Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Kündigung einer Arbeitnehmerin wegen Fehlverhaltens des Ehemannes gegenüber Arbeitgeber
Leitsatz (amtlich)
Das Fehlverhalten des Ehemannes einer Arbeitnehmerin gegenüber dem Arbeitgeber rechtfertigt in aller Regel keine Kündigung. Betriebsverfassungswidriges Verhalten des Arbeitgebers ist als Anlass des Fehlverhaltens zu berücksichtigten.
Normenkette
KSchG §§ 1, 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 2; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Neuruppin (Entscheidung vom 24.10.2012; Aktenzeichen 5 Ca 869/12) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 24. Oktober 2012 - 5 Ca 869/12 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.
III. Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 5.100,00 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine ordentliche Kündigung des Beklagten im Zusammenhang mit einem Fehlverhalten des Ehemannes der Klägerin gegenüber dem Beklagten.
Die Klägerin ist 46 Jahre alt (.... 1966), verheiratet und seit dem 1. Januar 2003 bei dem Beklagten mit einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden und einem Bruttomonatseinkommen von 1.700,-- EUR als Altenpflegerin beschäftigt. Nachdem die Klägerin ursprünglich in der stationären Pflege in L. eingesetzt war, war sie zuletzt in W. in der ambulanten Pflege eingesetzt.
Mit Schreiben vom 12. Juli 2012 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 30. November 2012. In dem Schreiben wurden drei Gründe für die Kündigung angegeben.
- Verunsicherung von Patienten beispielhaft beim Einsatz im Team Perleberg, Herr F. und Herr T. am 12. April 2012
- grober Verstoß im Hinblick auf den Datenschutz durch Kopieren von Dienstplänen und deren außerbetriebliche Verwendung am 18. Juni 2012
- massive Bedrohung einzelner Mitarbeiter (Frau K. und Frau Fe.) durch Ihren Ehemann am 18. Juni 2012
Der Dienstplan Juni und Juli 2012 wurde nachträglich zu Lasten der Klägerin verändert. Die Klägerin hatte nach dem ursprünglich ausgehängten Dienstplan sowohl für das Wochenende 16./17. Juni 2012 wie auch für Samstag, den 7. Juli 2012 und Sonntag, den 8. Juli 2012 frei. Für letzteres Wochenende hatte die Klägerin wunschfrei beantragt, da sie ab Montag, dem 9. Juli 2012 Urlaub hatte und die Urlaubsreise am Sonntag antreten wollte.
Erst nach Aushang des Dienstplans änderte die Teamleiterin Frau Fe. den Dienstplan ohne Rücksprache mit der Klägerin oder dem Betriebsrat. Es wurden die Spätdienste von der Mitarbeiterin K. auf die Klägerin übertragen. Da sich aufgrund der betrieblichen Regelung an den Spätdienst eine Rufbereitschaft bis zum folgenden Morgen anschließt, hatte die Klägerin danach noch bis Montagfrüh Dienst gehabt. Für das Wochenende 16./17. Juni 2012 hatte es eine vergleichbare nachträgliche Dienstplanänderung gegeben.
Unverzüglich nach Kenntnis von der Dienstplanänderung hatte sich die Klägerin an die Pflegedienstleiterin gewandt. Diese wollte mit Frau Fe. Rücksprache nehmen und sich dann bei der Klägerin telefonisch melden. Da dieses nicht erfolgte, rief die Klägerin am 18. Juni 2012 gegen 15:30 Uhr dort an und reichte während des Telefonates den Hörer an ihren Ehemann weiter. Welche Äußerungen der Ehemann in diesem Telefonat gegenüber der Pflegedienstleiterin machte, ist streitig.
Die Klägerin hält die Kündigung für sozial nicht gerechtfertigt. Sie habe ihre arbeitsvertraglichen Pflichten nicht verletzt. Die Kündigungsgründe seien falsch und ungenau. Am 12. April 2012 habe sie keine Patienten verunsichert. Sie sei an diesem Tag gar nicht im Dienst gewesen. Sie habe auch keine dienstinternen Informationen unvertraulich behandelt oder bestehende Verschwiegenheitspflichten verletzt. Auch der Ehemann der Klägerin habe keine Mitarbeiter des Beklagten bedroht, weder am 18. Juni 2012 noch zu einem sonstigen Zeitpunkt.
Der Beklagte trägt vor, dass der wesentliche Kündigungsgrund die Bedrohung der der Klägerin vorgesetzten Pflegedienstleiterin J. G. und der Teamleiterin K. Fe. durch den Ehemann der Klägerin sei. Die anderen Kündigungsgründe würden demgegenüber nicht mehr so ins Gewicht fallen. Allerdings habe die Klägerin weisungswidrig den kompletten Dienstplan heimlich kopiert und mit nach Hause genommen. Auf dem Dienstplan seien alle Daten der Kolleginnen abgedruckt. Damit habe die Klägerin gegen die von ihr am 1. Juli 2009 unterzeichnete Datenschutz- und Schweigepflichterklärung des Pflegedienstes verstoßen.
Der Ehemann der Klägerin habe im Zusammenhang mit der aus seiner Sicht ungerechten Diensteinteilung seiner Ehefrau in dem Telefonat sinngemäß geäußert, dass seine Frau durch Frau Fe. gemobbt werde. Seine Frau müsse an den Wochenenden vor und nach dem Urlaub arbeiten. Früher seien die Wochenenden frei gewesen. Das sei Schikane von Frau Fe.. Er habe in dem Telefonat die Arbeitnehmerin G. K. als "bescheuert" bezeichnet, diese habe aus privaten Gründen 10 Tage am Stück frei. Auch habe er Frau G. als inkompetent bezeichnet. In dem danach über die Ru...