Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung. haushaltsrechtliche Zweckbestimmung, unterstaatliche Körperschaft mit eigener Haushaltskompetenz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird die Befristung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber im Rahmen von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG auf einen vorübergehenden Mehrbedarf gestützt, dann muss die Prognose für diesen Mehrbedarf zumindest beinhalten, dass ein solcher Mehrbedarf während der gesamten Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses besteht.

2. Daran fehlt es, wenn in dem entsprechenden Haushalt die Erwartung geäußert wird, dass der Bedarf der Aufgaben nach dem SGB II infolge der Arbeitsmarktentwicklung zurückgehen wird.

3. Soweit das Bundesarbeitsgericht hinsichtlich des Sachgrundes nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG erleichterte Darlegungen für ausreichend hält, können sich hierauf unterstaatliche Einrichtungen nicht berufen.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Ziff. 7

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 30.04.2008; Aktenzeichen 86 Ca 21308/07)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 30.04.2008 – 86 Ca 21308/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob aufgrund einer Befristungsabrede ihr Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2007 aufgelöst worden ist.

Die am … 1965 geborene Klägerin ist ursprünglich aufgrund eines auf den 18. August 2005 datierten Arbeitsvertrages, den sie am 29. August 2005 unterschrieben hat, ab demselben Tag bis zum 31. Dezember 2007 im Jobcenter T-K beschäftigt worden. Nach § 1 des Arbeitsvertrages (Kopie Bl. 4 f. d. A.) ist die Klägerin gemäß des § 14 Abs. 1 Nr. 7 TzBfG eingestellt worden. Sie erhielt anfangs ein Festgehalt in Höhe von 1.499,00 EUR brutto. Mit Änderungsvertrag vom 22. August 2006 (Bl. 6 f. d. A.) ist geregelt worden, dass sich das Arbeitsverhältnis nunmehr nach dem neu abgeschlossenen Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) bestimmt. Zuletzt erhielt die Klägerin 1.660,00 EUR brutto monatlich.

Vor Aufstellung des Bundeshaushalts 2005 ging die beklagte Bundesanstalt davon aus, dass für den Bereich SGB II der Personalbedarf sich auf 39.039 Kräfte beläuft. Auch unter Berücksichtigung der von der Kommunen zur Verfügung zu stellenden Beschäftigten verblieb eine Lücke von 8.763,5 Arbeitnehmern. Im Haushaltsplan der beklagten Bundesanstalt sind 5.000 Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag ausgewiesen. In der Erläuterung zu dem entsprechenden Titel heißt es:

„In der Übersicht zu Gruppe 425 „für Aufgaben nach dem SGB II” sind 5000 (Vorjahr: 0) Ermächtigungen für Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag (§ 14 Abs. 1 Nr. 7 TzBfG) zusätzlich für die Dauer von drei Jahren bis 31.12.2007 ausgewiesen. Mit der zeitlichen Befristung wird die Erwartung verbunden, dass der Bedarf für Aufgaben nach dem SGB II infolge der Arbeitsmarktentwicklung zurückgehen wird. Zudem wird die BA personelle Entlastungswirkungen im SGB III-Bereich dazu nutzen, vorhandenes Dauerpersonal zusätzlich für die Aufgabenerledigung nach dem SG II einzusetzen.”

Der Haushaltsplan war am 28. Oktober 2004 vom Vorstand der Bundesagentur aufgestellt, am 12. November 2004 vom Verwaltungsrat festgestellt und am 15. Dezember 2004 durch die Bundesregierung genehmigt worden.

Mit Schreiben vom 18. August 2005 war der Klägerin mitgeteilt worden, dass sie mit Wirkung vom 29. August 2005 mit der Wahrnehmung der Aufgaben einer „Teamassistentin im Bearbeitungsservice SGB II (Leistungen) einer A.” beauftragt werde. Abweichend hiervon wurde die Klägerin ab dem ersten Arbeitstag zunächst im Vorzimmer für den Bereichsleiter und ab Januar 2007 im Vorzimmer der Geschäftsleitung des Jobcenters beschäftigt. Übertragen wurden ihr im Wesentlichen Sekretariats- bzw. büroorganisatorische Aufgaben. Im Jobcenter T-K waren Anfang 2008 von 332,5 Beschäftigten 231 mit befristeten Verträgen tätig.

Mit der am 28. Dezember 2007 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangen und der Beklagten am 11. Januar 2008 zugestellten Klage wendet sich die Klägerin gegen die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses. Sie hat die Ansicht vertreten, die von ihr verrichteten Sekretariatstätigkeiten seien Daueraufgaben. Insofern werde sie nicht entsprechend der Zwecksetzung im Haushaltsplan beschäftigt. Die von der Beklagten behauptete Erwartungshaltung zur Arbeitsmarktentwicklung ersetze keine fundierte Prognose. Schon im August 2005 sei klar gewesen, dass die Prognose von Januar 2005 nicht realistisch gewesen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Befristung ihres Arbeitsvertrages mit der Beklagten im Arbeitsvertrag vom 18.08.2005 in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 22.08.2006 zum 31.12.2007 rechtsunwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die entsprechenden Haushaltsmittel müssten nicht in einem formalen Haushaltsgesetz ausgewiesen sein. Die Vergütung der Klägerin erfolge aus diesen Mitt...

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