Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbestimmter Klageantrag mit "bis auf Weiteres" unzulässig. Keine Vollstreckungsfähigkeit eines Anspruches auf "maximale" Zahlung. Pflicht zur Erhöhung der Hinterbliebenenversorgung
Leitsatz (amtlich)
1) Ein Antrag, die Beklagte zur Zahlung eines "maximalen" Betrags "bis auf Weiteres" zu verurteilen, ist unzulässig, da zu unbestimmt i. S. v. § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO.
2) Ein Hinterbliebener eines Arbeitnehmers kann auf eine Betriebsrentenerhöhung gem. § 16 BetrAVG nicht einseitig verzichten.
Normenkette
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; GKV-Betriebsrentenfreistellungsgesetz; ZPO § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 07.01.2020; Aktenzeichen 17 Ca 950/19) |
Tenor
1) Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 07.01.2020 - 17 Ca 950/19 - wird auf ihre Kosten bei einem Streitwert von 7.257,60 EUR zurückgewiesen.
2) Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Kern um die Leistung von Sozialabgaben bei einer Betriebsrente als Hinterbliebenenversorgung sowie die Frage, ob die Klägerin als versorgungsberechtigte Witwe auf die nach § 16 BetrAVG vom Arbeitgeber geschuldete Anpassung der Betriebsrente durch Erklärung gegenüber der Beklagten als Schuldnerin der Betriebsrente einseitig verzichten kann.
Die Klägerin bezog bis einschließlich März 2018 eine Betriebsrente als Hinterbliebenenversorgung in Höhe von 151,60 EUR brutto, worauf keine Sozialabgaben zu leisten waren. Ab April 2018 erhöhte die Beklagte im Rahmen der Anpassung nach § 16 BetrAVG den Betrag auf 156,91 EUR brutto. Da der Freibetrag nach § 226 Abs. 2 i.V.m. § 229 Abs. 1 S. 1 Ziff. 5 SGB V im Jahr 2018 bei 152,25 EUR lag, führte die Beklagte Sozialabgaben in Höhe von 26,91 EUR für Kranken- und Pflegeversicherung ab, so dass die Klägerin netto nur 130,00 EUR erhielt (vgl. die Abrechnungen in Kopie Bl. 46 - 47 d. A.). Im Jahr 2019 lag der Freibetrag bei 155,75 EUR, im Jahr 2020 liegt er aufgrund des GKV-Betriebsrentenfreistellungsgesetzes bei 159,25 EUR.
Die Klägerin verzichtete auf die Erhöhung der Hinterbliebenenversorgung "unwiderruflich" mit Schreiben vom 06.04.2018 (vgl. das Schreiben in Kopie Bl. 2 d. A.). Die Beklagte nahm diese Verzichtserklärung nicht an.
Mit ihrer zunächst beim Arbeitsgericht Ulm am 16.08.2018 eingegangenen Klage hat die Klägerin zuletzt eine Zahlung von "maximal 151,60 EUR monatlich brutto ab 04/2018 bis auf Weiteres" sowie die Korrektur der Abrechnungen seit 04/2018 auf einen Bruttobetrag von 151,60 EUR begehrt.
Sie ist der Auffassung, dass sie wirksam auf die Erhöhung verzichtet habe. Die Beklagte hätte im Übrigen gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG bei der Anpassung "die Belange des Versorgungsempfängers" und damit ihre besondere Situation berücksichtigen müssen, dass mit einer Erhöhung der Hinterbliebenenversorgung brutto wegen der Überschreitung des Freibetrages eine Reduzierung des Nettobetrages einhergehe.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zur Zahlung von Betriebsrente/Versorgungsbezügen in Höhe von maximal 151,60 EUR/monatlich brutto ab 04/2018 bis auf Weiteres zu verurteilen;
2. die Beklagte zu verurteilen, die Abrechnungen von Betriebsrente/Versorgungsbezügen seit 04/2018 gemäß Antrag Ziff. 1 auf einen Bruttobetrag von 151,60 EUR zu korrigieren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass sie keinen Verzichtsvertrag mit der Klägerin abgeschlossen habe. Auf eine Erhöhung der Betriebsrenten aufgrund der Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 BetrAVG könne sie wegen der rechtswidrigen Folge nicht verzichten. Sie habe auch keine Verpflichtung nach § 16 BetrAVG, die subjektive versorgungs- und sozialversicherungsrechtliche Situation eines jeden Empfängers einer Alters- bzw. Hinterbliebenenversorgung zu überprüfen.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage schon deshalb als unschlüssig abgewiesen, weil die Klägerin nicht dargetan habe, woraus sich der Betrag von 151,60 EUR brutto ergebe. Wegen der konkreten Begründung und des Vortrags der Parteien erster Instanz wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 07.01.2020 Bl. 95 bis 99 d. A. verwiesen.
Gegen dieses ihr am 14.01.2020 zugestellte Urteil richtet die am 10.02.2020 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangene und am 09.03.2020 begründete Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag erster Instanz unter konkreter Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil und weist darauf hin, dass die Parteien einen Hinterbliebenenversorgungszahlungsbetrag von monatlich 151,60 EUR brutto bis zur Abrechnung 04/2018 als unstreitig angesehen haben.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 07.01.2020 - 17 Ca 950/19 -
1) die Beklagte zur Zahlung von Betriebsrente/Versorgungbezügen in Höhe von maximal 151,60 EUR brutto monatlich ab 04/2018 bis auf Weiteres zu verurteilen;
2) die Beklagte zu verurteilen, die Abrechnungen von Betriebsrente/Versorgungsbezügen seit 04/2018 gemäß Antrag Ziff...