Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungs- und Beweislast bei Geltendmachung von Ansprüchen der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft. Geltung des Sozialkassenverfahrens für die Bauwirtschaft für einen Betrieb, der Holztüren, Geländer und andere Bauelemente individuell aus Holz herstellt
Leitsatz (amtlich)
1. Erleichterungen hinsichtlich der Darlegungslast gelten für die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft als Einzugsstelle der Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes nur, soweit sie keine näheren Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen hat.
2. Das individuelle Herstellen von Holztüren, Geländern und andern Bauelementen aus Holz in der Werkstatt des Unternehmens ist auch dann keine bauliche Leistung i. S. v. § 1 Abs. 2 Abschn. II des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 18. Dezember 2009, wenn das Unternehmen die Elemente nicht nur herstellt sondern teilweise auch beim Kunden einbaut (im Anschluss an LAG Berlin-Brandenburg vom 22.05.2015 - 3 Sa 1680/14 -).
Normenkette
TVG § 1; VTV-Bau § 1 Abs. 2 Abschn. II, Abschn. V Nrn. 37, 42
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 22.10.2015; Aktenzeichen 65 Ca 60422/15) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. Oktober 2015 - 65 Ca 60422/15 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Sozialkassenbeiträgen für den Zeitraum Januar bis Dezember 2010 in Höhe von insgesamt 44.880,00 Euro.
Der Kläger ist die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft und als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach näherer Maßgabe des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 18. Dezember 2009 (im Folgenden: VTV 2009) Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Die Beklagte stellt arbeitszeitlich überwiegend Holztreppen in der eigenen Werkstatt handwerklich her und baut diese, je nachdem, ob Besteller ein privater Bauherr oder ein Bauunternehmen ist und wie viele Holztreppen gleichzeitig bestellt werden, zum Teil auch selbst auf den Baustellen ein. Daneben erbringt sie weitere Holzarbeiten wie die Herstellung und Montage von Haus- und Innentüren, die Herstellung und Reparatur von Fenstern in der Werkstatt, die Herstellung von Türschwellen, Fensterbänken und diversen Leisten, Möbeln, Möbelteilen und Gartenbänken, Schildern für Wanderwege und Leimholzplatten für den Großhandel sowie Beiz- und Lackierarbeiten.
Im Jahr 2010 beschäftigte die Beklagte vier Zimmerleute mit Gesellenbrief, vier Tischler mit Gesellenbrief, davon einen als technischen Leiter der Werkstatt, zwei Schlosser und eine von der IHK geprüfte CNC-Fachkraft. Sie fertigte 184 Holztreppen und baute davon 101 selbst ein. Nach einer von der Beklagten als Anlage zum Schriftsatz vom 8. September 2015 eingereichten Aufstellung betrug die Gesamtarbeitszeit der gewerblichen Arbeitnehmer 16.376 [16.259] Stunden. Davon entfielen auf den Bereich Herstellung und Montage von Holztreppen 11.972 [11.971 oder 11.980] Arbeitsstunden (10.682 [10.681] Werkstatt- und 1.290 [1294] Vorortstunden) und auf die übrigen Bereiche 4.404 [4.288] Arbeitsstunden (4.190 [4.074] Werkstatt- und 214 Vorortstunden"). Von den im Bereich Herstellung und Montage von Holztreppen erbrachten Arbeitsstunden fielen 4.313 [4.410] Stunden für die reine Herstellung und 7.659 [7.571 oder 7.570] Stunden für die Herstellung und Montage von Holztreppen an. Von den in den übrigen Bereichen erbrachten Arbeitsstunden fielen 3.073 Stunden für die reine Herstellung und Reparaturen in der Werkstatt, 1.287 [1.283] Stunden für die Herstellung und Montage, 34 Stunden für die reine Montage und zehn Stunden auf Reparatur- und Lackierarbeiten vor Ort an. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung der Beklagten (Bl. 86 ff. d. A.) verwiesen. Die Zahlenangaben außerhalb der eckigen Klammern entsprechen den Zahlen, die sich aus der Aufstellung nach den Berechnungen der Kammer ergeben. Die Zahlenangaben innerhalb der eckigen Klammern entsprechen den von den Parteien vorgetragenen oder in der Aufstellung als Summen angegebenen Zahlen.
Im Rahmen von Betriebsbesuchen am 13. Juni 2012 und 13. September 2012 überprüfte der Kläger, ob der Betrieb der Beklagten in den Jahren 2009 bis 2012 in den Geltungsbereich des VTV fiel. Im Jahr 2013 verlangte er von der Beklagten die Zahlung von Sozialkassenbeiträgen ausschließlich für das Jahr 2010. Mit der vorliegenden beim Arbeitsgericht Berlin anhängig gemachten Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe im Jahr 2010 einen Zimmereibetrieb unterhalten und falle daher in den Geltungsbereich des VTV 2009. Zwar gehöre der Holztreppenbau zu den "Sowohl-als-auch-Tätigkeiten", da er sowohl dem Schreiner- als auch dem Zimmerhandwerk zuzuordnen sei. Aufgrund der Rückausnahme in § 1 Abs....