nur für die über die regelmäßige, monatlich betriebsübliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten fällig.
c) Für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen wird der Zuschlag in nachstehender Höhe des vereinbarten Stundenlohnes gezahlt. Fällt der entsprechende Feiertag auf einen Sonntag wird nur der Feiertagszuschlag gewährt.
Sonntagszuschlag: 30 %
Feiertagszuschlag: 100 %
d) Für die Arbeit in der Zeit von 20:00 Uhr bis 6:00 Uhr (Nachtarbeit) erhält der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin einen Zuschlag in nachstehender Höhe des vereinbarten S...