Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschäftigung als Rabbiner nach einer fristlosen Kündigung im Wege der einstweiligen Verfügung
Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen einer Beschäftigungsklage als Rabbiner nach einer fristlosen Kündigung im Wege einer einstweiligen Verfügung überwiegen die besonderen Belange des Arbeitnehmers an der Beschäftigung gegenüber den besonderen Belangen der J. Gemeinde wegen Art. 4 GG grundsätzlich nicht
Normenkette
GG Art. 1-2, 4
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 03.04.2008; Aktenzeichen 59 Ga 4312/08) |
Tenor
I. Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 3. April 2008 – 59 Ga 4312/08 – wird der Antrag des Verfügungsklägers auf vorläufige Weiterbeschäftigung (Antrag zu 1) zurückgewiesen.
II. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Rechtsstreites.
III. Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel der Parteien nicht gegeben.
Tatbestand
Der Verfügungskläger, ein Rabbiner, begehrt von der Verfügungsbeklagten, einer J. Gemeinde, bei der er seit September 2000 aufgrund eines Arbeitsvertrages beschäftigt ist, seine vorläufige Weiterbeschäftigung nach einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung durch einstweilige Verfügung.
In der Satzung der Verfügungsbeklagten heißt es unter Anderem: „
Organe der Gemeinde sind,
die Repräsentantenversammlung der J. Gemeinde zu Berlin – im folgenden „RV” – genannt, der Vorstand der J. Gemeinde zu Berlin – im folgenden „Vorstand” genannt.
Die Zustimmung der Repräsentantenversammlung ist erforderlich,
mit einer Mehrheit von Zwei Dritteln der Mitglieder der Repräsentantenversammlung:
für die Annahme oder Änderung
- der Satzung,
- der Wahlordnung zur Repräsentantenversammlung,
- der Steuerordnung,
- der Haushalts- und Rechnungsordnung,
- der Schlichtungsordnung,
- der Hausrechtordnung,
- der Wahlordnung für die Wahl der Vorstandsmitglieder der Synagogen,
- der Friedhofs- und Beerdigungsordnung,
- der Versorgungsordnung,
- der Arbeitsordnung,
- der Vertrauensordnung für die Mitarbeiter der J. Gemeinde,
- der Vertrauensordnung für die Lehrer an den Schulen der J. Gemeinde;
- für weitere künftig zu verabschiedende Ordnungen im Sinne dieser Satzung;
- zum Erwerb, zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken oder Rechten an solchen sowie zum Verzicht auf Grundstücke und Rechten an solchen;
- zur Eröffnung oder Schließung von Gemeindeinstitutionen;
- für die Bewilligung von Mitteln, die das Vermögen mindern, soweit es sich nicht um Mittel für die laufenden
- der Gemeinde und zum Unterhalt der Institutionen handelt;
- zur Abwahl von Vorstandsmitgliedern,
- zur Abwahl von Präsidiumsmitgliedern der Repräsentantenversammlung;
- für den Erwerb nicht-mündelsicherer Wertpapiere
mit der Mehrheit der Mitglieder der Repräsentantenversammlung
- zur Verabschiedung des Haushaltsplanes,
- für alle Rechtsgeschäfte, die den Wert von DM 250.000,– überschreiten, die nicht einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Mitglieder der Repräsentantenversammlung bedürfen und nicht im Haushaltsplan vorgesehen sind,
- zum Erwerb von mündelsicheren Wertpapieren
- zur Anstellung und Entlassung von Rabbinern und Angestellten gemäß § 27 Abs. 3
(1) Die Geschäfte der Gemeinde werden nach den Weisungen des Vorstandes durch Angestellte geführt. Das Arbeitsverhältnis mit den Angestellten und dem gewerblichen Personal ist durch Vertrag zu regeln. Die Anstellung erfolgt durch den Vorstand oder durch die von demselben beauftragte Verwaltungsangestellte.
(2) Rabbiner und Kultusfunktionäre sind besondere Angestellte gemäß BGB. Vor der Anstellung von Kultusfunktionären hat der Vorstand die Gemeinderabbiner zu hören.
(3) Für die Anstellung und Entlassung eines Rabbiners einschließlich der mit ihm zu treffenden Vereinbarungen ist die Zustimmung der Repräsentantenversammlung erforderlich. Das gleiche gilt auch für den Generalsekretär, bzw. Geschäftsführer und weitere Angestellte mit Bezügen vergleichbar der Vergütungsgruppe I des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT) oder mit Sonderverträgen, deren Bezüge vergleichbar sind oder höher liegen.”
Mit Schreiben vom 12. Februar 2008 suspendierte die Verfügungsbeklagte den Verfügungskläger insbesondere von seinen repräsentativen Verpflichtungen, da ihm verschiedene Pflichtverletzungen im Umfeld der Vorstandswahlen vorgeworfen wurden. Im Rahmen des darauf folgenden Rechtsstreits auf Beschäftigung gab der Kläger eine eidesstattliche Versicherung ab, von der der Vorstand der Verfügungsbeklagten am 17. März 2008 Kenntnis erhielt. In der Sitzung der Repräsentantenversammlung am 19. März 2008 stellte der Sitzungsleiter folgenden Antrag des Vorstandes zur Abstimmung:
„Hinsichtlich der Auseinandersetzungen mit Rabbiner Dr. Ch. R. erteilt die Repräsentantenversammlung dem Vorstand Vollmacht, alle Maßnahmen zu ergreifen, die nach Ansicht des Vorstands geeignet sind, die Streitigkeiten mit Herrn Rabbiner Dr. R. zu beenden.
Der Vorstand wird insbesondere bevollmächtigt,
- ▹ eine gütliche Einigung zu erzielen, mit dem Ziel, das Arbeitsverhältnis mit Herrn Rabbiner Dr. R. fortzusetzen, oder
- ▹ einen ...