Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksame Vertragsklausel zur Abverkaufsprovision eines Verkaufsberaters im Immobilienbereich

 

Leitsatz (amtlich)

Eine in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung gemäß § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB getroffene Vereinbarung, nach der für einen Verkaufsberater im Immobilienbereich eine sogenannte Abverkaufsprovision für maximal einen Zeitraum bis zu einem Monat nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus der Gesellschaft gewährt wird, wenn innerhalb dieses Zeitraums die Abverkaufsprovision entstanden ist, ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Diese Bestimmung weicht von wesentlichen Grundgedanken der Regelung in § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB iVm. § 65 HGB ab und benachteiligt damit den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Denn entgegen der gesetzlichen Bestimmung wird in der Klausel eine feste Frist, die zudem zu kurz bemessen ist, festgelegt.

 

Normenkette

BGB §§ 305 ff.; HGB § 87; BGB § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 1, § 611 Abs. 1; HGB §§ 65, 87 Abs. 3 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 28.08.2014; Aktenzeichen 1 Ca 2752/14)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. August 2014 - 1 Ca 2752/14 - wird zurückgewiesen.

II. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. August 2014 - 1 Ca 2752/14 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 5.470,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Dezember 2014 zu zahlen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Provisionsansprüche.

Der Kläger war vom 1. September 2011 bis zum 31. August 2013 bei der Beklagten in deren Niederlassung in Berlin als Verkaufsberater für Wohnimmobilien beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag vom 19. Juli 2011 ist auszugsweise Folgendes bestimmt:

"§ 4

Vergütung

Der Arbeitnehmer erhält ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von EUR 1.200.

...

§ 5

Provision

Neben dem vereinbarten Bruttogehalt erhält der Arbeitnehmer für Objekte in der Metropolregion Berlin folgende Provisionssätze:

Eigenvertrieb Wohn-/Teileinheit nach WEG:

1. Verkaufsprovision: Bei Verkauf einer Wohn-/Teileinheit im WEG-Objekt in der Metropolregion Berlin, nach Vorliegen der vom Käufer zu erbringenden Finanzierungsbestätigung und notarieller Beurkundung des Kaufvertrages, 1,00 % vom beurkundeten Verkaufspreis der Einheit; der Anspruch auf die Verkaufsprovision entsteht mit notarieller Beurkundung des Kaufvertrages. Beurkundeter Verkaufspreis (Provisionsgrundlage) in diesem Sinne ist der Verkaufspreis der Wohn- bzw. Gewerbeeinheit laut Verkaufspreisliste sowie mitverkaufte Stellplätze, Carports und Tiefgaragenplätze. Nicht zum beurkundeten Verkaufspreis gehören die beim Verkauf beurkundeten Sonderwünsche. Gleiches gilt für Sonderwünsche nach Beurkundung.

2. Abverkaufsprovision: Nach vollständigem Abverkauf des Gesamtobjektes in der Metropolregion Berlin weitere 0,25 % vom beurkundeten Verkaufspreis der von dem Arbeitnehmer verkauften Einheiten; der Anspruch entsteht mit vollständigen Abverkauf des Objektes, mithin notarieller Beurkundung eines Kaufvertrages über die zuletzt freie Einheit im Objekt. Beurkundeter Verkaufspreis (Provisionsgrundlage) in diesem Sinne ist der Verkaufspreis der Wohn- bzw. Gewerbeeinheit laut Verkaufspreisliste sowie mitverkaufte Stellplätze, Carports und Tiefgaragenplätze. Nicht zum beurkundeten Verkaufspreis gehören die beim Verkauf beurkundeten Sonderwünsche. Gleiches gilt für Sonderwünsche nach Beurkundung.

Die Provisionen werden mit der auf den Abrechnungsmonat folgenden Abrechnung bzw. Zahlung des Bruttogehaltes fällig. Der Abrechnungszeitraum beträgt jeweils einen vollen Kalendermonat. Die Auszahlung der Provision erfolgt mit dem Bruttogehalt.

Verkaufs- und Abverkaufsprovisionen werden für maximal einen Zeitraum bis zu einem Monat nach Ausscheiden des Arbeitnehmers aus der Gesellschaft gewährt, sofern innerhalb dieses Zeitraumes, aufgrund einer Tätigkeit des Arbeitnehmers vor Ausscheiden aus der Gesellschaft und einem vor Ausscheiden nachgewiesenen Kaufinteresse des geworbenen Kunden, ein Kaufvertrag mit diesem Kunden geschlossen werden konnte bzw. die Abverkaufsprovision entstanden ist. Die Nachweisführung obliegt dem Arbeitnehmer.

..."

Im Übrigen wird auf den Inhalt des Arbeitsvertrages vom 19. Juli 2011 und auf den Inhalt der als Anlage 1 zum Arbeitsvertrag beigefügten "Stellenbeschreibung Verkaufsberater für Wohnimmobilien" Bezug genommen (Bl.13 bis 20 der Akte).

Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2013.

Vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verkaufte der Kläger "Wohn-/Teileinheiten nach WEG" der Objekte B.straße 10, Bl.straße 24A und St. Höfe in der A.straße. Die Beklagte zahlte dem Kläger hierfür die Verkaufsprovisionen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Arbeitsvertrages.

Mit Schreiben vom 10. September 2013 übersandte d...

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