Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses eines Kameramanns bei einer öffentlichen Rundfunkanstalt
Leitsatz (amtlich)
Ein Kameramann, der in einer Rundfunkanstalt nicht bei größeren Produktionen für Spielfilme oder Features selbstständig künstlerisch tätig ist, ist nicht programmgestaltend.
Normenkette
BGB § 611a; GG Art. 5 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 27.09.2017; Aktenzeichen 56 Ca 2614/17) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 27.09.2017 - 56 Ca 2614/17 - festgestellt, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als Kameramann besteht.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der als Kameramann tätige Kläger Arbeitnehmer der beklagten Rundfunkanstalt ist und zu ihr in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht.
Die Beklagte betreibt den Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland und veröffentlicht Sendungen über Radio, TV und Internet, die von ihr teilweise selbst produziert werden. Sie wendet verschiedene Tarifverträge für Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Personen an, die im sog. Handbuch der Deutschen W. veröffentlicht sind (sog. DW-Handbuch).
In § 22 des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen (TVaP, DW-Handbuch 6.1) heißt es:
"Steuern und Sozialversicherung
Der Steuerabzug und die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung richten sich nach den geltenden Bestimmungen. ..."
In der Anlage 1 zu § 16 TVaP heißt es:
"Als programmgestaltend im Sinne dieses Tarifvertrages gelten bei der Deutschen W. insbesondere die Tätigkeiten folgender Personen:
"...
Kameramänner bei größeren Produktionen (Spielfilm, Feature), wenn sie selbständig künstlerisch gestaltend tätig sind, ..."
In vier Durchführungstarifverträgen für den Urlaub, Zahlungen im Krankheitsfall, für Altersunterstützungen und bei Schwangerschaft (DW-Handbuch 6.1.1 - 6.1.4) werden besondere Regelungen für die genannten Anwendungsbereiche im Beschäftigungsverhältnis für arbeitnehmerähnliche Personen aufgestellt.
Der Kläger begann seine Tätigkeit ab 1993 fortlaufend bis heute auf Honorarbasis bei einer monatlichen Bruttovergütung von zuletzt durchschnittlich 3.000,00 EUR pro Monat. Auf sein Arbeitsverhältnis wird der TVaP angewandt. Abgerechnet wird sein Beschäftigungsverhältnis dergestalt, dass von seinem Steuerbrutto, KV/PV-Brutto, RV-Brutto und AV-Brutto die gesetzlichen Abzüge für die Lohnsteuer, den Solidaritätsbeitrag, die Kranken- und Pflegeversicherung, die Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung abgezogen werden (vgl. exemplarisch die Lohnabrechnungen Dezember 2014, Anlage K2, Bl. 10 - 12 d.A.).
Der Kläger ist als Kameramann für Studio- und Außendrehs tätig, wobei die Studiodrehs weit überwiegen (ca. 90 %). Im Wesentlichen handelt es sich bei den aufzunehmenden Sendungen um Magazine, Talkshows und Interviews.
Bei den Studioproduktionen ist das Format vorgegeben. Die Kamerapositionen sind festgelegt und es wird von Dritten ein Lichtplan entworfen. Die Vorgaben für die Bildgestaltung einzelner Formate werden bildhaft niedergelegt. Während der Produktionen werden dem Kläger über Kopfhörer vom Regisseur Anweisungen erteilt. Die Umsetzung des Sendungskonzeptes wird vom Ablaufregisseur überwacht.
Für die Produktionen beschäftigt die Beklagte ca. vier festangestellte Kameraleute in Vollzeit und vier als freie Mitarbeiter bezeichnete Kameraleute, die in einem "Pool" zusammengefasst sind und auf die die Disposition zur Erstellung der Sendungen zurückgreifen kann.
Für den Einsatz des Klägers fragt die Beklagte bei diesem mit einem einmonatigen Vorlauf an, wann er für einen Einsatz nicht zur Verfügung steht. Der Kläger "blockt" daraufhin die Zeiten, zu denen er für einen Einsatz nicht zur Verfügung steht. Im Durchschnitt blockiert er so bis zu drei Tage im Monat. Innerhalb der so bestimmten Verfügbarkeitszeiten bietet die Beklagte dem Kläger dann in der Regel ein bis zwei Tage vor dem Einsatztag den konkreten Einsatz an. Dabei wird ihm auch mitgeteilt, ob es sich um einen Einsatz mit bis zu 8, 4 bis 6 oder um einen Einsatz mit bis zu 4 Stunden handelt. Die Einsatzzeit bei Kameraarbeiten im Studio beträgt bis zu drei Stunden, bei Außendrehs länger. Erst nach erklärter Annahme dieses Angebots durch den Kläger wird er im Einsatzplan disponiert. Auch danach kann der Kläger den Einsatz noch ohne Begründung unter Benennung eines Ersatz- bzw. Tauschpartners absagen.
Nach dem TVaP erhält der Kläger für 31 Tage Urlaubsentgelt, dessen Gewährung er bei der Beklagten beantragt. Den Urlaub selbst beantragt der Kläger jedoch nicht.
Einer Nebentätigkeitsgenehmigung bedarf der Kläger nicht.
Der Kläger ist der Auffassung, dass er seine Tätigkeit als Arbeitnehmer der Beklagten erbringe. Seine Einsatzplanung und die inhaltliche Ausübung der Tätigkeit unterschieden sich nicht von der der festangestellten Mitarbeiter. Fachli...