Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzansprüche wegen nichtberücksichtigter Bewerbung. Pflicht zur ordnungsgemäßen Dokumentation der Auswahlentscheidung. Grobe Pflichtverletzung im Bewerbungsverfahren bei fehlender Absage. Abgestufte Darlegungslast nach § 138 ZPO bei Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruches ist dann unerheblich, wenn der Abgelehnte nicht versucht, durch Rechtsmittel die anderweitige Besetzung zu verhindern.

 

Normenkette

GG Art. 33; ZPO § 138; BGB §§ 280, 823 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Cottbus (Entscheidung vom 14.02.2019; Aktenzeichen 5 Ca 595/16)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 14.02.2019 - 5 Ca 959/16 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Stadt C. auf Schadensersatz wegen Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung für die Stelle eines Justitiars in Anspruch.

Der Kläger ist Volljurist. Er legte sein 1. Staatsexamen mit der Note ausreichend (5,84 Punkten) und sein 2. Staatsexamen mit der Note befriedigend (7,42 Punkten) ab. Außerdem erwarb er an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin einen Abschluss als "Master of Public Administration" sowie "Master of Laws".

Die Beklagte, eine kreisfreie Stadt im Land Brandenburg, schrieb im Juni 2016 eine unbefristete, ab 1. Januar 2017 zu besetzende Stelle eines Justitiars, einer Justitiarin für den Bereich Recht und Steuerungsunterstützung aus. Als Arbeitszeit waren 36 Stunden pro Woche vorgesehen. Die Vergütung sollte nach der Entgeltgruppe 14 des Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes erfolgen. Für die Stellenausschreibung im Einzelnen wird auf Bl. 205 und 206 d. A. Bezug genommen.

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 12. Juli 2016 auf diese Stelle und nahm auf Einladung der Beklagten am 25. August 2016 an einem Bewerbungsgespräch vor der von der Beklagten gebildeten Auswahlkommission teil. Die Bewerbungsgespräche sollten anhand eines Fragenkatalogs durchgeführt werden. Außerdem sollten die Bewerber Lösungen für zwei Fallbeispiele vorstellen. Ob sämtliche Bewerbungsgespräche gleich abgelaufen sind, insbesondere allen Bewerbern dieselben Fragen gestellt wurden, ist zwischen den Parteien streitig. Den Verlauf der Bewerbungsgespräche dokumentierte die Auswahlkommission in sog. "Beobachtungs- und Bewertungsbögen". Nach Beendigung des Auswahlverfahrens entschied sich die Beklagte für einen Mitbewerber des Klägers, mit dem sie dann unter dem Datum vom 8. September 2016/13. September 2016 einen Arbeitsvertrag unterzeichnete. Für die Einzelheiten des Bewerbungsschreibens dieses Mitbewerbers sowie die von der Beklagten erstellte Beobachtungs- und Bewertungsbögen für die Bewerbungsgespräche mit dem Kläger und dem ausgewählten Mitbewerber wird auf die dazu von der Beklagten eingereichten Kopien (Bl. 144 - 156 d. A. sowie Bl. 157 bis 201 d. A.) Bezug genommen. In dem "Protokoll über die Auswahlentscheidung im Bewerbungsverfahren" (Bl. 98 d.A.) heißt es zur Begründung der Auswahlentscheidung:

"Herr A.T. konnte das Gremium davon überzeugen, sowohl fachlich als auch persönlich für die Stelle geeignet zu sein."

Mit Schreiben vom 8. September 2016, dem Kläger zugegangen am 12. September 2016, erteilte die Beklagte dem Kläger eine Absage auf seine Bewerbung. Daraufhin bat der Kläger um Erläuterung der maßgeblichen Gründe, erhielt indes auf diese Anfrage nur eine Mitteilung vom 15. September 2016, dass seine Anfrage an den zuständigen Fachbereich weitergeleitet worden sei, und er um Geduld gebeten werde.

Mit Schreiben vom 26. September 2016 beantragte der Kläger beim Arbeitsgericht Cottbus die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen einstweiligen Rechtsschutz, mit dem der Stadt C. vorläufig die Übertragung des ausgeschriebenen Amtes untersagt werden sollte. Im Rahmen der eingeräumten Stellungnahme zum Prozesskostenhilfeantrag ließ die Stadt durch ihren Prozessbevollmächtigten mitteilen, der Arbeitsvertrag mit dem ausgewählten Bewerber sei bereits unterzeichnet, und die Zustimmung des Personalrats erteilt, sodass dessen Eingliederung keine sonstigen formalen Gründe entgegenstünden, der Antrag des Klägers, die Einstellung zu untersagen, laufe daher ins Leere.

In der Folgezeit stellte die beklagte Stadt den ausgewählten Mitbewerber zum 1. Januar 2017 als Justitiar ein. Dieser schied aufgrund Eigenkündigung zum Ende des Jahres 2017 wieder aus. Die beklagte Stadt führte daraufhin ein neues Stellenbesetzungsverfahren durch, zu einem weiteren Auswahlgespräch mit dem Kläger kam es nicht, wobei die Gründe dafür zwischen den Parteien streitig sind.

Mit der vorliegenden, beim Arbeitsgericht am 30. Dezember 2016 eingegangenen und der Beklagten am 10. Januar 2017 zugestellten Klage macht der Kläger Schadenersatzansprüche wegen Nichtberücksichtigung bei der Stellenvergabe mit der Begründung geltend, er sei der beste Be...

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