Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Verstoß gegen die Pflicht zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit ist für eine fristlose Kündigung geeignet, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist.
2. Eine Kündigung ohne Zustimmung des Personalrates ist immer unwirksam.
Normenkette
BGB § 626; EFZG § 5; LPersVG Brandenburg § 63 Abs. 1 Nr. 17
Verfahrensgang
ArbG Potsdam (Entscheidung vom 29.01.2008; Aktenzeichen 3 Ca 1990/07) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 29.01.2008 - 3 Ca 1990/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung.
Die Klägerin ist am .....1955 geboren und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Sie steht seit dem 24.9.1990 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten, die regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt. Zuletzt war sie mit einem Monatsgehalt von 2.117,82 Euro brutto und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden als Schreibkraft im St. tätig.
In den vergangenen Jahren wurde wiederholt die Nichteinhaltung der Arbeitszeit durch die Klägerin beanstandet. Mit Schreiben vom 22.2.1999 wurde sie wegen wiederholter Unpünktlichkeit abgemahnt. Zwei weitere Abmahnungen erfolgten am 27.3.2006. Der erste Fall betraf die Nichteinhaltung der Kernarbeitszeit an 13 Tagen. Im zweiten Fall wurde ihr vorgeworfen, am 20.2.2006 einen Arzttermin wahrgenommen zu haben, ohne den Amtsleiter um Freistellung zu bitten. In einem gesonderten Schreiben vom selben Tage wurde sie angewiesen, am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit das ärztliche Attest vorzulegen, den Amtsleiter unverzüglich zu informieren und ihm das Attest mit der Bitte um Weiterleitung an die Personalabteilung zuzuleiten.
Ab dem 1.1.2007 fand jeden Dienstag zwischen 7:45 Uhr und 9:00 Uhr eine Dienstberatung statt. Zu der Beratung erschien die Klägerin am 8.5.2007, 15.5.2007 und 22.5.2007 mit Verspätung. Daraufhin kündigte die Beklagte ihr Arbeitsverhältnis mit Zustimmung der Einigungsstelle mit Schreiben vom 28.6.2007 zum 31.12.2007. Wegen der Kündigung streiten die Parteien vor dem Arbeitsgericht Potsdam unter dem Geschäftszeichen - 5 Ca 1399/07 -.
Seit dem 4.6.2007 fehlte die Klägerin wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Das letzte Attest war bis zum 2.8.2007 ausgestellt. Als die Leiterin der Personalabteilung am 6.8.2007 im P. wegen einer weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachfragte, erhielt sie noch am selben Tage von dem Mitarbeiter des Amtes T. D. eine Aktennotiz. In ihr ist vermerkt, dass er am 31.7.2007 während der Dienstberatung einen Anruf der Klägerin mit einer Information über ihre weitere Krankschreibung entgegengenommen und dem Amtsleiter mitgeteilt habe. Bis zum 6.8.2007 sei kein neuer Krankenschein beim St. hinterlegt worden. Am 13.8.2007 fragte die Personalleiterin den Amtsleiter, der sich an diesem Tag erstmals seit einschließlich 6.8.2007 wieder im Dienst befand, nach dem Eingang einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Dies wurde von ihm verneint. Hiervon erhielt die Bürgermeisterin am 14.8.2007 in Kenntnis. Mit Schreiben vom selben Tage, das dem Personalrat am 17.8.2007 zuging, leitete die Beklagte seine Beteiligung zu einer außerordentlichen, hilfsweise fristgerechten Kündigung der Klägerin ein. Nach Zustimmungsverweigerung vom 29.8.2007 ging bei der Beklagten am 31.08.2007 die Mitteilung der Klägerin über eine weitere Krankschreibung sowie eine ärztliche Bescheinigung zur Erlangung von Krankengeld ein, in der eine weitere Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich 14.09.2007 bestätigt wird. Mit Schreiben vom 3.9.2007 kündigte die Beklagte fristlos. Die Kündigung griff die Klägerin mit der vorliegenden, am 21.9.2007 bei Gericht eingegangenen Klage an. Im Verlauf des Rechtstreits wurde ihr am 22.10.2007 erneut fristlos gekündigt. Wegen dieser Kündigung ist ein weiterer Rechtsstreit (- 8 Ca 2301/07 -) anhängig.
Die Klägerin hat das Vorliegen von Kündigungsgründen, die Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB sowie die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrates bestritten. Sie habe ab dem 3.8.2007 keine Folgebescheinigung vorlegen können, weil ihr Arzt sie nicht mehr erteilt habe. Dies habe sie dem Zeugen D. im Telefonat vom 31.7.2007 mitgeteilt. Er habe gesagt, dass es nicht notwendig sei, eine ärztliche Bescheinigung zu verlangen. Die übrigen Vorwürfe seien unbegründet, durch die Kündigung vom 28.6.2007 verbraucht und dem Personalrat nicht als Begründung für die vorliegende Kündigung mitgeteilt worden. Da die Bürgermeisterin bereits am 3.8.2007 von dem Fehlen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Kenntnis gehabt haben müsse, sei die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten worden. Dies gelte auch bei einem Fristbeginn am 14.8.2007. Nach ihrem Ablauf am 28.8.2008 sei die Kündigung nicht mehr unverzüglich ausgesprochen worden.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, d...